FC Bayern München - Nagelsmann: "Mir war wichtig, dass die Spieler die Fehler auch bei mir suchen"

Von SPOX
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Trainer Julian Nagelsmann hat am Tag nach dem 0:5-Debakel seines FC Bayern München bei Borussia Mönchengladbach ein klärendes Gespräch mit seinen Führungsspielern abgehalten. Das erzählte er bei der Pressekonferenz vor dem Bundesligaspiel bei Union Berlin am Samstag.

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"Wir haben uns am Telefon aber nicht vollgeweint, wie schlimm alles ist. Mir war wichtig, dass die Spieler die Fehler nicht nur bei sich, sondern auch bei mir suchen", sagte Nagelsmann. "Am Ende des Gesprächs hatte ich bei allen das Gefühl, dass wir das aus den Köpfen rauskriegen - aber auch, dass das noch ein bisschen dauert."

Nagelsmann verfolgte das Spiel wegen seiner Corona-Quarantäne in der heimischen Küche: "Geflogen ist in meiner Küche nichts. In Hoffenheim habe ich einmal aus Versehen eine Flasche geworfen, seitdem nehme ich während eines Spiels nichts in die Hand. Ich habe schon viel rumgeschrien, die Nachbarn von gegenüber haben sich wohl gefragt, was da los ist."

Gegen Union kann Nagelsmann, der erneut passen muss, wohl nicht auf den angeschlagenen Leon Goretzka zurückgreifen. "Leon hat einen Tritt an der Achillessehne bekommen. Wir müssen beim heutigen Training schauen, ob er in die Fußballschuhe kommt. Es ist schon deutlich besser geworden. Ich gehe davon aus, dass er mitspielen kann", sagte Nagelsmann. "Sonst haben wir noch angeschlagene Spieler. Aber stand jetzt keinen, der ausfällt."

Allerdings musste Goretzka das Abschlusstraining am Nachmittag vorzeitig abbrechen, genau wie Kingsley Coman. Ob sie am Samstag spielen können, ist damit unklar.

FC Bayern München: Nagelsmann-PK zum Nachlesen

Das war es.

Über Gespräche zwischen den Spielern und dem Mannschafts-Psychologen Max Pelka: "Er heißt nicht umsonst Doktor. Am Ende entscheidet er selbst - das ist der normale Gang eines Psychologen -, auf welche Spieler er zugeht. Und die Spieler entscheiden selbst, inwieweit sie das in Anspruch nehmen. Da geht es um verschiedenste Sachen, Schlafqualität oder den Umgang mit Druck. Manche nehmen das mehr in Anspruch, andere weniger. Das ist aber ein laufender Prozess und hat nichts mit der Niederlage zu tun."

Über die vorhin erwähnten Bayern-untypische Lösungen: "Unser Anspruch ist, das spielerisch zu lösen. Das gelingt an einem guten Tag aber einfacher. Wir brauchen Lösungsansätze, die wir in Zukunft immer wieder einstreuen werden, um solche Momente zu überstehen. Das war eine neue Erfahrung für uns. Damit können wir das Mittwochs-Buch schließen."

Über das Führungsspieler-Gespräch: "Die Gespräche waren gestern. Ich erzähle nicht, mit welchen Spielern ich gesprochen habe. Das bleibt Betriebsgeheimnis. Ich habe versucht, Botschaften zu senden, die auch gerne weitergetragen werden dürfen (an andere Spieler). Ich versuche, den bestmöglichen Einfluss zu haben. Es ist ein hohes Gut als Cheftrainer, Verantwortungen auch abgeben zu können."

Über Nianzou, der zuletzt im Kader gefehlt hat: "Er ist ein großes Talent mit viel Potenzial. Am Ende ist es so, dass er seine Fehlerquote ein bisschen runtersetzen muss. In den Trainingseinheiten und Testspielen hatte er den einen oder anderen Fehler zu viel drinnen. Er ist fußballerisch ein sehr guter Innenverteidiger. Das ist manchmal gar nicht so gut, weil man sich sehr viel zutraut. Das ist per se eine gute Sache, führt aber hin und wieder zu Fehlern. Wenn du als Zehner aus dem Jugendbereich rauskommst und frei von der Seele wegspielst, hat das nicht diese Tragweite, als wenn du als Innenverteidiger oder Torwart einen Fehler machst. Es geht darum, dass er die maximale Seriosität hat, aber trotzdem einen guten Mittelweg findet, um seinen Mut nicht zu verlieren. Es bedarf ein bisschen Zeit, ein bisschen Entwicklung in diesen Bereichen, damit er da auf 100 Prozent kommt. Er ist nach wie vor ein Spieler, von dem ich sehr viel halte. Er hatte letztes Jahr keinen leichten Stand und hat auch keinen leichten Stand dieses Jahr. Das ist mir völlig bewusst. Wir werden mit ihm arbeiten und versuchen, ihm genau diese Dinge beizubringen, dass er mit einer großen Verlässlichkeit seine Leistung stabil auf den Platz bringt, um wirklich eine Alternative zu sein. Ich habe Rückmeldung vom Training, dass er es gut macht. Es geht am Ende um die Fehlerquote und das werden wir hinbekommen."

