Dancing Queen Manuel Neuer!

Von Max-Jacob Ost
Step nach vorne, Blick nach rechts und umpa, umpa, umpa…
© Getty

Manuel Neuer sucht sich Beschäftigung beim FC Bayern, Marco Reus gibt den traurigen Gladbacher Alleinunterhalter und Robin Dutt rasiert Waldemar Hartmann. Name-Dropping der feinsten Güteklasse ist entscheidend für einen nichtssagend-platzfüllenden Abstract. Aber wenn Ihr den eh schon gelesen habt, dann gebt Euch halt auch den Rest der Alternativen Liste, bitteschön.

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1. Unser kleiner Freund Arnesen: Der Traum jedes Vorschulkindes wurde vergangenen Freitag wahr: Der Dino lebt wieder! Mit beeindruckend herauskombinierten Toren nach Standards erlegte der HSV den VfB mit 2 zu 1. Gefühlt ein -3 zu -4, aber wen stört das schon? Ganz sicher nicht Frank Arnesen, der nach dem Spiel aufgedrehter war als ein weiblicher Teenie nach einer Stunde Fummeln mit Justin Bieber. Wir vermuten aber: Das lag weniger am ersten Hamburger Sieg seit der Belagerung durch Bennigsen, sondern war vielmehr der Tatsache geschuldet ist, dass Arnesen noch bis zum Abpfiff dachte, man läge 1:2 hinten.

Erst der "Ich-habe-Feuer-gemacht"-Jubel von Cardoso und der Glückwunsch im Interview mit "Sky" dürfte ihn auf den Sieg hingewiesen haben. Aber ist halt auch schwierig, wenn man die eigenen Spieler nicht kennt. Kleines Transkript des "Sky"-Interviews:

Arnesen, die Welt umarmend: "Nach der Pause haben wir einen ganz anderen HSV gesehen. Zum Beispiel Robert Tesche und unser kleiner Freund aus dem Mittelfeld... äh... äääähhhh...."

SKY-Reporter, verwirrt: "Wen meinen Sie, den kleinen Lam? Son? Rincon?"

Arnesen, ins Blaue tippend: "Rincon! Rincon!"

Na wenigstens ist Arnesen nur für die Trainersuche wichtig. Gleich mal diesen kleinen Freund aus Holland anrufen, diesen... äh.... Doll! Der soll super sein!

2. Kölner Spaß-Partei: Es ist aber auch wirklich schwierig, den passenden Trainer zum Verein zu finden. Das ist nur geringfügig weniger komplex als für Ottfried Fischer einen Querstreifenpullover herauszusuchen, in dem er nicht überdimensioniert aussieht. Entsprechend stolz kann man beim 1. FC Köln sein. Nicht nur, dass es bestimmt ein Brüller wird, wenn Stale Solbakken zum Karneval seinen Hinterkopf als Mops schminken und damit sämtliche Kostümpreise abräumen wird. Er passt auch aus einem anderen Grund zum Effzeh wie ein 1:0 zu Lucien Favre.

Mit Zitaten wie diesem hier ist er sogar fast schon überqualifiziert: "Lukas ist der beste Spieler - vielleicht der beste in der Bundesliga." Bei solchem Realismus hat man im Prinzip nur zwei Möglichketen: Entweder man wird FDP-Spitzenkandidat und gibt die absolute Mehrheit bei der Bundestagswahl als Ziel aus, oder man wird eben Trainer in Köln. Kein Wunder also, dass Solbakken beim Effzeh gelandet ist. Wer will schon zu einem Absteiger wechseln.

3. Ansage auf Breisgauer Art: Vom Wort "Absteiger" zum SC Freiburg ist der Weg kürzer als vom Wortspiel zu Gerhard Delling. Gott sei Dank verfügt der SC über einen Trainer, dessen Charisma die gesamte Republik schon seit Wochen in Beschlag nimmt. Und auch an deutlichen Worten mangelt es nicht im Breisgau. Zumindest wenn man als Maßstab den durchschnittlichen Inhalt einer Stunde Diskussionsrunde bei Maybrit Illner zum Thema Gesundheitsreform anlegt.

Drei Niederlagen in Folge mit einer Torbilanz von 3:13 Toren. Und was sagt Trainer Marcus Hoffnung? "Wir müssen ruhig bleiben und in aller Sachlichkeit weiter arbeiten." Und nach dem Donnerhall dieser Ansage berserkert er fort: "Wichtig ist, nach dem letzten Spieltag über dem Strich zu stehen." Und da muss man ihm wirklich Recht geben. Denn wenn es eines gibt, was nun wirklich keiner will, dann ist das nach dem letzten Spieltag AUF dem Strich zu stehen.

