Bayer und Ballack: Ein Weltstar fürs Prestige

Von Thomas Gaber
Michael Ballack wurde drei Mal deutscher Meister mit dem FC Bayern München (2003, 2004, 2006)
© Getty

Michael Ballack ist zurück in Leverkusen und verfolgt zwei Ziele. Für den Verein ein enormer Imagegewinn. Doch der Deal des Jahres birgt einige Risiken.

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Wenn man über verpasste Titelchancen von Bayer Leverkusen spricht, denkt man unweigerlich sofort an 2002. Damals wurde der Werksklub in sämtlichen Wettbewerben Zweiter. Der Urknall von Vizekusen.

Am nächsten war Bayer aber ein Jahr zuvor. Ein popliger Punkt hätte Leverkusen am 34. Spieltag im Unterhachinger Sportpark genügt, um den ersten Meistertitel der Vereinsgeschichte einzufahren. Das Ende ist bekannt. Der FC Bayern wurde Meister, weil Leverkusen 0:2 verlor. Das Drama eingeleitet hatte damals Michael Ballack mit einem Eigentor.

Rudi Völler gratulierte dem FC Bayern artig, beschwerte sich aber über die übertriebene Jubelarie der Hachinger. Ein dünnhäutiges Verhalten, das Völler damals mit einer der "bittersten Stunden" seines Fußballerlebens begründete. Völler war damals Sportdirektor von Bayer, wenige Wochen später wurde er Nationaltrainer.

Zum Weltstar unterm Bayer-Kreuz

Ballack blieb noch ein Jahr. Leverkusen war sein Karriere-Sprungbrett, unterm Bayer-Kreuz reifte er zum Star. Sein Weg führte ihn über den FC Bayern zum FC Chelsea. Nun sind beide wieder vereint. Michael Ballack wird die nächsten beiden Jahre bei Bayer spielen.

Völler hat maßgeblichen Anteil an dem Deal, er ist Ballacks väterlicher Freund, der Kontakt ist nie abgerissen.

"Mit Michael Ballack bekommt unsere Mannschaft noch einmal einen enormen Qualitätsschub. Dass er Bayer trotz unserer im Vergleich zur Konkurrenz begrenzten finanziellen Möglichkeiten den Vorzug gegeben hat, zeigt seine emotionale Bindung zum Verein", sagte Völler euphorisiert.

Der Sportdirektor hat wochenlang verhandelt, um den Transfer seines Lebens abzuwickeln. "Wir bekommen einen Weltstar", sagte Völler unbescheiden.

Enormer Prestigegewinn

Auf den ersten Blick muss man Völler beglückwünschen. Der Kapitän der Nationalmannschaft kommt zurück, der einzige Deutsche, der es in den letzten Jahren in die erste Kategorie des Vereinsfußballs geschafft hat, vom dauerverletzten Christoph Metzelder vielleicht abgesehen.

Ballack hatte andere Angebote. Aus London von Tottenham, aus Sevilla, aus Wolfsburg, Schalke und Hamburg. Angeblich auch aus Madrid. Das große Real wäre logische Endstation gewesen einer Karriere, die generalstabmäßig geplant worden war.

Reals Transferaktivitäten für die neue Saison stecken noch in den Windeln, Ballack aber wollte schnell Gewissheit. Er ist Rekonvaleszent und benötigt ein Umfeld, das es ihm garantiert, schnellstmöglich wieder fit zu werden. In Leverkusen fühlt er sich heimisch. Bayer wird ihn mit offenen Armen empfangen.

Hier bekommt er die Nestwärme, die ihm in den letzten Jahren abging. In London und München wurde er respektiert, aber nicht geliebt.

Für Leverkusen ist Ballack ein Prestigegewinn von noch nicht schätzbarem Wert. Der Verein ist sein Pillen-Image nie losgeworden. Die Verpflichtung von Sami Hyypiä war ein Aha-Effekt, jetzt hat Bayer nachgelegt und ein Signal an die Konkurrenz gesetzt, dass der Verein alles unternimmt, um sich Platz zwei hinter dem FC Bayern zurückzuholen.

Gehaltgefüge aus der Balance

Wer Michael Ballack holen kann, ist auch für andere Premium-Spieler interessant, wenngleich ein Kraftakt a la Ballack kaum ein weiteres Mal zu stemmen ist. Bis zu 15 Millionen Euro soll Ballack inklusive Prämien bis Vertragsende 2012 kassieren.

"Der Ballack-Transfer liegt außerhalb des Haushalts. Das ist alles mit der Konzernspitze abgestimmt", sagte Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser.

Ein einmaliges Vorgehen und ein gefährliches. Ballacks gesundheitlicher Zustand lässt Raum für Spekulationen. Wie gut kann sich ein 33-Jähriger von so einer schweren Verletzung erholen? Zudem gerät Bayers Gehaltsgefüge aus der Balance. Neid ist ein Fremdwort in Leverkusen - bis jetzt.

Ballack gegen die Jugend

Rein sportlich sind Zweifel angebracht, ob der Transfer Sinn macht. Bayer hat ein Überangebot im zentralen Mittelfeld. Mit Simon Rolfes, Arturo Vidal, Lars Bender, Stefan Reinartz und Gonzalo Castro gibt es fünf Konkurrenten für Ballack auf der Sechser-Position. Nur einer hat eine Stammplatzgarantie: Ballack.

Ballack muss allerdings, wie Rolfes, nach langer Verletzungspause erst wieder herangeführt werden. Und wann Vidal zum Training erscheint, hängt von Chiles Abschneiden bei der WM ab. Reinartz hat die besten Chancen, zu Saisonbeginn zu spielen, wenngleich der 21-Jährige eher in der Innenverteidigung eingeplant ist. Dort sind Hyypiä und Vizekapitän Manuel Friedrich gesetzt.

Wunderdinge sind von Ballack nicht zu erwarten, auch wenn er die Chefposition im Mittelfeld beansprucht. Er befindet sich im Spätherbst seiner Karriere. Die Blätter sind welk, aber noch nicht gefallen. Aber er spürt noch jede Menge Energie in sich, die Verletzung am Sprunggelenk nimmt er als zusätzliche Motivation, noch einmal Großes zu leisten. Seine positive Verbissenheit kann helfen, den Klub aus dem Dauerschlaf zu holen.

Ballack hat sein Ziel, die Champions League zu gewinnen, ad acta gelegt. Er will den Bundesliga-Titel mit dem Verein, der ihn einst groß machte. Und er will zur EM 2012. Die Titelkämpfe in der Ukraine und Polen sind seine letzte Chance, den einen großen Titel zu gewinnen. In der Bundesliga kann er sich am besten empfehlen.

Ballack spricht schon von der Meisterschaft