Bundesliga - Die stärksten und schwächsten Trainer der Hinrunde: Warum Edin Terzics Fußball nicht für nachhaltigen Erfolg genügt

Von Constantin Eckner
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Bayer Leverkusen steht nach 16 Spieltagen ungeschlagen an der Tabellenspitze der Bundesliga, während der VfB Stuttgart die Überraschung der ersten Saisonhälfte war. Andere Teams hingegen haben auf ganzer Linie enttäuscht und das auch aufgrund ihrer Cheftrainer. SPOX benennt die stärksten und schwächsten Trainer der bisherigen Spielzeit.

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Die stärksten Trainer der Hinrunde: Xabi Alonso (Bayer 04 Leverkusen)

Es ist fast schon zu einfach, den 42-jährigen Basken als einen der Top-Trainer der Bundesliga zu benennen. Aber nach seiner Ankunft in Leverkusen im Herbst 2022 hat Alonso ganze Arbeit geleistet. Zunächst baute er den Spirit der zweifelsohne talentierten Mannschaft wieder auf und fuhr notwendige Punkte mit einem Umschalt-lastigen Spielstil ein.

Alonso hat kürzlich darüber gesprochen, wie er anfangs sehr pragmatisch die Aufgabe in Leverkusen anging und Bayer aus dem Tabellenkeller führen wollte. "Wir waren letztes Jahr kein Ballbesitzteam. Wir waren ein Umschaltteam, wir waren ein Konterteam", erklärte Alonso. "Das war komplett anders als dieses Jahr. Um das zu schaffen, um die Spieler davon zu überzeugen, das hat mich wahrscheinlich zu einem besseren Trainer gemacht. Es war meine Idee, unser Spiel weiterzuentwickeln."

Genau das ist ihm seit der Sommerpause gelungen. Mit einigen punktuellen Neuzugängen, an deren Auswahl Alonso und sein Trainerteam beteiligt war und die allesamt eingeschlagen haben, hat sich Leverkusen zu einer der formidabelsten Ballbesitzmannschaften Europas entwickelt. Die Werkself sticht in der Bundesliga umso mehr heraus, denn nahezu die große Mehrheit der Trainerkollegen von Alonso setzen bevorzugt auf Umschaltfußball.

Bei Leverkusen hingegen spielen die Abläufe ausgehend von der Spieleröffnung aus der Dreierabwehr eine maßgebliche Rolle. Das wohldurchdachte Positionsspiel, die sauberen Ablagen von Florian Wirtz und Jonas Hofmann sowie die gut vorbereiteten Verlagerungsbälle auf die Flügelläufer sind einige Elemente, die unter der Ägide des Cheftrainers gewinnbringend zum Tragen kommen. Dass Alonso selbst gerne noch auf dem Trainingsplatz steht und seinen Spielern vielerlei Tipps mitgibt, mag zusätzlich zu seinem Erfolg beitragen.

Darüber hinaus hat sich Alonso in der Anfangsphase seiner Trainerlaufbahn dazu entschieden, behutsame Schritte zu unternehmen - im Gegensatz zu einigen anderen Mittelfeldstars seiner Generation, die ohne nennenswerte Vorbereitung direkt die prestigeträchtigsten Jobs ausüben wollten. Insofern wäre es auch nicht überraschend, sollte Alonso die Werkself über das Saisonende hinaus betreuen und Leverkusen zumindest ein Jahr durch die Champions League führen.

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Die stärksten Trainer der Hinrunde: Sebastian Hoeneß (VfB Stuttgart)

Ähnlich wie Alonso hat auch Sebastian Hoeneß die ersten Jahre seiner Trainerkarriere nicht überstürzt bestritten. Während seiner Zeit in der Nachwuchsabteilung des FC Bayern München beziehungsweise in Verantwortung der Zweitvertretung, die 2020 unter seiner Leitung sogar die 3. Liga gewann, eignete er sich zusehends die Grundtugenden als Trainer an. Dabei hatte sein Onkel Uli Hoeneß erst ziemlich lange überzeugt werden müssen, um Sebastian zum Trainer beim FCB zu machen.

Sein Repertoire als Taktiker und Teamentwickler konnte der gebürtige Münchner erst so richtig während seiner zweijährigen Amtszeit bei der TSG Hoffenheim unter Beweis stellen. Auch wenn er am Ende zehn Spiele in Folge sieglos blieb, zeigte Hoeneß, wie er einen mittelprächtigen Kader so coachen konnte, dass dieser zumindest phasenweise einen ansehnlichen Offensivfußball zeigte.

Die Voraussetzungen in Stuttgart waren anfangs um einiges herausfordernder, weil Hoeneß zuerst einmal den VfB vor dem Abstieg bewahren musste. Allerdings war ebenso klar, dass der vorhandene Kader mit seinen erfahrenen Abwehrspielern und teils ungeschliffenen Offensivkräften ein hervorragendes Fundament für Hoeneß sein würde.

