BVB - Kommentar zum baldigen Ende der Ära von Hans-Joachim Watzke bei Borussia Dortmund: Eine der größten Aufgaben steht erst bevor

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Hans-Joachim Watzke wird sein Amt als Geschäftsführer von Borussia Dortmund 2025 aufgeben und sich bereits im Sommer von der sportlichen Verantwortung zurückziehen. Seine dann 20-jährige Ära wird als Erfolgsgeschichte in die Historie des BVB eingehen, doch eine der größten Aufgaben steht Watzke noch bevor. Ein Kommentar von SPOX-Redakteur Jochen Tittmar.

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Als Hans-Joachim Watzke 2015 mit aschfahlem Gesicht und den Tränen nahe den Abschied von Jürgen Klopp bei Borussia Dortmund moderierte, sagte er einen Satz, der zehn Jahre später auch auf den Geschäftsführer gemünzt werden sollte: "Jürgen, du kannst sicher sein, dass dir der ewige Dank aller Borussen gewiss ist."

Es ist unumgänglich, die im kommenden Jahr endende Amtszeit Watzkes als Erfolgsgeschichte zu bezeichnen, die in die Historie des BVB eingehen wird. Watzke rettete als neues Gesicht des Vereins die Borussia 2005 vor der Insolvenz und verantwortete die Umstrukturierung, die die damals immensen Schulden tilgte. Er war der Kopf des Klubs während des Aufstiegs unter Klopp zu einem der Top-Vereine in Europa und schaffte es, den BVB nachhaltig auf dem neuen sportlichen wie wirtschaftlichen Level zu etablieren. Trotz der über 150 Millionen Euro Verluste, die die Corona-Pandemie einbrachte, wird Watzke seinen Herzensklub kerngesund übergeben.

Doch was ihm in den restlichen gut zwei Arbeitsjahren als Geschäftsführer bevorsteht, wird eine Mammutaufgabe. Sie hält zwar keinem Vergleich mit der Beinahe-Insolvenz 2005, dem Bombenanschlag auf den Mannschaftsbus 2017 oder eben der Pandemie stand, wird aber für die Zukunft des Vereins von entscheidender Bedeutung sein.

Watzke muss Entscheidungen treffen, die länger schon überfällig sind. Seit dem Aus von Klopp verließ der BVB das Plateau, das er erklommen hatte, nie mehr. Man feierte mit zwei Pokalsiegen, mehreren Vizemeisterschaften und der regelmäßigen Teilnahme an der Champions League weitere Erfolge, die als solche aber kaum noch wahrgenommen wurden, wie Watzke am Montag in Marbella nicht zum ersten Mal beklagte.

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BVB: Warum Borussia Dortmund nach Hans-Joachim Watzke einen Neustart benötigt

Zugleich geriet man seitdem als gesamter Verein in unruhiges Fahrwasser. Die Nachfolge von Klopp bekam Watzke nie dauerhaft geregelt, was sieben Cheftrainer zwischen 2015 und 2022 belegen. Bei der Auswahl der Trainer divergierte man zwischen den Spielstilen und bekam als Resultat keine Konstanz, sondern regelmäßige Neuanfänge und Kaderumbrüche. So gelang der große Wurf mit dem abermaligen Gewinn des Meistertitels nicht mehr, stattdessen verblasste nach und nach die Identität der Borussia.

Aus diesem Blickwinkel betrachtet ist es gut, dass Watzke Platz für den beinahe überreifen Neustart macht, den der auf hohem Niveau wankende BVB dringend benötigt. Der 64-Jährige sagte dem Präsidialausschuss zu, "Gespräche zu führen, Ideen zu entwickeln und ein Konzept auszustellen, was die Gesamtverantwortung angeht", wie er verriet.

Das Ergebnis seines Werks wird nicht nur personelle Entscheidungen, die seine Nachfolge betreffen, beinhalten müssen. Doch bereits hier herrscht Unklarheit: Es gibt weder eine Art interne Erbfolge, noch ist ein anderer Nachfolger irgendwie in Aussicht.

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BVB: Jürgen Klopps kluge Weisheit gilt auch für Hans-Joachim Watzke

Viel wichtiger jedoch: Es braucht eine zukunftsfähige Vision, eine übergeordnete Strategie, die außerhalb und auch auf dem Spielfeld stringent umgesetzt wird. Es muss künftig wieder unzweifelhaft klar werden, wofür der BVB eigentlich steht. Das wird ohne wirklich profunde Umwälzungen innerhalb des Klubs und auch weiterhin der Mannschaft nicht gehen, hat aber möglicherweise nur dann eine Chance auf Erfolg, wenn man die eigenen Ansprüche etwas herunterschraubt.

All dies geschieht zu einer Zeit, in der sich vieles im Klub bereits im Umbruch befindet und man sportlich in die Krise schlitterte. Das Verhältnis von Cheftrainer Edin Terzic und Sportdirektor Sebastian Kehl, selbst noch keine zwei Jahre im Amt, gilt als mächtig angeknackst. Terzics Position ist ohnehin geschwächt, der finanziell dringend erforderliche Wiedereinzug in die Königsklasse nach den bislang gezeigten Leistungen massiv unsicher. Der Druck in Dortmund wird auch in den kommenden sechs Monaten nicht geringer.

Verglichen mit dem Beginn von Watzkes Tätigkeit als Geschäftsführer, als der BVB "im Vorzimmer der Pathologie" (Watzke) ums Überleben kämpfte, sind Dortmunds vielfältige Probleme der Gegenwart Luxus. Doch gerade jetzt wird auch für Watzke trotz seiner unumstrittenen Verdienste in gewisser Weise jene kluge Weisheit gelten, die Klopp vor achteinhalb Jahren nach seinem letzten Spiel als BVB-Trainer zum Besten gab: "Es ist nicht wichtig, was die Leute über dich denken, wenn du kommst. Es ist wichtig, was die Leute von dir denken, wenn du gehst."

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BVB: Die drei Bundesligaspiele von Borussia Dortmund im Januar 2024

DatumWettbewerbGegner
13. Januar, 18.30 UhrBundesligaSV Darmstadt 98 (A)
20. Januar, 15.30 UhrBundesliga1. FC Köln (A)
27. Januar, 17.30 UhrBundesligaVfL Bochum (H)
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