Kommentar zum FC Bayern: Eine völlig unnötige, verfrühte Diskussion

Von Dennis Melzer
Hansi Flick hat die Nachfolge von Niko Kovac übernommen.
© imago images

Jupp Heynckes schwärmt, die Spieler stehen hinter ihm. Könnte Flick die dauerhafte Trainerlösung sein? Der Klub sollte besonnen bleiben. Ein Kommentar.

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Erst sollte Hansi Flick für zwei Spiele den Monteur geben, das fragile Mannschaftskonstrukt des FC Bayern binnen kürzester Zeit reparieren. Weil dies beeindruckend gelang, bekam der ehemalige Löw-Assistent die Garantie, bis zum Winter weitermachen zu dürfen. Mittlerweile ist ein Engagement bis Saisonende realistisch. 

Nachdem nun Trainer-Ikone Jupp Heynckes eine Lanze für das "Juwel" brach, der Fußball wieder Bayern-like anmutet und sämtliche Protagonisten ins Schwärmen gerieten, wird sogar über Flick als Dauerlösung spekuliert. Eine völlig unnötige, weil verfrühte Diskussion.

Die Verantwortlichen haben aktuell keine Not, zukunftsträchtige Entscheidungen in der Trainerfrage übers Knie zu brechen. Die Trendwende nach dem Rauswurf von Niko Kovac wurde wie erhofft weitestgehend bewältigt. Flick hat seinen Auftrag erfüllt, dem strauchelnden und bisweilen tristen Riesen wieder ein fußballerisches Profil verpasst.

Eindrucksvoll wandelte sich das Kollektiv, das in Frankfurt aus zehn (Jerome Boateng sah früh die Rote Karte) deplatziert wirkenden Fragmenten bestand, zu einer Einheit. 16:0 Tore nach vier Spielen, darunter ein prestigeträchtiger Erfolg gegen Borussia Dortmund. Die FCB-Welt war wieder heile, auch dank Flick.

Selbst nach dem ersten Rückschlag am vergangenen Samstag, als Bayer Leverkusen drei Punkte aus der Allianz Arena entführte, überwog mit Blick auf Spielweise und Leidenschaft die Zufriedenheit bei Spielern und Trainer. Lediglich die groteske Chancenverwertung sowie die gelegentliche Konteranfälligkeit waren zu bemängeln. Entscheidende Unzulänglichkeiten, die bei gleichem Spielverlauf unter Kovac vermutlich noch viel negativer aufgestoßen wären.

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© getty

FC Bayern: Eile mit Weile

Bewertet man objektiv, was sich unter Flick verändert hat, rücken besonders zwei Punkte in den Fokus: Der 54-Jährige lässt eine klare Philosophie erkennen, die auf einem höheren, aggressiveren und geschlossenen Verteidigen und schnellerem Umschaltspiel fußt. Im Zuge dessen hat er es geschafft, das Team mit seiner lockeren Art a la Heynckes hinter sich zu bringen und selbst Edel-Reservisten wie Philippe Coutinho und Thiago bei Laune zu halten.

Andererseits muss konstatiert werden, dass die bisherigen Gegner - darunter eben der nominell starke, aber de facto verunsicherte BVB - nicht als Maßstab dienten, um die Ansprüche des Rekordmeisters abzubilden. Auch deshalb ist die Führungsriege gut beraten, die weiteren Entwicklungen abzuwarten. Sollte Flick die Chance bekommen, den FCB in die Rückrunde zu führen, warten vor allem in der Champions League deutlich aussagekräftigere Bewährungsproben.

Dann bliebe auch ausreichend Zeit, eine mögliche Weiterbeschäftigung in aller Ruhe zu analysieren. Überzeugt Flick seine Schützlinge langfristig von seiner Idee, verfügt er über einen Plan B, sollten sich die Kontrahenten irgendwann auf sein System einstellen?

Fragen, die in einigen Monaten deutlich besser beantwortet werden können als nach fünf Partien. Es gilt also: Eile mit Weile. Flick hat - wie von seinem Idol Heynckes zusammengefasst - unbestrittenes Potenzial. Ihn jetzt aber schon mit Versprechungen unter Druck zu setzen, wäre vermessen.

Hansi Flick im Steckbrief

Geburtstag24. Februar 1965
GeburtsortHeidelberg
Stationen als TrainerFC Victoria Bammental, TSG 1899 Hoffenheim, FC RedBull Salzburg (Co), Deutschland (Co), FC Bayern
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