Geldsorgen, Lizenz-Angst und nur "eine kleine Hoffnung": Hertha ringt ums Überleben

SID
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Hertha BSC ist finanziell angeschlagen und steht sportlich am Abgrund. Bei der Mitgliederversammlung am Sonntag hatten die Fans reichlich Redebedarf.

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Die Angst vor dem Abstieg lag wie ein dunkler Schleier über der Messehalle 18, bis die leidgeplagten Fans von Hertha BSC nach über sechs Stunden teils hitziger Diskussionen kurz aufatmen durften. Das 1:1 des Abstiegs-Rivalen VfB Stuttgart gegen Bayer Leverkusen war auf einer von finanziellen Krisen und Lizenzproblemen geprägten Mitgliederversammlung die beste Nachricht des Tages. So bleibt zumindest die theoretische Chance auf den Klassenerhalt.

Da Hertha zwei Spieltage vor Saisonende jedoch fünf Punkte Rückstand auf Schalke 04 auf dem Relegationsrang 16 hat, dürfte es mit dem Wunder von Berlin jedoch schwer werden. Auch die Mitglieder waren sich am Sonntag dessen durchaus bewusst, wie ihren Wortbeiträgen zu entnehmen war.

Wohl auch deswegen gab Trainer Pal Dardai zu Beginn der Sitzung den Stimmungsaufheller. "Wir haben noch eine kleine Hoffnung", sagte der Ungar: Aber ich will nicht labern. Es ist nicht mehr in unserer Hand."

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"Irrsinn! Da wurden 250 Millionen Euro verbrannt"

Und so ging es in der Berliner Messe viel um die Verfehlungen der Vergangenheit, die Hertha erst in die prekäre Lage gebracht hatten. "In den letzten Jahren ist so viel passiert, dass wir sagen können: Da wurden 250 Millionen Euro verbrannt", sagte Hertha-Präsident Kay Bernstein: "Die sind weg. Das ist ein Irrsinn, der nie wieder passieren darf."

Laut Bernstein sei der Einstieg des Investors 777 Partners, der nach dem Bruch mit dem früheren Geldgeber Lars Windhorst im März dessen Anteile an Herthas Profiabteilung übernommen hatte, "aufgrund der Probleme der Vergangenheit alternativlos" gewesen. 777 stockte später seine Anteile auf 78,8 Prozent auf und investiert nochmals 100 Millionen Euro, die laut Bernstein zur Sanierung des Vereins gedacht seien.

Hertha BSC: Kaderkosten sollen um 30 Prozent gesenkt werden

Windhorst war 2019 eingestiegen und hatte rund 374 Millionen Euro für 64,7 Prozent gezahlt, ehe er sich nach zahlreichen Auseinandersetzungen mit der Hertha-Führung zum Verkauf entschlossen hatte. In Richtung Windhorst sagte der Präsident: "Die Akte Lars Windhorst wollen wir schließen und danken - für sein Geld."

Geld. Darum dreht sich in diesen Tagen bei Hertha alles. Reichlich davon werden die Berliner in Zukunft einsparen müssen - egal in welcher Liga. "Wir wollen 30 Prozent der Kaderkosten reduzieren und dann immer noch bundesliga- oder zweitligatauglich sein", sagte Geschäftsführer Thomas Herrich. Zur Saison 2025/2026 will Hertha wieder einen ausgeglichenen Haushalt vorweisen.

"Zecke" Neuendorf: "Jeder ist verkäuflich"

Und dann wäre ja noch das Thema Lizenz. Laut eines Berichts der Süddeutschen Zeitung könnte Hertha aufgrund der angespannten wirtschaftlichen Situation der Entzug der Bundesligalizenz drohen. Herrich nahm dazu Stellung. "Wir müssen für die Lizenzierung die Finanzierung der nächsten Saison nachweisen", sagte er: "777 ist ein Teil davon, aber es bedarf noch weiteres." Mit "Hochdruck", so Herrich später, arbeite sein Team daran.

In jedem Fall werden Spieler gehen, Hertha braucht auch Einkünfte über Verkäufe. Einige Leihspieler dürften ein Thema werden, wobei auch Qualitätskräfte wie Dodi Lukebakio oder Lucas Tousart wohl kaum in die Zweitklassigkeit gehen würden.

Laut Andreas "Zecke" Neuendorf, Leiter der Lizenzspielerabteilung, sei "jeder verkäuflich, weil keiner von denen den Nachweis erbracht hat, dass wir erstligatauglich sind." Auch deshalb steht die Hertha, wo sie steht.

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