BVB - Wie schlecht sind die Standardsituationen von Borussia Dortmund wirklich?

Die Standards, offensiv wie defensiv, sind seit Jahren eine Schwachstelle beim BVB.
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Seit Januar hat Borussia Dortmund 50 Eckbälle in den Strafraum der Gegner geschlagen - allesamt erfolglos. Die Standards, offensiv wie defensiv, sind seit Jahren eine Schwachstelle beim BVB. Wie sieht es in der laufenden Saison aus? Eine Datenanalyse.
 

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Am Sonntag trifft Borussia Dortmund auf Arminia Bielefeld. Es wird das 37. Pflichtspiel des BVB in dieser Saison sein. Trainer Marco Rose ist dann gezwungen, die sage und schreibe 18. verschieden zusammengesetzte Abwehrformation aufs Feld zu schicken. Auch diesen Fakt muss man sich vor Augen führen, wenn man über die Defensivprobleme der Mannschaft spricht.

Eine solch extreme Fluktuation macht es schlicht schwer, dass sich in diesem Bereich Abläufe einspielen. Nach den positiven Corona-Tests von Raphael Guerreiro und Mats Hummels muss der BVB gegen die Ostwestfalen weiterhin auf Thomas Meunier (Sehnenriss) verzichten, bei den zuletzt verletzten Innenverteidigern Manuel Akanji und Dan-Axel Zagadou besteht zumindest leichte Hoffnung auf Einsatzminuten.

So dürften am Ende dennoch Marius Wolf, Emre Can, Marin Pongracic und Nico Schulz die Viererkette bilden. Und eine ihrer Aufgaben wird sein, Standardsituationen zu verteidigen. Wer den BVB schon länger intensiv beobachtet, der weiß, dass ruhende Bälle aller Art seit Jahren das Kryptonit der Mannschaft darstellen - das schließt auch eigene Standards mit ein.

Besonders eklatant war die Schwäche in der Saison 2018/19, als Dortmund unter Lucien Favre nur knapp die Meisterschaft verpasste. Damals kassierte man 39 Prozent der 44 Gegentore in der Bundesliga nach Standardsituationen - das unterbot keine andere der 17 Mannschaften (Quelle: opta). In der Vorsaison war der Anteil mit 37 Prozent (17 von 46 Gegentreffern) nur marginal geringer, schlechter war trotzdem erneut niemand.

BVB und die defensiven Standards: Fünftschlechtester Wert

Deutlich besser waren die Werte in den vergangenen fünf Spielzeiten nur 2017/18 (12 von 47 Gegentoren, 26 Prozent) und 2019/20 - in der letztgenannten Spielzeit kam man sogar auf den zweitniedrigsten Wert in der Liga (10 von 41 Gegentoren, 24 Prozent). Unter Rose ist der BVB jedoch wieder ins untere Drittel der Standard-Gegentor-Tabelle gerutscht.

Momentan weist man zusammen mit Wolfsburg den fünftschlechtesten Wert auf. Zwölf der 37 Gegentore, also 32 Prozent, fielen nach ruhenden Bällen. Fünf davon kassierte die Borussia nach Eckbällen, nur sechs Teams sind in dieser Hinsicht schlechter.

Allerdings hat sich der BVB innerhalb der aktuellen Spielzeit dezent stabilisiert. Nach fünf Bundesliga-Spieltagen bildeten die Westfalen nämlich noch das Schlusslicht, nachdem sechs der elf Gegentreffer (54,5 Prozent) aus einem Standard resultierten. "Standards sind ein Thema, das wir angehen, weil sie Spiele entscheiden können. Da wollen und müssen wir besser werden", sagte Rose damals.

BVB: Standardgegentore im Vergleich zu den Vorsaisonen

Saison

Gegentore

Standardgegentore

Anteil der Standardgegentore

2021/22

37

12

32 Prozent

2020/21

46

17

37 Prozent

2019/20

41

10

24 Prozent

2018/19

44

17

39 Prozent

2017/18

47

12

26 Prozent

Die Standards, offensiv wie defensiv, sind seit Jahren eine Schwachstelle beim BVB.
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Die Standards, offensiv wie defensiv, sind seit Jahren eine Schwachstelle beim BVB.

