Ich bin nicht Ballack, ich bin Kacar

Von Interview: Daniel Paczulla
Der Serbe Gojko Kacar spielt seit Januar 2008 für Hertha BSC
© Getty

EXKLUSIV Am Samstag empfängt Hertha BSC Berlin den FC Bayern München (ab 15.15 Uhr im LIVE-TICKER und bei Premiere) zum Gipfeltreffen des 20. Spieltags. Dabei müssen die Berliner mit dem verletzten Mittelfeld-Talent Gojko Kacar weiterhin auf einen großen Leistungsträger der Hinrunde verzichten. Im SPOX-Interview spricht der Serbe über das angedachte Erfolgsrezept gegen die Bayern, die Gründe für die starke Saison der Hertha, und er sagt, welchen Anteil Trainer Lucien Favre daran hat.

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Und der 22-Jährige verrät außerdem, warum ihn ausgerechnet seine Großmutter zum Fußball gebracht hat und wieso er den Vergleich mit Michael Ballack nicht mag.

SPOX: Warum sind Sie eigentlich nicht Boxer geworden? Ihre Onkel waren ja erfolgreiche Boxer. Slobodan Kacar gewann Olympisches Gold in Moskau (1980) und Tadija Kacar Silber in Montreal (1976).

Gojko Kacar: Das ist wirklich eine berechtigte Frage, aber dafür gibt es zwei Gründe. Erstens habe ich schon mit sieben Jahren auf der Straße Fußball gespielt, und zweitens hat mich meine Großmutter darum gebeten, es nicht zu tun, da ihre zwei Söhne schon Boxer waren. Den Gefallen habe ich ihr getan.

SPOX: Wie kamen Sie dann zum Fußball?

Kacar: Damals war Roter Stern Belgrad sehr erfolgreich und Fußball in unserem Land sehr populär. Da war es klar, dass alle Jungen auf der Straße Fußball spielten.

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SPOX: Trotzdem konnten Sie die Olympia-Tradition der Familie fortsetzen. Wie war das Erlebnis in Peking und wie wichtig war Ihnen der Kontakt mit anderen Sportler? Angeblich sollen Sie zu Rafael Nadal und Dirk Nowitzki Kontakt gehabt haben.

Kacar: Die Teilnahme an den Olympischen Spielen war ein tolles Erlebnis und eine sehr wichtige Erfahrung für mich. Leider habe ich es nicht geschafft, eine Medaille zu gewinnen, aber das Zusammensein mit Sportlern aus anderen Ländern und anderen Disziplinen war einmalig. Nadal und Nowitzki habe ich aber leider nicht getroffen.

SPOX: Das Verletzungspech scheint Sie ein wenig zu verfolgen. Erst plagte Sie ein Schienbeinkopfanbruch und jetzt die Probleme an der linken Achillessehne. Wann sind Sie wieder einsatzbereit? Reicht es bis zum Bayern-Spiel?

Kacar: Das kommt für mich zu früh. Ich bin noch immer nicht ganz beschwerdefrei. Mein Ziel ist das übernächste Spiel in Wolfsburg. Wichtig ist, dass ich vollkommen schmerzfrei bin. Nur so kann ich der Mannschaft helfen.

SPOX: Sie sind erst 22 Jahre alt, wirken auf dem Feld aber schon sehr abgeklärt. Worin liegen Ihre Stärken, was müssen Sie in Ihrem Spiel noch verbessern?

Kacar: Ich bin in der Tat noch ziemlich jung, habe aber schon einige Spiele absolviert. Durch die Teilnahme an zwei Junioren-Europameisterschaften konnte ich eine Menge Erfahrung sammeln. Meine Zweikampfstärke und Dynamik zeichnen mich aus. Da mein Spiel sehr kraftvoll ist, muss ich lernen, meine Kräfte besser einzuteilen.

SPOX: Als Mittelfeldspieler erzielten sie fünf Saisontore. Woher kommt Ihre Torgefährlichkeit?

Kacar: Ich habe mir vorgenommen, dass ich der Mannschaft noch mehr helfen möchte, und das am liebsten mit Toren. Durch meine Zeit bei Hertha BSC habe ich mehr Selbstvertrauen bekommen und mehr Zug zum Tor, was sich in den fünf Toren niederschlägt.

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SPOX: Es gibt Leute, die Sie mit Michael Ballack vergleichen. Wie finden Sie den Vergleich?

Kacar: Ich halte nicht viel von solchen Vergleichen, obwohl Michael Ballack ein hervorragender Spieler ist. Doch Michael Ballack ist Michael Ballack und ich bin Gojko Kacar. Ich habe meine eigene Art, Fußball zu spielen. Ich möchte mich zu einer eigenen Persönlichkeit entwickeln.