Was dem 41-Jährigen gelungen ist: Er nutzte taktisch kluge Anpassungen in der Spieleröffnung, um beispielsweise die Vorstöße von Waldemar Anton oder Hiroki Ito vorzubereiten oder auch den gegnerischen Defensivverbund durch Läufe von Pascal Stenzel oder das Zurückfallen von Atakan Karazor auseinanderzureißen. Hoeneß schien auf nahezu jedes Pressingschema eine entsprechende Antwort beziehungsweise taktische Anpassung zu haben.

Selbstverständlich wird so mancher darauf verweisen, dass Serhou Guirassy einen derart starken Lauf hat, dass Stuttgart ein Stück weit vom guineischen Torjäger abhängig ist. Allerdings hat es Hoeneß geschafft, eine fruchtbare Symbiose zwischen Guirassy und den anderen Offensivkräften zu kreieren.

Während der Stuttgarter Mittelstürmer als Zielspieler eher behäbig agiert, stürmen Chris Führich und Co. fast schon hyperaktiv durch die gegnerische Hälfte. So ergeben sich blitzartige Tempowechsel, sobald der Ball zu Guirassy gespielt wird, was wiederum Abwehrreihen vor erhebliche Probleme stellt, weil sie sich natürlich in erster Linie auf die Aktionen des Ballführenden konzentrieren. Stuttgarts Explosivität verbunden mit der Ruhe von Guirassy ist eine Mischung, die bereits einige Teams geknackt hat. Und Hoeneß hat einen signifikanten Teil dazu beigetragen.

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Die schwächsten Trainer der Hinrunde: Urs Fischer (ehemals 1. FC Union Berlin)

Natürlich ist Urs Fischer per se alles andere als ein schlechter Trainer und er wird bei seinen kommenden Stationen gewiss wieder einige Erfolge feiern. Allerdings ist es dem 57-jährigen Schweizer bis zu seinem Abgang aus Köpenick nicht gelungen, den augenscheinlich angestrebten Umbruch mit dem 1. FC Union zu vollziehen.

Bereits im vergangenen Januar-Transferfenster deutete sich an, dass die Eisernen ihren Kader ein Stück weit aufwerten und mehr Kreativität an Bord bringen wollten. Das setzte sich im Sommer mit einer nicht unerheblichen Transferoffensive fort. Inwieweit Fischer für die Neuzugänge plädierte, wissen nur die handelnden Personen in der Union-Geschäftsstelle.

Der Schweizer stand in den vergangenen Jahren für einen vornehmlich schnörkellosen Fußball, wenn wir eine Phase mit mehr Ballbesitzfußball unter Einbeziehung von Max Kruse als spielmachende Neun ausklammern. Sicherlich performte Union auch in der Vorsaison ein wenig über den eigenen Möglichkeiten und profitierte von einer gesunden Portion Abschlussglück. Trotzdem schien es stets so, als würde das Team einen klar skizzierten Matchplan umsetzen.

Das war in dieser Saison nicht mehr der Fall. Das spielgestalterische Element, das Akteure wie Aïssa Laïdouni, Josip Juranović oder Lucas Tousart einbringen sollten, führte nicht zu den erhofften Resultaten. Nach vorn hin spielten die Eisernen komplizierter und weniger abschlussorientiert als zuvor und bei der Arbeit gegen den Ball nochmal ein Stückchen passiver als in 2022/23.

Fischer gelang es nicht, mit seinem Team eine spielerische Linie zu finden oder beispielsweise das hohe Mittelfeldpressing wieder so zu strukturieren, dass Gegner wie in der Vergangenheit effektiv auf die Flügel geleitet wurden. Zum Ende seiner Amtszeit schien den Eisernen jegliches Selbstvertrauen und womöglich auch Vertrauen in Fischer zu fehlen, der selbst ob der Misserfolge konsterniert wirkte.

Derart schnelllebig ist das Geschäft. Fischer hat jedoch in den vergangenen Jahren genau gezeigt, was ihn als Trainer auszeichnet und ein kommender Arbeitgeber weiß, welche Spielphilosophie er vom Schweizer zu erwarten hat.

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Die schwächsten Trainer der Hinrunde: Edin Terzic (BVB)

Der aktuelle BVB-Trainer hingegen steht für keinen distinktiven Spielstil - wenn überhaupt, dann für eine Spielweise die einem eigentlichen Spitzenteam wie Borussia Dortmund nicht gerecht wird. In den Partien gegen die Top-3 der Bundesliga gelangen lediglich vier Schüsse aufs gegnerische Tor. Die Diskrepanz zwischen dem BVB und den Top-Performern war erheblich. Terzic ist es weder gelungen, wie von ihm und den Dortmunder Verantwortlichen angestrebt, die Defensive zu stabilisieren, noch den Abgang von Jude Bellingham offensiv zu kompensieren.

