"Worst-Case-Denken" in Nürnberg

SID
Michael Wiesinger zweifelt nicht an der Qualität des Nürnberger Kaders
© getty

Michael Wiesinger hat sich eineinhalb Wochen nach seiner Entlassung als Trainer des 1. FC Nürnberg erstmals zu den Umständen seiner Demission Stellung bezogen. Der 40-Jährige glaubt, dass die negative Haltung im Umfeld immer wieder Unruhe in den Verein trägt. Die Mannschaft verteidigte er als charakterlich intakt.

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"Es ist in Nürnberg eine negative Denkweise verankert, gegen die man laufend ankämpfen muss. Das Umfeld hier ist immer nervös, es gibt ein Worst-Case-Denken", sagte Wiesinger im Interview mit "Sport Bild": "Als wir vor der Saison mit Timmy Simons und Timm Klose zwei wichtige Spieler verloren haben, ist uns das immer wieder vorgehalten worden."

Der langjährige Club-Profi machte klar, dass aus seiner Sicht beim 1. FC Nürnberg "ein anderes Denken" Einzug halten müsse, um langfristig Ruhe in den Verein zu bringen. Seine Entlassung nach der 0:5-Niederlage gegen den Hamburger SV habe ihn dagegen nicht überrascht: "Ich wusste, was kommt."

Mangelnde Rückendeckung

Die Gründe für seine Entlassung liegen für Wiesinger auf der Hand: "Uns hat einfach ein Sieg gefehlt. Gerade die Heimspiele gegen Berlin und Augsburg hätten wir gewinnen müssen." Allerdings räumte er auch ein, von seinem ersten Tag als Chefcoach "immer gewisse Vorbehalte" im Umfeld gespürt zu haben.

Allein Sportchef Martin Bader habe ihm stets Rückendeckung gegeben. Doch bereits in der erfolgreichen Rückrunde 2012/13 mit 24 Punkten und dem erfolgreichen Klassenerhalt "kamen da im Umfeld schon Zweifel auf."

Schließlich zog der Club-Sportchef doch die Notbremse. "Ich war gerade auf dem Rückweg von der Trainertagung in Frankfurt. Da klingelte mein Handy", schilderte Wiesinger: "Ich bin noch während des Telefonats mit Martin auf einen Rasthof gefahren."

Der Moment sei emotional gewesen. "Es sind keine Tränen geflossen, aber ich musste das erst einmal verarbeiten", so der Ex-Coach: "Ich weiß ja, dass das Geschäft so ist, aber in dem Moment ist man schon sehr deprimiert."

"Mannschaft ist intakt"

Medienberichten, wonach es zwischenmenschliche Probleme unter den Spielern geben soll, widersprach Wiesinger unterdessen: "Ich denke, die Mannschaft hat eine gute Mischung mit Raphael Schäfer als Führungsspieler. Es gibt viele erfahrene Spieler, auch viele talentierte. Was fehlt, ist eine Mittelschicht. 25 bis 30 Jahre alte Spieler, die die Verbindungsleute sind. Aber die Mannschaft ist intakt."

Der 40-Jährige stellte zudem klar, dass die Suspendierung von Mittelfeldspieler Hanno Balitsch im September "eine rein sportliche Entscheidung" war. An der Klasse des Kaders hat er keine Zweifel: "Die Mannschaft hat genug Qualität und eine gute Mentalität. Ich bin zu 100 Prozent überzeugt, dass der FCN drinbleibt."

Michael Wiesinger im Steckbrief

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