"Bayern ein grandioses Lebenswerk"

Rosen (2.v.l.) mit 1899-Geschäftsführer Rettig (l.) und Leverkusens Völler (2.v.r.) bei der Phantomtor-Verhandlung
© getty

Eine stetige Abfolge von Extremsituationen: Alexander Rosen scheiterte selbst als Profi - aber als jüngster Manager der Bundesliga bringt er Hoffenheim zurück in die Erfolgsspur. Der Direktor Profifußball vor dem Spiel gegen den FC Bayern (Sa., 15.30 Uhr im LIVE-TICKER) über die neue Zeitrechnung bei 1899.

Anzeige
Cookie-Einstellungen

SPOX: Die vergangenen sieben Monate verliefen mit der Beförderung aus dem Nachwuchsbereich zum Verantwortlichen der Bundesliga-Mannschaft höchst abwechslungsreich. Wie turbulent war es tatsächlich?

Alexander Rosen: Ich habe in den vergangenen sieben Monaten in der Tat in sehr kurzer Zeit eine Menge außergewöhnlicher Erfahrungen machen dürfen. Das Spiel gegen Leverkusen, der Einspruch gegen die Wertung und die anschließende Verhandlung beim DFB sind sicher ein treffendes Beispiel dafür. Es wird nicht langweilig bei uns, aber wir haben ein herausragendes Team und bekommen das bislang alles gut hin.

SPOX: Das Phantomtor haben Sie verdaut?

Rosen: Die Emotionen direkt nach dem Spiel und der Aufwand in den folgenden Tagen bei der Aufarbeitung der Geschehnisse waren natürlich gewaltig. Das Thema ist nun aber abgehakt. Es wurde alles dazu gesagt, das DFB-Sportgericht hat entschieden und wir müssen das so akzeptieren, auch wenn wir sehr enttäuscht waren.

SPOX: Sie standen plötzlich extrem im Fokus. Dabei hatten Sie sich zu Beginn Ihrer neuen Tätigkeit öffentlich auffällig im Hintergrund gehalten. Ist Ihnen die Arbeit mit den Medien womöglich zuwider?

Rosen: Nein, nein. Interviews sind mir nicht zuwider, es macht mir nichts aus. Im Gegenteil: Ich weiß, dass Medienarbeit zu meinem Job gehört und mache das grundsätzlich auch gerne. Meine Zurückhaltung damals lag in meinem Credo begründet, das ich mir auferlegt habe, als wir in einer äußerst schwierigen Situation Anfang April übernommen hatten: "Zuerst handeln, dann reden." Uns stand nur sehr wenig Zeit zur Verfügung und gleichzeitig sahen wir uns sehr vielen, anspruchsvollen Aufgaben gegenüber. Es gab permanent Gespräche zu führen und weitreichende Entscheidungen zu treffen. Da war und blieb einfach etwas weniger Zeit für andere Bereiche.

SPOX: Wollten Sie trotz Ihrer rhetorischen Fähigkeiten bewusst kein Lautsprecher sein?

Rosen: Meine Selbstwahrnehmung sah folgendermaßen aus: Ich bin ein junger Manager und möchte zunächst einmal Schritt für Schritt mit den Themen wachsen, auch wenn in der Bundesliga oftmals viel Druck herrscht. Die Aufgaben waren herausfordernd und die Zeit extrem knapp. Diese Kombination veranlasste mich dazu, auf der Handlungsebene Vollgas zu geben. Daher wollte ich zunächst einmal mit Taten auf mich aufmerksam machen. Ich denke, wir haben mittlerweile eine gute Balance gefunden.

SPOX: Sie kennen das Innenleben des Klubs, wechselten bereits 2009 als Spieler zur zweiten Mannschaft von Hoffenheim und wurden 2010 zum Sportlichen Leiter des Nachwuchsleistungszentrums ernannt. Doch was genau überraschte Sie am meisten in Ihrem neuen Job?

Rosen: Es gab keine Aufgaben, die mir komplett neu waren. Meine vorherige Funktion als Leiter des Leistungszentrums hatte mich vorbereitet: Kaderplanung, Mitarbeit an der strategischen Ausrichtung, sportliche Philosophie, die vielen Gespräche mit Spielerberatern, die Netzwerke nach außen pflegen, die Teilnahme an DFB- und DFL-Tagungen. Die Besonderheit ist das Volumen auf allen Ebenen. In der Bundesliga ist alles zwei Nummern größer: das mediale Interesse, die zu hantierenden Beträge.

SPOX: Hatten Sie Befürchtungen, wie Sie von den Großkopferten der Manager-Zunft aufgenommen werden?

Rosen: Natürlich macht man sich darüber am Anfang Gedanken. Vor allem vor der ersten Manager-Tagung, als alle 18 Manager zusammenkamen. Den einen oder anderen kannte ich schon: so spielte ich zum Beispiel mit Horst Heldt während meiner Zeit bei Eintracht Frankfurt zusammen. Am Ende des Tages wurde ich aber absolut respektvoll und ohne Ressentiments im Kreis der bereits Etablierten aufgenommen.

SPOX: Anders als Sammer, Völler oder Heldt blieb Ihnen eine große Spielerkarriere verwehrt, dabei hätten Sie nach Meinung vieler die Begabung für eine zumindest respektable Bundesliga-Karriere mitgebracht. Sie selbst sagten einmal: "Als Spieler war ich mental nicht widerstandsfähig und robust genug." Wie eigneten Sie sich diese Qualität an, um es als Manager zu schaffen?

Rosen: Für mich als Spieler kann man den Satz so stehen lassen, denn ich war gerade zu Beginn meiner Laufbahn ungeduldig und nicht hartnäckig genug. Eine generelle Stressresistenz und Robustheit ist bei mir aber durchaus vorhanden, anders hätten wir die zahlreichen Extremsituationen als Team auch gar nicht bewältigen können.

SPOX: Bereuen Sie es, freiwillig Frankfurt verlassen zu haben?

Rosen: Ich bereue meine Entscheidungen heute nicht mehr, obwohl ich zum damaligen Zeitpunkt sicher auch einmal vermeintlich falsch gelegen bin. Heute weiß ich, dass das ganz wichtige Erfahrungen für meinen weiteren Werdegang waren. Ich habe Fehler gemacht, aber daraus gelernt. Das verschafft mir eine gewisse Authentizität, wenn ich heute mit den Jungs rede. Sie nehmen es wahr und verstehen vielleicht, welche Fehler sie selbst vermeiden sollten.

Hier geht's zu Teil II: Rosen über Vorbild Hoeneß und den neuen, alten Weg