50 BVB-Eckbälle in Serie erfolglos

Nimmt man den internationalen Vergleich her, wird deutlich, dass gleich mehrere Top-Teams mit denselben Problemen zu kämpfen haben wie Dortmund. Die Quote von 32 Prozent Standardgegentoren in der Liga teilt der BVB mit dem FC Barcelona. Deutlich schlechter sind vor allem Atletico Madrid und die AC Milan mit jeweils 41 Prozent, gefolgt von Juventus Turin (40) und dem FC Chelsea (39).

Es zeigt sich jedoch auch, dass der alte Spruch, wonach die Defensive Meisterschaften entscheidet, weiterhin richtig ist: Die Tabellenführer Manchester City (12 Prozent), Real Madrid (20) und PSG (20) sind sehr stabil bei Standards, auch der FC Liverpool liegt mit einem Anteil von 25 Prozent im Spitzenbereich.

Und wie sieht es in der Dortmunder Offensive aus? Da geschah zuletzt am 14. Januar Außergewöhnliches, als Meunier gegen Freiburg jeweils nach Vorlage von Julian Brandt gleich zweimal per Kopf nach einem Eckball traf. Das gibt es beim BVB höchst selten - seitdem sind in allen Pflichtspielen 50 Eckbälle ohne Torerfolg in den Strafraum der Gegner geflogen.

"Wir haben schon Standardtore gemacht diese Saison. Jetzt haben wir mal ein paar Spiele keine gemacht - möglicherweise, weil es der Gegner auch gut verteidigt", sagte Rose nach dem 1:1 in Augsburg. "Es gibt Spiele, in denen kommen die Standards dann auch nicht so gut, das hatten wir jetzt möglicherweise auch. Ja, Standardsituationen gehören dazu - aber was soll ich sagen? Die Thematik verstehe ich jetzt nicht ganz. Wir versuchen, wieder Standardtore zu schießen."

BVB: Elf Bundesligateams erzielen mehr Standardtore

Nachdem sich zuvor auch Marco Reus, Giovanni Reyna, Thorgan Hazard oder Guerreiro bei Ecken versuchten, hat sich mittlerweile Brandt als erster Schütze etabliert. Dessen Versuche spiegeln meist die Problematik wider, mit der er als Spieler zu kämpfen: mal Licht, mal Schatten. In Sachen Erfolgsquote der Eckbälle, die in den Strafraum gespielt wurden, liegt Dortmund mit rund 34 Prozent angekommener Hereingaben im Ligaschnitt.

Blickt man auf die vergangenen vier Spielzeiten, weist das Team von Rose derzeit immerhin die beste Quote auf. 15 der 64 erzielten Treffer, also 23 Prozent, sind aktuell nach ruhenden Bällen erzielt worden. In der Vorsaison kam man dort auf 21 Prozent, 2019/20 gar nur auf 14 Prozent. Allerdings gehört trotz der minimalen Verbesserung auch zur Wahrheit, dass in der Bundesliga elf Mannschaften mehr Tore nach Standards erzielt haben als der BVB - und Dortmund zusammen mit Leipzig auch die meisten Elfmeter zugesprochen bekam (7).

Es mangelt den Westfalen, die in 24 Bundesligaspielen 64 Tore erzielten, gewiss nicht an offensiver Durchschlagskraft. An Variantenreichtum dagegen schon. Auch bei defensiven Standards besteht reichlich Luft nach oben, gerade hinsichtlich des Willens, die in den Sechzehner fliegenden Bälle auch mit Vehemenz kompromisslos zu verteidigen.

"Alexander Zickler arbeitet sich da rein, zusammen mit unserem Videospezialisten Daniel Ackermann", hatte Rose im Herbst angekündigt. Vielleicht lässt am Sonntag gegen Bielefeld ja die 18. Abwehrformation erste Fortschritte erkennen.

BVB-Spielplan in den kommenden Wochen

DatumWettbewerbGegner
Sonntag, 13.03., 17.30 UhrBundesligaArminia Bielefeld (Heim)
Mittwoch, 16.03., 18.30 UhrBundesligaFSV Mainz 05 (Auswärts)
Sonntag, 20.03., 19.30 UhrBundesliga1. FC Köln, (Auswärts)
Samstag, 02.04., 18.30 UhrBundesligaRB Leipzig (Heim)
Freitag, 08.04., 20.30 UhrBundesligaVfB Stuttgart (Auswärts)