Über Input von den Führungsspielern: "Da kam viel an, das bleibt aber unter uns. Da hat jeder andere Themen. Am Ende waren wir uns alle einig, dass uns das nicht nochmal passieren sollte. Einfach, weil es weh tut. Es geht nicht darum, was andere Leute über uns schreiben. Es geht nicht darum, etwas wiedergutzumachen. Erlebnisse sind geprägt von einer Einmaligkeit, du kannst sowas im Leben nicht mehr ausmerzen. Der Stein vom Mittwoch wird da für immer liegen."

Über das Gespräch mit den Führungsspieler: "Es war relativ kurzfristig nach dem Spiel. Es war etwas besonderes, etwas besonders negatives. Wir haben uns am Telefon aber nicht vollgeweint, wie schlimm alles ist. Mir war wichtig, dass die Spieler die Fehler nicht nur bei sich, sondern auch bei mir suchen. Am Ende des Gesprächs hatte ich bei allen das Gefühl, dass wir das aus den Köpfen rauskriegen - aber auch, dass das noch ein bisschen dauert."

Über Druck: "Druck spüre ich immer, der hat sich nicht großartig geändert. Ich weiß, wie Bayern München funktioniert. Ich habe mich darauf vorbereitet. Es geht nicht um Leben und Tod, sondern darum, gute Spiele zu machen und Lehren daraus zu ziehen. Der Druck ist jetzt nicht anders als vorher. Solche Erlebnisse wie Mittwoch sollten eine Einmaligkeit haben."

Über seine Gefühle während des 0:5 und Austausch mit den Bossen: "Geflogen ist in meiner Küche nichts. In Hoffenheim habe ich einmal aus Versehen eine Flasche geworfen, seitdem nehme ich während eines Spiels nichts in die Hand. Ich habe schon viel rumgeschrien, die Nachbarn von gegenüber haben sich wohl gefragt, was da los ist. Die Aufarbeitung mit Olli Kahn und Hasan war wichtig. Ich habe sie befragt. Sie haben viele extreme Situationen erlebt. Wir werden den Ablauf morgen nicht ändern. Ich werde vor der Abfahrt per Team ein paar emotionale Worte richten."

Über seine Abwesenheit: "Es geht darum, da zu sein. Wir haben keine Mannschaft, die Erfahrungen hat, mit solchen Spielverläufen umzugehen. Es geht um ein gemeinsames Bewerten. Ich habe das per Video gemacht. Das ist schön und gut, aber anders. Das kann jeder Lehrer und jeder Coach bestätigen. Gerade in Momenten, in denen es nicht läuft. Man gewinnt gemeinsam und geht gemeinsam unter - aufgrund der großen Distanz aber mit einem komischen Gefühl."

Über Union-Stürmer Awoniyi: "Er ist ein ähnlicher Spielertyp, hat auch eine gute Form. Es ist möglich - unabhängig von der Leistung - das Upa eine Pause bekommt. Unter Umständen werden wir einen Wechsel vornehmen. Es geht um Belastungssteuerung. Nach Niki sind jetzt Upa oder Lucas an der Reihe, beide werden wir aber nicht rausnehmen."

Über ablenkende Themen: "Unruhe tut nie gut. Wenn die Themen nicht gewesen wären, hätten wir aber auch nicht gewonnen. Mit mir an der Seitenlinie hätten wir denke ich auch nicht gewonnen. Es gibt aber eine gewisse Rollenverteilung, du kannst deine Rolle nicht für zwei Wochen verändern. Wenn alles gut läuft, ist es okay. Es geht aber auch um Präsenz. Ein Co-Trainer kann keine Show abziehen, weil es nicht seiner Rolle entspricht."

Über Upamecano: "Es gibt eine taktische Sache. Wenn er gegen Gegner spielt wie Embolo, die selber schnell sind und körperlich stark, muss er seinen Verteidigungsstil etwas ändern. Er ist ein intelligenter Bursche. Er muss seinen Verteidigungsspiel gegen einen robusten Spieler etwas abändern, um sich dem Stil des Gegners etwas anpassen. Er ist ein junger Spieler und wird das lernen."

Über den mentalen Zustand der Spieler: "Wir haben schon immer wieder rotiert in den letzten Wochen. Wir haben zwei extrem Dauerbrenner, Josh und Manu. Wir sind im stetigen Austausch und erheben viele Parameter, ob ein Spieler spielen kann. Am Ende haben wir in der ersten Elf wenig rotiert. Wenn die Werte gut sind und der Spieler sagt, er ist bei 100 Prozent, ist es schwer, einen Spieler rauszulassen. Hinterher ist man immer schlauer. Wir haben jetzt wieder Überlegungen ein bisschen zu rotieren - unabhängig vom Ergebnis. Wir werden keinen Spieler rauslassen, wegen einer Leistung. Wir waren alle nicht gut, außer Manu."