4. Quickie: Okay, okay, Sie haben ja Recht, Herr Kraft. Der Spruch war unzutreffend. Aber Sie sind nun mal der einzige in Deutschland, der es mag, HINTER dem Strich zu stehen. War ja auch ein schönes 1:1.

5. Eine Stradivari unter Äxten: Überhaupt, man muss dem Fußballgott dankbar sein für dieses 2:1 von Werder gegen Hertha. Endlich sind die Zustände wieder zurechtgerückt! Lell ist eben doch kein Torjäger, sondern beschränkt seine Vollstreckerqualitäten lieber weiter auf sinnlose Grätschen und witzige Platzverweise. Das Aufregendste an Marko Arnautovic ist endlich wieder nur seine Frisur (mal im Ernst, Greenpeace: Wenn eine seltene Tijuana-Salbeiblütensorte vom Aussterben bedroht ist, organisiert Ihr weltumfassende Menschenketten. Aber wenn ein Typ sich ein Frettchen auf den Kopf tackert und das dann Frisur nennt, unternehmt Ihr nichts?)

Und Raffael ist und bleibt in der Rolle eines Geigenbauers zwischen lauter Holzfällern. Selten wurde ein Pass von so viel Ekel begleitet gespielt wie von Raffael beim Konter in der Nachspielzeit auf Andreas Ottl. Natürlich total unberechtigt, schaffte es Ottl doch immerhin, das Spielgerät für weitere 1,2 Sekunden im Besitz der Hertha zu halten. Und während im Blick von Raffael etwas starb, das verflixt genau an das erinnert, was in den Augen eines Ribery derzeit so strahlt, kassierte die Hertha die Niederlage. Ein Fest für Freunde der Stereotypen.

6. Der Mythos von Marco: Bei allem Spott: Es ist bestimmt nicht leicht, Alleinunterhalter einer ganzen Mannschaft zu sein. Besonders gut zu beobachten ist das gerade in Gladbach, wo es einen nicht wundern würde, wenn Marco Reus demnächst während seiner Dribblings auch noch Peter Neururer auf der Nase balanciert, mit der einen Hand einen Zauberwürfel löst und mit der zweiten Hand per Zeichensprache mit Lucien Favre über das Wetter diskutiert.

Während sich der Rest der Mannschaft fröhlich am Blick der Tabelle labt, wirbelt der Nationalmannschaftsverletzte Nummer eins im Alleingang über den Platz. Und was ist der Dank? Das einzige Tor des Tages schießt ein Verteidiger. Per Elfmeter. Und während Reus ein Wettrennen gegen ein Neutrino gewinnt, feiert alle Welt das Defensivkonzept von Favre. Menschen sind schon für weniger zum Existentialisten geworden. Bleibt als einziger Trost: Albert Camus wäre Reus' größter Fan.

7. Waldi und Camus: Unpassender Vergleich, zugegeben. Denn im Mittelpunkt bei Camus steht ja immer noch das Absurde und das will sich bei 16 Punkten aus sieben Spielen für Reus nicht wirklich einstellen. Lassen wir das Absurde also mal sein und kommen wir lieber zu etwas komplett Anderem: Waldemar Hartmann im "Sport1"-[Werbung bitte hier einfügen]-Doppelpass. Das hatte man sich natürlich schön überlegt: Keine Stimme des Volkes ist volkiger als die des amtierenden Schnauzbartträgers der Jahre 1980-1995.

Und Uns Waldi legte gleich in einem Tempo los, das jeden Stammtisch ins Schleudern gebracht hätte. Die Diskussion zu Breno beendete er mit einem Satz, den man bedenkenlos an deutsche Schulgebäude sprühen sollte: "Alkohol löst zwar keine Probleme. Cola aber auch nicht." Und noch während das Publikum fröhlich auskicherte, polterte er Robin Dutt über den Mund, der vor dem Hintergrund des Rücktritts von Ralf Rangnick mit eindrücklichen Worten den Druck auf Trainer und Spieler in der Bundesliga schildern wollte. Waldi zog alle Register: Von "die müssen doch nur auf ihren Kontoauszug schauen, denn geht's ihnen besser" bis hin zu "ja, aber ihr habt euch das doch ausgesucht!"

