BVB: Zu viel ist zu gut

Von Thomas Gaber
Dortmund ist nach dem Sieg in Leverkusen auf dem besten Weg zur Meisterschaft
© Getty

Borussia Dortmund dominierte Bayer Leverkusen nach Belieben. Vom Titel spricht beim BVB aber immer noch niemand, dabei kann nichts mehr schief gehen. Allerdings gibt es Sorgen mit einen Mittelfeldmann.

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Kevin Großkreutz wusste nicht so recht, was er tun sollte. Wenige Minuten zuvor, nach seinem ersten Tor, war er mit Karacho in die Fan-Kurve des BVB gerannt und hatte sich quer durch die unteren Reihen zahlreiche Umarmungen und andere Liebkosungen abgeholt.

Nach seinem zweiten Streich schaute er kurz mit aufgerissenen Augen fragend in den verregneten Leverkusener Nachthimmel. Haben wir eine spezielle Tor-Choreografie geplant? Soll ich noch mal zu den Fans oder dem Gegner eins auswischen?

Der Unentschlossene entschied sich schließlich für die Variante mit dem Zeigefinger auf den Lippen. Die Botschaft lautete: Schweigt, Leverkusener! Einige Bayer-Spieler und Trainer Jupp Heynckes hatten dem Schlager zum Rückrunden-Auftakt durch gewagte Aussagen Gift beigemischt. Mats Hummels drückte nach dem souveränen 3:1-Sieg seiner Dortmunder stellvertretend für die Mannschaft Genugtuung aus.

Neunter Auswärtssieg der Saison

"Ich weiß nicht, warum von der Gegenseite starke Sprüche kamen. Es gab keinen Grund dafür. Ich denke, wir haben die richtige Antwort auf dem Platz gegeben", sagte der Innenverteidiger.

Der BVB lässt sich von nichts und niemandem aus der Ruhe bringen. Das war in der Hinrunde so und das ist auch zu Beginn des neuen Jahres so. In beeindruckender Manier holten die Dortmunder den neunten Auswärtssieg der Saison bei der Mannschaft, die eigentlich dafür sorgen sollte und auch in der Lage zu sein schien, die Vergabe der Meisterschale ein wenig hinauszuzögern.

Ohne Asien-Cup-Spieler Shinji Kagawa und anfangs auch ohne Lucas Barrios rief der BVB auf den Punkt genau sämtliche Merkmale der beängstigend starken Hinrunde ab. Aggressives Pressing, Spielwitz, enorme Laufbereitschaft, glänzende Raumaufteilung und die unerschütterliche Überzeugung, ein Spiel mit den eigenen vorhandenen Mitteln zu gewinnen.

Bayer chancenlos

"Die erste Halbzeit hat mir schon gut gefallen. Die gute Nachricht war: 'Wir sind da!' Das habe ich den Jungs in der Pause versucht, zu vermitteln und sie hat das offenbar richtig verstanden", sagte Trainer Jürgen Klopp.

13 Punkte beträgt nun bereits der Vorsprung auf Bayer und die anderen (Mainz, Hannover, Bayern) können am ersten Bundesliga-Wochenende 2011 schon mal keinen Boden gut machen. "Wir genießen jetzt den Spieltag. Am Samstag dürfen die anderen spielen. Wir können nicht mehr viel verlieren an diesem Wochenende", sagte Hummels.

Dortmund lieferte in Leverkusen keine Argumente, warum sie im Laufe der Rückrunde auf dem Weg zur siebten deutschen Meisterschaft überhaupt noch viel verlieren sollten.

Auch das hoch gelobte Star-Ensemble der Leverkusener mit der auffrisierten Errsatzbank um Michael Ballack, Arturo Vidal, Eren Derdiyok oder Sami Hyypiä, hatte dem forschen Auftreten des BVB nichts entgegenzusetzen.

"Wir konnten unser Selbstvertrauen von Anfang an nicht in die Waagschale werfen." Ein hilflos anmutender Erklärungsversuch von Bayer-Kapitän Simon Rolfes. In Wahrheit hat Leverkusen keine Erklärung für die Unterlegenheit. Wie fast alle anderen Bundesliga-Mannschaften, nachdem sie in dieser Saison gegen Dortmund verloren hatten.

Sorgen um Bender

Unabhängig von dem Sieg in Leverkusen ist ein Absturz des BVB ausgeschlossen, selbst wenn die Unbekümmertheit irgendwann einer Kopfblockade weichen sollte in den letzten Wochen der Saison.

Für eine Negativserie ist die Mannschaft fußballerisch einfach zu gut. Kagawa wurde vom 18-jährigen Mario Götze bemerkenswert stark vertreten und auch die verletzungsbedingte Auswechslung von Sven Bender machte das Dortmunder Spiel nicht schlechter.

Klopp konnte dunkle Gedanken trotz allem nicht verbergen: "Sven hat gesagt, es hat 'Knacks' gemacht im Knie. Das hört sich erstmal nicht so gut an. Wir haben also auch unsere Probleme."

Keiner redet vom Titel

Mit einer Vorentscheidung im Titelkampf befasst sich beim BVB ohnehin nach wie vor keiner. "Die Bundesliga ist einfach zu schwer und zu eng, um sich über irgendwas anderes als das nächste Spiel nachzudenken", sagte Klopp.

16 Spiele sind es insgesamt noch. 16 Spiele noch, dann bekommt Borussia Dortmund die Schale, wie zuletzt 2002. Großkreutz erinnert sich gerne: "In dem Jahr war ich als Fan auf dem Borsigplatz. Das war einmalig. Wenn ich die Schale hochheben kann - wer weiß, was dann los ist." Einen Kamikaze-Sprint zu den Anhängern bestimmt.

Leverkusen - Dortmund: Daten zum Spiel