Lewis Holtby als Führungsspieler im HSV-Abstiegskampf im Fokus: Fast schon wie Will

Lewis Holtby erzielte das zwischenzeitliche 2:0 beim HSV-Sieg über den VfL Wolfsburg.
© getty

Der Hamburger SV kratzt nach dem 3:1-Sieg gegen den VfL Wolfsburg erneut am für unmöglich geglaubten Klassenerhalt. Hamburg tritt kraftvoll, mutig und mit spielerischer Finesse auf. Kein Spieler verkörpert den HSV in diesen Wochen mehr als Lewis Holtby, der vor wenigen Monaten nicht einmal in der zweiten Mannschaft ran durfte.

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Von Nokia 3310 bis The Undertaker: die immer wieder verblüffende Resistenz des HSV provozierte nach dem wichtigen Dreier gegen den VfL viele derartige Vergleiche.

Es herrschte jedoch Konsens darüber, dass "dieser blöde HSV" schlicht und einfach besser spielt als die restliche Konkurrenz im Tabellenkeller. Der "bedingungslose Einsatz für den HSV", den Klub-Ikone Felix Magath vor rund zwei Wochen noch vermisste, hat längst wieder Einzug erhalten.

Vor allem Holtby läuft aktuell zur absoluten Höchstform auf. Auch gegen die Wölfe ging der neue Leader des Teams mit großen Schritten voran. Holtby bestritt die meisten Zweikämpfe (20), verbuchte die meisten Balleroberungen (8) und spulte die meisten Kilometer ab (12,84). Nebenbei erzielte er per Kopf seinen vierten Treffer in den jüngsten fünf Partien.

Lewis Holtby: Heatmap vom Spiel gegen Wolfsburg

Lewis Holtby: "Ich bin fast schon wie Will Grigg"

Holtby ist on fire. "Ich bin fast schon wie Will Grigg", sagte Holtby nach dem Auswärtssieg bei den Wölfen in der Mixed Zone.

Dabei stand der 27-Jährige vor nicht allzu langer Zeit noch auf dem Abstellgleis, abholbereit in Hamburg-Stellingen. Unter Markus Gisdol und Bernd Hollerbach spielte Holtby auch verletzungsbedingt keine Rolle. Gisdol verwehrte dem Offensivallrounder gar einen Einsatz in Hamburgs U23. Holtby wollte Spielpraxis, Gisdol "nicht unseren Talenten den Platz nehmen".

Mit Titz übernahm zum 27. Spieltag Holtbys einstiger Individualtrainer den designierten Absteiger. Trotz des freundschaftlichen Verhältnisses sollte sich Holtby erst beweisen müssen, was er tat. Titz öffnete Holtby die Tür und der dreifache Nationalspieler sprang hindurch.

Tiki-Taka beim HSV - erstmals seit vier Jahren wieder Fußball

"Er gibt mir das Vertrauen. Ich habe schon mal gesagt: Wenn man mir das Vertrauen gibt und Fußball spielen will, dann zahle ich das auch zurück", sagte Holtby über seinen Trainer. In der Tat spielt der HSV Fußball. Die Mannschaft, der in Teilen der Saison die Drittliga-Tauglichkeit abgesprochen wurde, erspielt (!) sich plötzlich Torchancen.

"Teilweise war ich echt stolz, wie wir den Ball haben laufen lassen - wie wir teilweise schon fast Tiki-Taka gespielt haben. Dazu fighten wir und sind griffig. Es macht mir einfach Spaß", schwärmte Holtby vom Hamburger Spiel.

Holtby schoss mit seiner emotionsgeladenen Euphorie auch am Samstagabend wieder übers Ziel hinaus: "Wir spielen das erste Mal seit vier Jahren Fußball. Das sind harte Töne, aber ich stehe dazu, weil es die Wahrheit ist."

Ein Seitenhieb gegen die gescheiterten Trainer der vergangenen Jahre, der Titz ein wenig missfiel: "Lewis ist wirklich ein herzensguter Mensch mit einer unglaublich hohen Sozialkompetenz. Aber wenn man ihn direkt nach Spielende ans Mikrofon bekommt, dann hat er eine Euphorie in sich und dann rutscht ihm der eine oder andere Satz heraus, den er später so nicht mehr sagen würde."

HSV mit stolzgeschwellter Brust ins "Halbfinale"

Völlig egal. Alfred Preißler würde sagen: "Entscheidend ist auf'm Platz." Und das spricht für Holtby. "Auch wenn im Übermut manchmal der eine oder andere blöde Ton von mir kommt - das Gute ist, dass wieder viel dahintersteckt und wir alle Vollgas geben", sagte Holtby. Vollgas fürs Wunder, das auch dank Holtby wieder möglich scheint.

PlatzTeamSp.ToreDiff.Pkt.
..................
13.Hannover 963239:50-1136
14.1. FSV Mainz 053235:49-1433
15.SC Freiburg3229:53-2433
16.Wolfsburg3231:43-1230
17.Hamburger SV3227:49-2228
18.1. FC Köln3233:63-3022

Der Glaube ist zurück an der Alster, kaum eine Spur von Verunsicherung. "Ich wusste immer, dass ich ein guter Kicker bin", sagte Holtby und sprach dabei seinen Teamkollegen aus der Seele.

Trotz des einen oder anderen Wacklers in der Defensive oder manches schlecht ausgespielten Konters ziert die Raute wieder eine stolzgeschwellte Brust. "Das Wichtigste ist, dass wir das Wir-Gefühl wieder entwickelt haben", meint Holtby.

Noch ist das Ziel Relegation aber lange nicht erreicht. "Das Viertelfinale haben wir überstanden, jetzt kommt das Halbfinale in Frankfurt", sagte Holtby. Im möglichen Endspiel am 34. Spieltag empfängt der HSV schließlich Borussia Mönchengladbach.

Das Restprogramm für Freiburg, Mainz und Wolfsburg

Spieltag1. FSV Mainz 05SC FreiburgVfL Wolfsburg
33Borussia Dortmund (A)Bor. Mönchengladbach (A)RB Leipzig (A)
34Werder Bremen (H)FC Augsburg (H)1. FC Köln (H)

Sprachrohr Holtby ist voll motiviert: "Wir haben noch zwei dicke Spiele. Ich freue mich schon auf das nächste." Der HSV geht mit einer lange vermissten Wucht in den Saisonendspurt - gezogen von Holtby, der auch das letzte Bisschen Will Grigg aus sich rauskitzeln will.

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