FC Bayerns Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge im Interview: "Es kann nicht im Interesse des FCB sein, Interna kundzutun"

Von Mario Rieker
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Das Theater um die Vertragsverlängerung von David Alaba beim FC Bayern München spitzt sich zu. Karl-Heinz Rummenigge hat die Hoffnung auf eine Verlängerung des österreichischen Abwehrspielers noch nicht aufgegeben.

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Im Interview mit SPOX und DAZN spricht der Vorstandsvorsitzende des deutschen Rekordmeisters über die sich hinziehenden Gespräche und übt Kritik an Ehrenpräsident Uli Hoeneß, der bei einem TV-Auftritt am vergangenen Wochenende Interna zur Causa Alaba ausgeplaudert und dabei sowohl den Berater als auch den Vater des Spielers in ein schlechtes Licht gerückt hatte.

Außerdem äußert sich Rummenigge rückblickend zur Triple-Saison, dem unglaublichen Aufstieg von Alphonso Davies und der Wichtigkeit von Hansi Flick, dem "Baumeister des Erfolgs". Der 64-Jährige wirft auch einen Blick auf die neue Spielzeit, die am Freitag gegen Schalke 04 (20.30 Uhr live bei DAZN und im Liveticker) eingeläutet wird.

Herr Rummenigge, Sie haben schon so einige Bankettreden in Ihrer Laufbahn gehalten. Die in Lissabon war aber eine besondere, oder?

Karl-Heinz Rummenigge: Es war mit Sicherheit die emotionalste Rede, die ich bisher halten durfte. Wir haben mit dem Sieg gegen Paris Saint-Germain nicht nur die Champions League gewonnen, sondern auch das Triple. 2013 und in den Jahren danach habe ich mir häufiger gedacht: Ob wir das noch einmal erleben dürfen? Davon bin ich nicht überzeugt. Als wir dann diese kleine, intime Party hatten, war ich sehr glücklich. Es war eine sympathische, schöne Stimmung.

Welchen Moment an diesem Abend werden Sie besonders in Erinnerung behalten?

Rummenigge: Am Emotionalsten war der Schlusspfiff. Als ich später unten auf dem Platz stand und UEFA-Präsident Aleksander Ceferin den Pokal überreichte, gingen mir noch einmal die ganzen Bilder im Schnelldurchlauf durch den Kopf. Die Mannschaft hat das top gemacht und elf von elf Spielen in der Champions League gewonnen. Das waren ja zum Teil unglaubliche Partien, speziell gegen Tottenham, Chelsea und Barcelona. 8:2 - das war schon Wahnsinn.

Einer der großen Gewinner der Saison war Trainer Hansi Flick.

Rummenigge: Ich würde ihn nicht als einen der Gewinner bezeichnen. Er ist der Baumeister des Erfolgs. Das ist uns schon im November aufgefallen, als er praktisch über Nacht aus Regen Sonne gemacht hat. Wir haben eine völlig andere Mannschaft unter ihm erlebt und genossen. Es war großartig, wie er die Mannschaft mit seinem Training, seinem Plan und seiner Empathie hinter sich gebracht hat. Früher hat man ein wenig geschmunzelt, wenn man den alten Sepp-Herberger-Satz gehört hat: "Elf Freunde müsst ihr sein, einer für alle und alle für einen!" Aber so war es bei uns. Die Mannschaft hat füreinander gespielt und gearbeitet. Das haben wir insbesondere noch einmal im Finale gegen PSG bewundern dürfen.

Der Champions-League-Sieg 2020 war für Karl-Heinz Rummenigge der speziellste.
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Der Champions-League-Sieg 2020 war für Karl-Heinz Rummenigge der speziellste.

Rummenigge: Bayern-Trainer Flick wurde "lange unterschätzt"

Was macht Flick aus?

Rummenigge: Am Wichtigsten sind die Werte, die er verkörpert. Hansi Flick ist bescheiden und empathisch. Das hat er auf die Mannschaft übertragen. Ich habe ja schon den einen oder anderen Erfolg des FC Bayern in der Champions League begleiten dürfen, der von 2020 ist für mich aber etwas ganz Besonderes, weil diese Mannschaft nicht nur tollen und erfolgreichen Fußball gespielt, sondern auch einen Geist und einen Charakter hat, die ihresgleichen suchen.