SPOX: Stimmt es, dass sie in Novi Sad als Innenverteidiger angefangen haben und nach elf Toren in der Hinrunde in den Sturm beordert wurden? Jetzt spielen Sie im Mittelfeld. Wo sind Sie für die Mannschaft am wertvollsten?

Kacar: Ja, das stimmt. Ich denke, dass ich im defensiven Mittelfeld am besten aufgehoben bin. Hin und wieder kann ich nach vorne gehen und Tore erzielen. Ich bin mit meiner Position sehr zufrieden.

SPOX: Welchen Anteil hat Lucien Favre an Ihrer Entwicklung?

Kacar: Jeder Trainer hat einen gewissen Anteil an der Entwicklung eines Spielers. Natürlich ist Lucien Favre ein wichtiger Ansprechpartner für mich und ich bin fest davon überzeugt, dass er mich noch besser machen wird. Im taktischen Bereich habe ich schon eine Menge von ihm gelernt. Die Zusammenarbeit ist sehr fruchtbar und erfolgsorientiert.

SPOX: Von allen Seiten wird Favre gelobt. Was macht den Schweizer als Trainer aus?

Kacar: Lucien Favre ist ein sehr akribischer Arbeiter, der sehr viel Wert auf Taktik, Disziplin und mannschaftliche Geschlossenheit legt. Er wird selten laut, aber zieht knallhart seine Vorstellungen durch. Er hat eine sehr moderne Auffassung von Fußball und beschäftigt sich rund um die Uhr damit. Lucien Favre hat der Mannschaft eine Struktur gegeben.

SPOX: Berlin ist Tabellen-Dritter. Wie richtungsweisend ist das Spiel gegen die Bayern?

Kacar: Das ist ein absolutes Topspiel, wenn der Zweite beim Dritten spielt. Mit einem Erfolg könnten wir einen richtigen Schub bekommen und uns oben festsetzen. Auf der anderen Seite sind die Bayern sehr stark besetzt und verfügen über eine große Qualität im Kader. Das wird eine ganz schwere Aufgabe.

SPOX: Wie muss Hertha spielen, um gegen die Bayern drei Punkte einzufahren?

Kacar: Das Rezept ist immer das gleiche. Gegen die Bayern muss man mutig nach vorne spielen und defensiv sehr kompakt stehen. Das ist allerdings immer leichter gesagt, als getan.

SPOX: Wohin führt der Weg der Hertha in den nächsten Jahren?

Kacar: Ich hoffe, dass wir uns stetig weiterentwickeln. Wir möchten uns für den internationalen Wettbewerb qualifizieren und eine feste Größe unter den Topvereinen in Deutschland werden. Ich denke, dass wir auf einem sehr guten Weg sind.

SPOX: Obwohl Berlin aktuell einen Champions-League-Platz belegt und sehr gute Leistungen zeigt, ist der Zuschauerschnitt sogar schlechter als in der letzten Saison. Was muss die Mannschaft noch tun, um die Fans zu mobilisieren? Warum würdigen die Berliner die Leistungen des Teams nicht?

Kacar: Das stimmt nur bedingt, weil die Topmannschaften in der Rückrunde alle noch in Berlin spielen müssen. Danach werden wir sicher einen Schnitt von knapp 48.000 Zuschauern haben. Richtig ist, dass wir mit gutem Fußball unsere Fans, die ein wenig enttäuscht waren, zurückgewinnen müssen. Durch erfolgreichen Fußball werden wir auch wieder mehr Fans ins Stadion locken.

SPOX: Welche mittel- und langfristigen Ziele haben Sie als Profi?

Kacar: Zunächst einmal möchte ich so schnell wie möglich gesund werden und auf dem Platz stehen. Ich fühle mich in Berlin sehr wohl und spiele regelmäßig. Für die A-Nationalmannschaft von Serbien habe ich auch schon gespielt. Mein Ziel ist, dass ich konstant gute Leistungen auf einem sehr hohen Niveau bringe.

SPOX: In Berlin spielen Sie zusammen mit Ihrem Landsmann Marko Pantelic. Wie wichtig war und ist er für Sie im Hinblick auf die schnelle Integration und Ihre Entwicklung?

Kacar: Nicht nur Marko Pantelic, sondern auch Joe Simunic waren für meine Integration sehr wichtig. Beide sind erfahrene Spieler, die schon seit längerem in Deutschland leben. Von beiden Spielern kann ich sehr viel lernen und ich bin froh, dass sie bei Hertha BSC spielen.

SPOX: Wie wichtig wäre es für Sie, wenn Pantelic weiter in Berlin bleibt? Sprechen Sie mit Ihm darüber?

Kacar: Natürlich ist es immer schön, wenn man mit Spielern aus seinem Land in einer Mannschaft spielt. Ich wäre schon traurig, wenn er den Verein verlassen würde, aber die Entscheidung treffen andere.

Gojko Kacar im Steckbrief