Den Stuttgarter Weg mit Leben füllen!

SID
Der VfB Stuttgart war in der abgelaufenen Saison die drittbeste Rückrunden-Mannschaft
© Getty

Nach der Saison ist vor der Saison! Die Bundesligisten arbeiten längst mit Hochdruck auf die Spielzeit 2012/2013 hin. SPOX beleuchtet die Baustellen aller 18 Vereine - im Duett mit einem Mitglied der User-Redaktion. Diesmal: Der VfB Stuttgart.

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Von SPOX-Redakteur Florian Regelmann

Der VfB war die drittbeste Rückrunden-Mannschaft. Der VfB hat in der Rückrunde 40 Tore geschossen. Nur der BVB (45) war besser. Wen würde es jetzt wundern, wenn Stuttgart in der kommenden Saison im Winter in der Krise steckt? Richtig, es würde absolut niemanden wundern.

Warum auch? Schließlich war das seit einer gefühlten Ewigkeit jeden Winter so. Es ist deshalb eine recht kuriose Situation beim VfB. Auf der einen Seite sollte die Rückrunde und das Auftreten der Mannschaft eigentlich Anlass zu Optimismus geben, das tut es auch irgendwie, aber auf der anderen Seite steckt dem VfB-Fan der Zweifel auch weiter in den Gliedern.

Die Ungewissheit ist in vielen Bereichen greifbar. Das liegt an den Erfahrungen der jüngeren Vergangenheit, das liegt an einigen offenen Fragen, die es in der Kaderplanung für die kommende Saison noch zu beantworten gilt, das liegt aber vor allem auch an der Ausrichtung des Vereins.

Stichwort: Der Stuttgarter Weg. Die sogenannte Nachwuchskonzeption mit den schicken Kernsätzen "Wer die Jugend hat, hat die Zukunft" und "Wer aufhört besser zu werden, hat aufgehört gut zu sein" hört sich auf dem Papier gut an, sie ist aber noch weit davon entfernt, wirklich gelebt zu werden.

Wann kommen Holzhauser und Co.?

Die hervorragende Jugendarbeit ist seit jeher das Faustpfand, auf das man sich in Stuttgart verlassen kann. Aktuell kommt allerdings viel zu wenig, um nicht zu sagen gar nichts, in der A-Mannschaft an. In der abgelaufenen Saison war von VfB-Talenten in der Bundesliga wenig bis nichts zu sehen.

Die Entschuldigung, im Abstiegskampf keine Youngster einbauen zu können, galt in der letzten Saison zudem auch nicht mehr. Was ist mit einem Raphael Holzhauser? Mit einem Antonio Rüdiger? Mit einem Kevin Stöger? Es ist die größte Hausaufgabe des VfB, diese Talente nicht nur an die erste Mannschaft heranzuführen, sondern ihnen auch Vertrauen zu schenken.

Auch Julian Schieber und Daniel Didavi sind Fälle, die es zu beobachten gilt. Dass sich nach Schieber jetzt auch Didavi kurz bevor er nach der Ausleihe aus Nürnberg zurückkommen sollte, schwer verletzt hat, ist extrem bitter und Pech.

Aber es liegt am VfB, beide in die Mannschaft zu integrieren - denn beide verkörpern den Stuttgarter Weg, von dem man immer spricht.

Bobic macht wenig falsch

Stuttgart hat den Vorteil, in der nächsten Saison der einzige Bundesligist neben Dortmund zu sein, dessen zweite Mannschaft in der dritten Liga spielt. Man muss es aber eben auch nützen. Durch die finanziellen Zwänge wird der VfB aktuell quasi gezwungen, den Stuttgarter Weg wieder kraftvoller zu gehen.

Mit Linksverteidiger Michael Vitzthum (Unterhaching) und Flügelstürmer Jerome Kiesewetter (Hertha BSC) als zukünftigem Martin-Harnik-Backup wurden bereits zwei weitere Talente verpflichtet. Besonders mit dem Kiesewetter-Deal hat Manager Fredi Bobic wieder sein gutes Händchen bewiesen.