Für einen Trainer bei einem Top-Klub scheint es heutzutage umso wichtiger, ein guter Moderator zu sein wie Flick.

Rummenigge: Ein Trainer muss auch hohe fachliche Qualitäten mitbringen, weil die Spieler im Vergleich zu früher einen noch höheren Anspruch an Taktik und Trainingslehre haben. Das ist ganz anders als beispielsweise zu meiner aktiven Zeit. Gleichzeitig muss man als Trainer aber auch ein Partner sein, der seinen Spielern Empathie entgegenbringt. Es ist unglaublich schwierig, Trainer bei einem Top-Klub zu sein. Die Qualität der Spieler ist zwar groß, eine unter derartigem Erfolgsdruck stehende Mannschaft am Ende des Tages aber auch zum Erfolg zu führen, das ist die Kunst. Ich glaube, dass Hansi Flick lange sehr unterschätzt wurde. Als wir ihn zum Cheftrainer ernannt haben, habe ich mich natürlich näher mit ihm und seiner Vita beschäftigt. Meine Recherchen haben ergeben, dass er 2014 beim WM-Triumph in Brasilien eine bedeutende Rolle innerhalb der Mannschaft gespielt hat. Er war nicht nur der Co-Trainer von Jogi Löw.

Rummenigge: Davies "wie eine S-Bahn in vollem Tempo"

Sie haben die neue Spielergeneration angesprochen. Fußballer haben heutzutage eine andere Selbstwahrnehmung, der Umgang auf dem Trainingsplatz ist ein ganz anderer. Würden Sie sich manchmal wünschen, man könnte den einen oder anderen Spieler heute noch einmal so hart anpacken, wie das zu Ihrer aktiven Zeit der Fall war?

Rummenigge: Jede Spielergeneration hat ihre Werte. Die heutige ist sehr anspruchsvoll, aber eben auch bereit, viel für den Erfolg zu tun. Wir leben in einer digitalen, Social-Media-lastigen Welt. Das hat für die Spieler viele Vorteile. Sie verdienen auch dadurch wahnsinnig viel Geld, sind in der Öffentlichkeit präsent. Das war bei uns anders, da gab es so etwas nicht. Allerdings hat man als Fußballer heutzutage auch auf einiges im privaten Leben zu verzichten. Auf mehr als wir damals. Ich muss aber auch sagen: Unsere Spieler muss man nicht hart anpacken. Mit ihrem Erfolgshunger, den sie jeden Tag aufs Neue beweisen, sind sie außergewöhnlich.

Alphonso Davies ist ein gutes Beispiel dafür. Hätten Sie ihm eine solche Saison zugetraut?

Rummenigge: Er hat sich mit seinen Fähigkeiten - gerade mit seiner Schnelligkeit - und seinem Top-Charakter sehr gut eingebracht. Man darf aber nicht vergessen, dass er bis zum Herbst keine Rolle bei uns gespielt hat. Erst als sich einige Innenverteidiger verletzt haben und David Alaba in die Mitte gerückt ist, hat er seine Chance bekommen. Er ist eigentlich als Linksaußen eingekauft worden. Man hat dann aber relativ schnell gesehen, dass er nicht der Dribbler a la Franck Ribery oder Arjen Robben ist. Als linker Verteidiger kann er seine außergewöhnliche Geschwindigkeit am besten einbringen. Wenn ich ihn sehe, denke ich mir: Der Junge ist wie eine S-Bahn in vollem Tempo. Dazu ist er auch noch ein guter Typ. Wir dürfen trotzdem nicht den Fehler machen, ihn zu sehr zu hypen. Er hat natürlich verdient, dass über ihn geredet wird, aber er ist erst 19. Wir als Verein müssen verantwortungsvoll mit diesem Hype umgehen. Man kann zwar auch als 19-Jähriger charakterlich stabil sein, man darf es aber nicht übertreiben.

FC Bayern: Die kommenden Termine im Überblick

DatumTermin
18. September1. Bundesliga-Spieltag gegen Schalke 04
24. SeptemberUEFA Supercup gegen den FC Sevilla
27. September2. Bundesliga-Spieltag gegen die TSG Hoffenheim
30. SeptemberDFL Supercup gegen Borussia Dortmund
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