Im Publikum wäre es zu stehenden Ovationen gekommen, hätte zu diesem Zeitpunkt noch jemand stehen können. Doch dann das Unerwartete: Von Dutt bekam er Gegenwind. Und noch schlimmer: Sogar inhaltlich. Fein säuberlich legte der Coach dar, wie junge Spieler und Trainer in einen Medienzirkus rutschen, dem mancher nicht gewachsen ist. Da verschluckte sich selbst Moderator Wontorra kräftig. Guckte irritiert wie beim Ping-Pong zwischen Hartmann und Dutt hin und her, besann sich dann auf seine Stärken, griente, unterbrach die Diskussion und tat das einzig richtige: Er gab ab in die Werbung. Absurd. Auch davon wäre Camus sicher ein Fan gewesen.

8. Alternative Listen-Liste:

 

  • "Dancing Queen" mit einer bayrischen Blaskapelle einstudieren
  • 128 Kastanienfiguren von Uli Hoeneß basteln
  • Sich von Mario Gomez' Friseur erklären lassen, was er sich dabei gedacht hat
  • Den Mythos vom Sisyphos lesen und ins mittelfränkische dransgribiean
  • Auf 15.000 "Koan Neuer"-Schildern mit "In Liebe, Manu" unterschreiben

 

Dinge, die man in 568 Minuten Beschäftigungslosigkeit tun kann.

9. Lärmattacke in der Allianz-Arena: Angesichts solcher Statistiken ging das unrühmliche Highlight des fröhlichen Vizemeisterverhauens am Samstag fast unter. Und doch ist die Tat ein Skandal: Mitten in die Experten-Diskussion vor Spielbeginn hinein platzierte sich plötzlich eine Blaskapelle minutenlang direkt hinter dem "Sky"-Trio aus Sebastian Hellmann, Steffen Freund und Markus Merk. In einer Lautstärke, die sich nur toppen lässt, wenn man sich mit dem Ohr an den Boxenturm von Motörhead tackert, zelebrierten die wackeren Bayern ihr Programm. Nicht einmal das beherzte Eingreifen von Markus Merk konnte sie vertreiben.

Ein höchst beschämender Vorfall, der zu Recht in den Medien diskutiert wird. Im Exklusiv-Interview mit der AL äußerte sich jetzt Uli Hoeneß zu dem Vorfall: "Ein Mitarbeiter von uns hat eigenmächtig die Kapelle ins Stadion geschmuggelt und dort zum Einsatz gebracht. Wir sind zutiefst darüber schockiert." In einer Stellungnahme des Vereins heißt es ergänzend: "Der Mitarbeiter wollte nach eigener Aussage 'ein Gegenmittel' gegen die aus seiner Sicht nicht mehr erträgliche Berichterstattung einsetzen. Ein Auftritt hinter dem Kommentatorenpult von Marcel Reif und Stefan Effenberg konnte unter dem Einsatz von kostenlosen Hendl und Freibier gerade noch verhindert werden."

10. Moulin Rouge bei Bayer: Was des Menschen wertvollstes Gut ist, das muss er schützen. Egal ob das nun Festgeldkonto, Regenwald oder die eigene Fähigkeit zur Fortpflanzung ist. Und deshalb wollen wir nicht urteilen über das Verhalten der Leverkusener Mauer beim Freistoß von Kampfbrumme Van Buyten. Müssen wir auch gar nicht. Denn das hat ja Thomas Berthold bei "LigaTotal" schon gemacht: "Wie das Ballett vom Moulin Rouge, wie sie die Beine so hochschwingen! Ist doch wunderbar: Kniehöhe musst Du erst einmal hinkriegen bei einer Mauer!" Vielleicht doch eine Gymnastik-Abteilung eröffnen, Herr Völler?

11. Der Meister spricht: Und trotzdem war das nicht die Punchline des Spieltags, lieber Herr Berthold. Deshalb vergessen wir jetzt mal Waldi, Reus, Sorg und Camus. Das alles war nur Vorspiel für eine wahre Größe! Hans Meyer auf eine Frage des "Sky"-Reporters in der Halbzeit bei Gladbach gegen Nürnberg: "Wissen Sie: Ich habe vor zehn Jahren bei Twente Enschede aufgehört und letztes Jahr sind sie Meister geworden. Sie sehen: Ich wirke noch nach."

Der 7. Spieltag im Überblick

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