Ausnahmen in puncto Defensive bildeten mehrere Partien in der Champions-League-Gruppenphase, unter anderem gegen eine recht ausrechenbare AC Milan im San Siro. Doch selbst in solch einem Spiel brauchte es individuelle Glanzmomente von Jamie Bynoe-Gittens und anderen Offensivkräften, um Dortmund auf die Erfolgsstraße zu bringen.

Ansonsten ist die Spielanlage des BVB sehr simpel - selbst die Einbindung von Niclas Füllkrug als Ballhalter und Ballverteiler ist ausrechenbar. Dass es ob der fußballerischen Unzulänglichkeiten bereits zu einem hörbaren Rumoren in der Kabine kam, mag nicht überraschen. Sicherlich haben einige Leistungsträger grundsätzlich keine gute Hinrunde absolviert, aber Terzic lässt so manche Kreativität, die in diesem Team schlummert, unangetastet liegen.

Der Schlamassel für den im Signal Iduna Park weiterhin beliebten Cheftrainer begann bereits mit den Verpflichtungen im Sommer, als eben kein Spielgestalter und stattdessen einige laufstarke Neuzugänge, die ihre Stärken eher in der Raumüberbrückung haben, für die Mittelfeldzentrale geholt wurden. Daraus resultierend fehlte es dem BVB in vielen Partien an den richtigen Impulsen in der Spieleröffnung, um beispielsweise einen Julian Brandt zwischen den Linien effektiv einzusetzen.

Klassisches Flügelspiel war mit der zuweilen breit aufgefächerten Formation natürlich möglich, aber ist für einige Bundesligisten leichter zu verteidigen, als wenn ein Team wie Dortmund kombinativ durch die Mitte kommt und die Abwehrreihe über den vorderen Zwischenraum attackiert. Ob Terzic wirklich das Zeug dazu hat, einen kollektivtaktisch ansprechenden Ballbesitzfußball spielen zu lassen, muss er erst noch beweisen.

In der Vergangenheit lebte er überproportional stark von der individuellen Qualität eines Erling Haaland, Jadon Sancho oder zuletzt Jude Bellingham. Für nachhaltigen Erfolg genügt das nicht, zumal Dortmund traditionell Leistungsträger abgeben muss.

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Die schwächsten Trainer der Hinrunde: Steffen Baumgart (ehemals 1. FC Köln)

Ähnlich wie im Fall von Urs Fischer würden wohl die wenigsten Steffen Baumgart seine generellen Qualitäten als Trainer in Abrede stellen. Und es war sogar vorhersehbar, dass die Zeit des Norddeutschen in Köln irgendwann enden musste.

Die nicht allzu rosige finanzielle Lage des Klubs sowie eine drohende Transfersperre erschwerten die Arbeit des Cheftrainers im Laufe des Kalenderjahres. Allerdings hat es Baumgart bis zum Ende seiner Amtszeit nie geschafft, wirksame Impulse zu setzen.

Zu Beginn der Saison fiel er eher noch dadurch auf, dass er mehrere seiner Leistungsträger - wie beispielsweise Florian Kainz - in unvorteilhaften Rollen aufbot. Dadurch rutschte der Effzeh von September an in eine sportliche Krise und verweilte im Tabellenkeller.

Baumgart hat während der zweieinhalb Jahre beim rheinländischen Traditionsverein bewiesen, wie auch schon zuvor in den etwas mehr als vier Spielzeiten mit dem SC Paderborn 07, dass er eine Mannschaft aufbauen kann, die in allen vier Spielphasen mit einer relativen Stabilität agiert, aber unterdessen etwas rat- und vielleicht rastlos wird, sobald diese Stabilität durch Abgänge, Verletzungen oder Formschwächen abhandenkommt.

Nach seinem Abgang aus Köln hat sich der einstige 225-fache Bundesligaspieler glattrasiert aus dem Weihnachtsurlaub gemeldet. In den kommenden Monaten ist die perfekte Zeit für Baumgart, um die Höhen und Tiefen seit 2017 zu analysieren.

Bundesliga: Die Tabelle nach dem 16. Spieltag

PlatzVereinSpieleSiegeRemisNiederlagenToreTorverhältnisPunkte
1Bayer Leverkusen16133046:123442
2FC Bayern München15122149:153438
3VfB Stuttgart16111437:191834
4RB Leipzig16103338:172133
5Borussia Dortmund1676330:25527
6Eintracht Frankfurt1666426:20624
71899 Hoffenheim1673632:30224
8SC Freiburg1673621:26-524
91. FC Heidenheim 18461662825:32-720
10VfL Wolfsburg1661920:27-719
11FC Augsburg1646624:31-718
12Bor. Mönchengladbach1645731:35-417
13SV Werder Bremen1644823:30-716
14VfL Bochum1637618:33-1516
151. FC Union Berlin15411017:31-1413
161. FSV Mainz 051617813:28-1510
171. FC Köln16241010:28-1810
18SV Darmstadt 9816241020:41-2110
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