"Bester Nachwuchsinnenverteidiger Lateinamerikas": Leverkusen-Glücksbringer Piero Hincapie hatte seine Feuertaufe gegen Lionel Messi

Von Stanislav Schupp
Piero Hincapie im Zweikampf mit Lionel Messi.
© imago images

Piero Hincapie ist ein (noch) unbeschriebenes Blatt im deutschen Fußball. Gegen die ganz Großen hat sich der Leverkusener dafür schon mal beweisen dürfen.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

"Ein Kompliment an die Scoutingabteilung in Leverkusen", lobte Reiner Calmund, langjähriger Boss der Werkself, im Gespräch mit SPOX und Goal den anfänglichen Höhenflug des Teams, der mit der 1:5-Niederlage gegen den FC Bayern München (vorerst) ein jähes Ende fand.

Die Verluste der erfahrenen Bender-Zwillinge und von Aleksandar Dragovic sowie der Ausfall des zu Saisonbeginn verletzten Leistungsträgers Edmond Tapsoba seien in der Defensive ideal abgefangen worden. "Die Neuzugänge Mitchel Bakker, Odilon Kossounou und auch Piero Hincapie, der ja etwas später dazu kam, haben sofort eingeschlagen", ergänzte Calmund.

Bis zu besagtem Duell mit dem Rekordmeister hatte Bayer nur sieben Bundesliga-Gegentore kassiert - seinerzeit zweitbester Wert der deutschen Beletage. Vor allem der 19-jährige Hincapie, erst seit Mitte August Teil der Mannschaft, weist eine wahre Erfolgsquote im Bayer-Dress auf: Wenn der Innenverteidiger auf dem Platz stand, ging keine Partie verloren (sieben Spiele, fünf Siege, zwei Remis, fünf Gegentore).

Gegen die Bayern kam der Ecuadorianer nicht zum Einsatz, da er erst kurz vor knapp vom Länderspiel in Kolumbien zurückgekehrt war.

Piero Hincapie: Leistungen gegen Messi und Co. als Vergewisserung

Die Nationalmannschaft war es auch, bei der der in Südamerika hoch angesehene Youngster so richtig auf sich aufmerksam machte.

Bei der vergangenen Copa America zählte Hincapie zu den größten Entdeckungen des Turniers. Der Linksfuß feierte am ersten Gruppenspieltag gegen Kolumbien sein A-Nationalmannschaftsdebüt - und stand anschließend in allen Paarungen bis zum Viertelfinal-Aus gegen Argentinien über die volle Distanz auf dem Platz. Auch gegen die Albiceleste um Lionel Messi oder auch Brasilien mit Roberto Firmino und Vinicius Junior überzeugte der Jungspund.

"Natürlich haben wir ihn schon länger beobachtet", sagte Leverkusens Sportdirektor Simon Rolfes bei der Verkündung des Hincapie-Deals: "Seine sehr guten Leistungen gegen absolute Weltklasse-Spieler beim großen Kontinentalturnier in Südamerika haben uns dann in unserer Einschätzung bestätigt, dass Piero eine vielversprechende Zukunft hat."

Piero Hincapie: Der moderne Innenverteidiger

Seine ersten fußballerischen Gehversuche unternahm Hincapie in seiner Heimat bei CS Norte America und Deportivo Azogues, ehe er mit 14 Jahren in die Nachwuchsakademie von Independiente del Valle wechselte. Sie gilt als beste des Landes und eine der wichtigsten in ganz Südamerika.

Bereits in jungen Jahren bestach Hincapie als moderner Innenverteidiger: Der Abwehrmann ist technisch versiert und stark im Spielaufbau. In der Gruppenphase der Copa America spielte Hincapie die meisten angekommenen Pässe nach vorne (89). Der Nationalspieler strahlt trotz seines Alters bereits enorm viel Ruhe am Ball aus. Hinzu kommt seine Zweikampfstärke, wobei er mit 1,84 Meter in Sachen Luftzweikämpfe noch Entwicklungspotenzial hat.

Bei Independiente feierte Hincapie im August 2019 sein Profidebüt. Auch in jenem Sommer überzeugte der Teenager auf internationaler Basis, als er die ecuadorianische U17 als Kapitän bei der Südamerikameisterschaft anführte und das Interesse aus In- und Ausland auf sich zog. Insgesamt kam Hincapie bei Independiente auf drei Einsätze. Im Sommer 2020 folgte der Schritt nach Argentinien zu Club Atletico Talleres.

Klub-Präsident Andres Fassi war hin und weg von seinem neuen Schützling und bezeichnete Hincapie als den "besten Nachwuchsinnenverteidiger Lateinamerikas."

Hincapie gehört zu 50 Prozent einem Unternehmen

Bei Talleres blieb Hincapie nur 22 Pflichtspiele lang. Denn bereits ein Jahr später zog er weiter zu Bayer Leverkusen. Die Werkself zahlte für den zehnfachen Nationalspieler, dessen Transferrechte zu 50 Prozent der mexikanischen Fußball-Unternehmensgruppe Grupo Pachuca gehören, knapp sechs Millionen Euro Ablöse und stattete das Juwel direkt mit einem Fünfjahresvertrag aus.

Dabei setzte sich der Bundesligist gegen namhafte Konkurrenz durch. Der Mundo Deportivo zufolge waren unter anderem auch der FC Bayern München, PSG, die AS Rom, AC Milan sowie Atletico Madrid an Hincapie dran.

Hincapie: Viel Lob und der große Traum von Spanien

Hincapie gab also die Nähe zu seiner Heimat auf und folgte dem Ruf aus Deutschland. Trotz junger Jahre und dem ersten Schritt über den Atlantik knüpfte er auch in Leverkusen direkt an seine Stärken an.

In der Europa-League-Partie bei Celtic Glasgow (4:0) feierte Hincapie sein Startelfdebüt und erzielte direkt seinen ersten Profitreffer. "Schon in den letzten zwei, drei Einsätzen haben wir gemerkt, dass er total belastungsresistent ist, was die Atmosphäre anbelangt", schwärmte Cheftrainer Gerardo Seoane anschließend: "Er ist sehr ruhig geblieben, hatte eine gute Spielauflösung und hat viele Duelle gewonnen. Das Tor war das i-Tüpfelchen, da es natürlich nicht seine Hauptaufgabe ist."

Auch auf Nationalmannschaftsebene erntete der junge Ecuadorianer viel Lob. "Piero dient als Beispiel, weil wir über einen sehr aufopferungsvollen Jungen sprechen, der viel für das gekämpft hat, was er bekommen hat", sagte Nationaltrainer Gustavo Alfaro einst über Hincapie. Es sei eine Botschaft "für alle, die in Ecuador Fußball spielen, dass Opfer manchmal ihren Preis haben. Das Trikot der Nationalmannschaft kann sie an einen völlig anderen Ort bringen, als sie sich vielleicht erträumt hätten."

Hincapie selbst verfolgt einen ganz konkreten Traum, Südeuropa soll es einmal werden. "Ich würde gerne in Spanien spielen", verriet er vor einiger Zeit im Gespräch mit Futbolemico.

Doch bis dahin "muss ich zu kleineren Vereinen gehen, um mich an die Spitze zu arbeiten." Der erste Schritt dorthin ist bis hierher gelungen.

Artikel und Videos zum Thema