Über das 0:5 und das Personal: "Leon hat einen Tritt an der Achillessehne bekommen. Wir müssen beim heutigen Training schauen, ob er in die Fußballschuhe kommt. Es ist schon deutlich besser geworden. Ich gehe davon aus, dass er mitspielen kann. Sonst haben wir noch angeschlagene Spieler. Aber stand jetzt keinen, der ausfällt. Zu Mittwoch: Ich saß vor dem Fernseher. In erster Linie haben wir gezeigt, dass wir Menschen sind und keine Maschinen, dass uns Fehler passieren. Die drei Gegentore haben uns extrem rausgebracht. Wir haben am Mittwoch gezeigt, dass wir verwundbar sind. Wir haben im DFB-Pokal natürlich einen anderen Anspruch. Es geht aber auch um die Art und Weise des Ausscheidens. Wir müssen die kritischen Worte empfangen und die Lehren daraus ziehen. Uns wurde klar: Wir sind alle nur Menschen, fehlbar, machen nicht alles perfekt - oder auch mal an einem Tag nicht so viel richtig. Wir dürfen uns nicht ablenken lassen von sehr positiver Berichterstattung. Wir brauchen in jedem Spiel den maximalen Fokus und müssen beweisen, dass wir zu den besten Teams Europas gehören und nicht Kreisliga sind. Wir hatten kaum Dynamik in die gegnerische Mannschaft, das habe ich mit den Führungsspielern gestern besprochen. Die Aufgabe war, einfach mal zuzuhören - aber auch Lösungen aufzuzeigen. Vielleicht auch durch Bayern-untypische Optionen. Wir haben den Anspruch, Champions zu sein und wieder aufzustehen. Jeder hat gesehen, dass das keine Absicht war. Wir waren alle sehr überrascht."

Über die Situation: "Mir geht es gut, alles in Ordnung - abgesehen von Mittwoch, was immer noch in den Knochen steckt. Ich bin hoffentlich am Dienstag wieder dabei, wenn alles normal läuft."

Nagelsmann ist da. Es kann losgehen.

Vor Beginn: Aus personeller Sicht ist mit der einen oder anderen Umstellung zu rechnen. Leon Goretzka musste in Gladbach mit einer offenen Wunde an der Achillessehne ausgewechselt worden, dürfte aber dennoch zur Verfügung stehen. Somit kann das Trainerteam auf alle Leistungsträger zurückgreifen.

Vor Beginn: An der Alten Försterei gilt es für den Tabellenführer, nach dem Debakel von Mönchengladbach eine passende Antwort zu finden, wie Thomas Müller im Anschluss an das 0:5 bereits klarstellte: "So ein kollektives Versagen einer Bayern-Mannschaft in einem K.o.-Spiel habe ich selber noch nicht erlebt. Wir werden in den nächsten Wochen sehen, wie wir nach so einem Spiel reagieren. Man ist es von uns gewohnt, dass wir nach Negativerlebnissen eine Reaktion zeigen."

Vor Beginn: Beim Champions-League-Spiel gegen Benfica Lissabon am kommenden Dienstag könnte Nagelsmann wieder auf die Trainerbank zurückkehren. Sollte er bis dahin symptomfrei sein, könnte er die Quarantäne mit einem negativen PCR-Test verlassen. Am vergangenen Montag sei ein entsprechender Test noch positiv ausgefallen.

Vor Beginn: Der FCB-Coach befindet sich nach seiner Corona-Erkrankung weiter in häuslicher Isolation, nach Bild-Informationen ist nicht damit zu rechnen, dass sich daran am Wochenende etwas ändern wird. Somit dürfte erneut Co-Trainer Dino Toppmöller als Chef an der Seitenlinie übernehmen.

Vor Beginn: Herzlich willkommen zum Pressetalk mit Bayern-Trainer Julian Nagelsmann vor der Partie in Berlin am 10. Bundesliga-Spieltag.

FC Bayern: Pressekonferenz vor dem Union-Spiel im Livestream

Wie gewohnt bietet der FC Bayern einen kostenlosen Livestream zur Presserunde an. Auf fcbayern.com könnt Ihr live dabei sein und die PK außerdem im Re-Live nachverfolgen.

FC Bayern: Die Tabelle vor dem 10. Spieltag der Bundesliga

PlatzVereinSpieleToreTDPunkte
1Bayern München933:8+2522
2Borussia Dortmund925:15+1021
3SC Freiburg914:6+819
4Bayer 04 Leverkusen923:14+917
51. FC Union Berlin913:10+316
6RB Leipzig920:9+1114
71. FSV Mainz 05912:9+313
81. FC Köln915:16-113
9VfL Wolfsburg99:12-313
10Hertha BSC911:21-1012
111899 Hoffenheim917:15+211
12Borussia Mönchengladbach910:12-211
13VfB Stuttgart914:15-110
14VfL Bochum97:16-910
15Eintracht Frankfurt99:14-58
16FC Augsburg95:18-136
17Arminia Bielefeld95:14-95
18SpVgg Greuther Fürth96:24-181