Kommentar zum Rücktritt von Max Eberl bei Borussia Mönchengladbach: Die Gemütlichkeit ist vorbei

Von Fatih Demireli
Borussia Mönchengladbach, Max Eberl
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Max Eberl ist nicht mehr Sportdirektor von Borussia Mönchengladbach. Sein Schritt und die Art der Verkündung seines Rückzugs verdienen viel Respekt. Der 48-Jährige hinterlässt eine große Lücke, die nun die schließen müssen, die Eberls Leiden offenbar nicht erkannt haben. Ein Kommentar.

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Am Donnerstagabend erhielt die deutsche Fußball-Welt eine Nachricht mit Knall-Effekt: Max Eberl (48) hört mit sofortiger Wirkung als Sportdirektor von Borussia Mönchengladbach auf. Am Freitag erfolgte auf der außerordentlich anberaumten und hoch emotionalen Pressekonferenz des Klubs die Bestätigung.

Doch die Diskussionsgrundlage hat sich von Donnerstag auf Freitag radikal verändert. Hatte man in den Stunden zuvor noch herzlich darüber spekulieren können, dass sich Eberl zu einem anderen Klub verändern könnte, weswegen ihm bei Social Media sogar "Verrat" vorgeworfen wurde, blieb man am Freitag ab 14 Uhr erst einmal sprachlos.

Ein Manager des knallharten Bundesliga-Geschäfts, der seit Jahren mit Millionen jongliert und sich europaweit einen großen Namen gemacht hat, sagt unter bitteren Tränen: "Ich will hier raus!" Es wirkte nicht nur wie ein Hilferuf. Es war einer.

Gladbach-Manager Eberl geht einen den mutigen Weg

Bevor man über alles andere spricht, muss man Eberl viel Respekt zollen: In einer Welt, in der schon angehenden Fußballern im Kindesalter gesagt wird, dass sie keine Schwäche zeigen sollen; in einer Welt, in der Stärke, Größe, Breite die maßgeblichen Attribute für Erfolg sind, hat er die Kraft und die Größe, vor die Öffentlichkeit zu treten und zu sagen, dass er sich dazu nicht mehr in der Lage sieht.

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Hätte Eberl gar nichts gesagt und der Klub die Trennung am Donnerstag in einer Pressemitteilung mitgeteilt, hätte alles seinen gewohnten Lauf genommen. Eberl hätte Kritik einstecken müssen, dass er in dieser sportlich misslichen Lage geht.

Man hätte ihm seine Fehler aufgezählt und irgendwann wäre das Thema durch gewesen. Weil Eberl seit über einem Jahrzehnt so erfolgreich gearbeitet hat, wäre er dann medial überall im Gespräch gewesen. Sogar beim FC Bayern.

Aber Eberl wollte das nicht. Er ging diesen Weg ganz bewusst. Er wollte mitteilen, dass er schon seit längerer Zeit leidet, dass jetzt damit jetzt Schluss sein muss, dass es keinen Tag länger zu ertragen ist. Man darf nicht spekulieren, wenn es um die Gesundheit eines Menschen geht, aber Eberl erweckte nicht den Eindruck, dass er sich eine Auszeit auf Zeit nimmt und bald wieder zurückkommt. Aber auch das war ihm gleichgültig. Es ist ein Ende eines Weges, den Eberl auf der Pressekonferenz "mein Leben" nannte. Das darf ruhig mal wirken.

Schon im Oktober wollte Eberl aufhören

Eberl hatte die Güte, auf der Pressekonferenz auch die Frage über seinen Nachfolger zu beantworten. Doch das ist nicht mehr sein Thema. Die Antworten müssen jetzt die aufbringen, die es sich in den letzten Jahren in der zweiten Reihe des VfL gemütlich gemacht haben. Schon die Pressekonferenz im Borussia-Park war sinnbildlich. Trotz großer Emotionen und vieler Tränen war es Eberl, der die klarsten Aussagen treffen konnte.

Natürlich haben Präsident Rolf Königs, Präsidiumsmitglied Rainer Bonhof und Finanzchef Stephan Schippers ebenso gelitten, weil ein ewiger Weggefährte die Ausfahrt nimmt. Aber weil es eben so ein langer Weg war, hätten sie ihm vielleicht viel früher helfen können und nicht erst an dem Punkt, an dem man sich Sorgen um Eberl machen muss.

Schon im Oktober hat Eberl intern klar zum Ausdruck gebracht, dass er das Geschäft nicht mehr mitmachen will. Eberl verteidigt zwar seine Mitstreiter, indem er sagt: "Der Klub konnte nicht merken, wie es mir geht. Ich habe meinen Job ganz normal weiter gemacht. Ich habe nicht zugelassen, dass jemand merkt, wie es mir geht."

Die Auszeit nach der Vertragsverlängerung: Zeichen nicht erkannt

Aber klar ist auch, dass Eberl beim Präsidium nicht vorstellig wurde, weil er keine Lust mehr auf den Job in Gladbach hat, sondern weil er sich dazu nicht mehr in der Lage sah. Das ist ein Unterschied, den man erkennen muss und die vielen Versuche, Eberl vom Verbleib zu überzeugen, erübrigen lassen sollten.

Auch die Auszeit von einem Monat nach der Vertragsverlängerung im Winter 2020 ist aus dem neuen Blickwinkel von heute ein Hinweis darauf, dass die Rolle als Einzelkämpfers nicht spurlos an Eberl vorbeigegangen ist und er diesen ungewöhnlichen Weg nahm.

Die Gladbacher Chefs haben die klaren Zeichen offenbar nicht erkannt und hofften, wie Bonhof auf der Pressekonferenz zugab, zumindest bis Saisonende auf das Durchhaltevermögen Eberls. Ein Trugschluss.

Die Frage ist: Mit welchen Folgen? Gladbach steht bei weitem nicht so schlecht da, wie damals als Eberl übernahm, obwohl es im Klub Widerstände gab und Stefan Effenberg seine Lobby nutzte, um die starke Rolle zu übernehmen. Eberl gewann den Machtkampf, machte aus einem abstiegsbedrohten Bundesligisten mit einem unterdurchschnittlichen Kader einen Champions-League-Klub. Gladbach ging als Sieger hervor wie die letzten Jahre zeigen.

Aber heute muss der Klub wieder wichtige Entscheidungen treffen. Er muss einen neuen Sportchef installieren, er muss das Mannschaftsbild für die Zukunft festlegen. Viel wichtiger aber muss eine Struktur geschaffen werden, die eine Perspektive bietet. Präsident Königs (80), die Präsidiumsmitglieder Hans Meyer (79) und Rainer Bonhof (70) werden nicht alle innovativen Antworten für die Zukunftsgestaltung des VfL Borussia Mönchengladbach haben. Bis es aber so weit ist, bis all diese Fragen geklärt sind, ist die Zeit der Gemütlichkeit vorbei.

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