"Wir stehen jeden Tag unter Druck"

Jerome Boateng (l.) ist bei Trainer Pep Guardiola in der Abwehr gesetzt
© getty

Er ist Weltmeister und Champions-League-Sieger und beim FC Bayern sowie bei der deutschen Nationalmannschaft gesetzt. Jerome Boateng hat mit 26 schon viel erreicht. SPOX traf den Innenverteidiger beim Nike Innovation Summit in Birmingham und sprach mit ihm über den Platzverweis gegen Schalke, die Konteranfälligkeit des FC Bayern und die Arbeit von Pep Guardiola.

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SPOX: Jerome, wie haben Sie die Szene erlebt, die zu Ihrer Roten Karte gegen Schalke führte?

Jerome Boateng: Das war eine unglückliche Szene. Ich bin den entscheidenden Schritt zu spät gekommen, aber das kann passieren.

SPOX: Werfen Sie sich in dieser Szene etwas vor?

Boateng: Mein erster Instinkt war, dass ich noch etwas retten kann, bevor Sidney Sam alleine vor Manuel Neuer aufs Tor schießt. Man kann das sicher als Fehler von mir bezeichnen, aber daraus lerne ich. Ich habe mich anschließend bei Manuel bedankt, dass er den Elfmeter gehalten hat.

SPOX: Bastian Schweinsteiger hat nach dem Spiel gesagt, dass der FC Bayern jetzt in Stuttgart gewinnen muss. Das ist gelungen. Aber hat sich die Mannschaft durch die ersten beiden Spiele in der Rückrunde nicht doch unnötig unter Druck gesetzt?

Boateng: Wir hätten schon vorher gewinnen müssen. In Wolfsburg haben wir eine ganz schlechte Leistung gezeigt, da hat nicht viel gepasst. Gegen Schalke wäre es ein anderes Spiel geworden, wenn wir zu elft zu Ende gespielt hätten. Schalke hat sich nur hinten reingestellt. Trotzdem sind wir in Führung gegangen und hätten gewinnen können. Wir haben uns nicht extra unter Druck gesetzt, weil wir beim FC Bayern jeden Tag unter Druck stehen. Wir haben einen tollen Kader, der damit gut umgehen kann. Und das werden wir auch wieder zeigen, am besten schon in Stuttgart.

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SPOX: Hat das Wolfsburg-Spiel die vielleicht einzige Schwäche, die Konteranfälligkeit, des FC Bayern offengelegt?

Boateng: Wir haben in der Hinrunde nur vier Tore kassiert, das kann nur bedeuten, dass wir auch in dieser Hinsicht viel richtig gemacht haben. Wir haben das Wolfsburg-Spiel analysiert und unsere Fehler in diesen 90 Minuten erkannt.

SPOX: Kurze Nachfrage: Ist der Stil der Wolfsburger, tief zu stehen und auf Konter zu lauern, die einzige Möglichkeit, den Bayern Paroli zu bieten?

Boateng: Die meisten Mannschaften spielen gegen uns defensiv, aber wir hatten in der Hinrunde auch Teams, wie beispielsweise Mainz, die uns mit viel Laufarbeit früh attackiert haben. Ich persönlich spiele lieber gegen Mannschaften, die nicht nur hinten drin stehen.

SPOX: Wird Wolfsburg auf Dauer der ärgste Konkurrent des FC Bayern sein?

Boateng: Sie haben eine sehr gute Mannschaft und mit Andre Schürrle einen weiteren Topspieler verpflichtet. Wolfsburg muss man in Zukunft absolut auf der Rechnung haben.

SPOX: Im Gegensatz zu Borussia Dortmund, zumindest derzeit. Wie bewerten Sie die Lage beim BVB?

Boateng: Das zeigt, dass man im Fußball nichts geschenkt bekommt, sondern immer hart arbeiten muss. Was Dortmund gerade passiert, könnte uns vielleicht auch passieren.

SPOX: Sie haben in den letzten drei Jahren viele Titel gewonnen, darunter mit der Champions League und der Weltmeisterschaft die wichtigsten im Fußball. Es gab oder gibt Spieler, die nach solchen Erfolgen von einem gewissen Spannungsabfall sprechen. Besteht diese Gefahr auch bei Ihnen?

Boateng: Nein, mein Anspruch ist es, so viele Titel wie möglich zu gewinnen. Gerade die Champions League ist ein Wettbewerb, den man so oft es geht gewinnen will, weil dort einfach die besten Mannschaften spielen. Das macht es besonders reizvoll.

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SPOX: Gibt das 0:4 gegen Real Madrid aus der letzten Saison zusätzliche Motivation?

Boateng: Für Champions-League-Spiele braucht es keine Extra-Motivation. Ich denke, wir haben in diesem Jahr gute Chancen. Wir sind personell noch stärker als letzte Saison und arbeiten das zweite Jahr mit dem Trainerteam zusammen. Das sind gute Voraussetzungen, aber es gibt viele Mannschaften, die zurecht den Anspruch haben, die Champions League zu gewinnen.

SPOX: Das Finale findet dieses Jahr in Ihrer Heimatstadt in Berlin statt.

Boateng: Das wäre für mich als Berliner natürlich eine riesen Sache, dort ein Champions-League-Finale zu spielen. Wir haben mit Bayern in Berlin die Meisterschaft klargemacht und den DFB-Pokal geholt. Für mich wäre nach dem Triple 2013 das persönliche Triple, dort auch die Champions League zu gewinnen. Ich mag die Stadt, umso schöner wäre es, in Berlin diesen Titel zu holen.

SPOX: Sie haben die Arbeit von Pep Guardiola und seinem Team angesprochen. Inwieweit profitieren Sie persönlich vom Trainer?

Boateng: Ich habe bis jetzt schon viel von ihm gelernt. Er hilft mir sehr bei taktischen Sachen. Wie ich mich zu verhalten habe mit oder ohne Ball. Er ist ein absoluter Weltklassetrainer und man sieht an unserer Spielweise, dass wir uns unter Guardiola weiterentwickelt haben. Wir lernen jeden Tag unter ihm.

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