Viel hat Bobic mit seinen Transfers nicht falsch gemacht, seine Quote an Volltreffern wie Vedad Ibisevic, William Kvist oder Gotuku Sakai ist geradezu sensationell hoch, wenn man bedenkt, wie es in Stuttgart davor gelaufen ist. Neben dem gelebten Jugendstil gilt es außerdem für die Mannschaft, die Mentalität zu haben, nach einer bärenstarken Rückrunde weiter gierig zu bleiben.

Körperliche Fitness, Laufbereitschaft, die Moral und Power, die das Team gerade beim außergewöhnlichen 4:4 in Dortmund gezeigt hat - all das gilt es dauerhaft zu bestätigen.

 

Wenig Anlass zur Sorge

Von mySPOX-User bailey

Die Frage, welche Hausaufgaben der VfB in diesem Jahr zu erledigen hat, sind zum Glück schwerer zu beantworten als in den Jahren zuvor. Ging es in den letzten Jahren hauptsächlich darum, den unumstrittenen Führungsspieler (erst Gomez, dann Khedira) zu ersetzen, stellt sich das dieses Jahr etwas diffiziler dar. Und ist doch so einfach. Und so schwer.

Die Hauptprobleme wurden, ganz streberhaft, schon vorzeitig erledigt. Mit Vedad Ibisevic wurde schon im Winter ein echter Stoßstürmer geholt, der sofort einschlug und die Suche nach einem neuen Hauptsponsor wurde ruhig, bedacht und mit einem sensationellen Ergebnis gelöst.

Im Grunde gibt es zurzeit wirklich wenig Anlass zur Sorge. Der VfB schloss die Saison besser als von vielen (auch im eigenen Lager) erwartet ab und spielte stellenweise begeisternden Fußball. Es geht also eigentlich nur darum, in der nächsten Saison da weiterzumachen, wo man jetzt aufgehört hat. Die Stellschrauben, an denen man dazu drehen muss, sind indes schnell erkannt.

Geht Kuzmanovic?

Es muss ein neuer Rechtsverteidiger her. Denn auf dieser Seite steht nach den Abgängen von Boulahrouz und Celozzi nur noch der multitaskingfähige Sakai zur Verfügung. Bobic sondert derzeit den Markt und hat ein paar Kandidaten im Blick. Die Wunschlösung Timothy Chandler hat sich leider zerschlagen. Aber man kann eben auch nicht alles haben.

Interessanter wird es im Mittelfeld laufen. Ich gehe eigentlich fest davon aus, dass ein Spieler uns verlassen wird - mein Favorit ist da Kuzmanovic. Nicht, weil man ihn loswerden will, aber weil er in der Vergangenheit immer wieder mit Italien kokettiert hat und die höchste Ablöse bringen dürfte.

Denn nach wie vor steht die finanzielle Sanierung des Vereins im Vordergrund. Wohltuend ist hierbei, dass man dieses Ziel aber nicht mit der allerletzten Konsequenz verfolgt und für Spieler, die den Verein weiterbringen können doch noch ein, wenn auch geringer, finanzieller Spielraum vorhanden ist.

Vorsichtiger Optimismus

Ansonsten befürchte ich keinen Abgang von Führungsspielern. Serdar Tasci hat erst kürzlich wieder betont, dass er in Stuttgart bleibt, alle anderen sind mit langfristigen Verträgen ausgestattet.

Es wäre daher jetzt an der Zeit, endlich den propagierten Stuttgarter Weg einzuschlagen und einigen Spielern der zweiten Mannschaft einen Platz im Profikader zu geben und sie in die Mannschaft einzubauen. Da das Grundgerüst um Ulreich, Tasci, Kvist, Hajnal, Harnik und Ibisevic steht, dürfte man da gern etwas experimentierfreudiger werden.

Ansonsten bleibt nur noch, dass Bobic und Bruno Labbadia die Ruhe beibehalten sollten, mit der sie den Verein durch die Saison geführt haben. Trotz zwischenzeitlicher Durststrecke kam nicht einmal im Ansatz eine Trainerdiskussion auf, was schon ein mittelgroßes Wunder ist.

Alles in allem sieht es so aus, als wären wir schon jetzt gut gerüstet für die neue Saison. Ich bin mal vorsichtig optimistisch, dass man das Niveau halten kann.

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