"Ich bin kein Star"

Von Interview: Abel Völkner
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© Getty

Deutschland ist ein gutes Pflaster für Claudio Pizarro. Acht Jahre spielte der Peruaner in der Bundesliga für Werder Bremen und Bayern München, bevor er dem Ruf des FC Chelsea folgte. 

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Dort konnte sich Pizarro nicht durchsetzen und kehrte nun auf Leihbasis nach Bremen zurück. Im Interview mit SPOX zieht Pizarro dennoch eine positive Bilanz seiner England-Erfahrung, spricht über das neue Werder und rechnet mit einem bösen Journalisten ab.

SPOX: Herr Pizarro, sind Sie Bremens verlorener Sohn? Die freundliche Reaktion des Publikums könnte man jedenfalls so interpretieren.

Claudio Pizarro: Ja, die Fans haben mich sehr nett empfangen. Ich habe mich während meiner beiden ersten Jahre hier aber auch schon sehr wohl gefühlt. Werder hat hervorragende Fans, die gute Leistungen für den eigenen Verein nicht so schnell vergessen. Daher möchte ich mich auch auf diesem Weg bei den Fans für den herzlichen Empfang bedanken. Ich bin sicher, den Empfang mit Leistungen rechtfertigen zu können.

SPOX: Wie lief Ihr Comeback im Werder-Trikot gegen Schalke?

Pizarro: Ich bin zufrieden, weiß aber, dass ich noch bessere Leistungen bringen kann und muss. Ich hatte einige Probleme in den vergangenen Monaten mit Verletzungen, habe aber die Vorbereitung mit Chelsea weitgehend absolvieren können. Langsam fühle ich mich auch körperlich besser. Im Spiel gab es noch Abstimmungsprobleme. Dennoch gab es schon einige gelungene Spielzüge und das Zusammenspiel wird sich mit jeder Trainingseinheit verbessern.

SPOX: Sieben Jahre sind seit Ihrem Transfer zu Bayern München vergangen. Wie beurteilen Sie die Entwicklung von Werder in dieser Zeit?

Pizarro: Der Verein gehört zu den Besten in Deutschland. Der Vorstand arbeitet absolut professionell und schafft es immer wieder, den Verkauf von wichtigen Spielern durch hervorragende eigene Transfers aufzufangen. Das beste Beispiel ist Diego. Er war schon immer ein sehr talentierter Spieler, hat aber erst in Bremen diese außergewöhnliche Klasse entwickelt. Heute könnte er in jedem europäischen Verein spielen. Ich freue mich sehr auf das Zusammenspiel mit Diego. Insgesamt hat Thomas Schaaf tolle Arbeit geleistet. Er gehört zu den besten Trainern in Deutschland, die Ergebnisse von Werder beweisen das.

SPOX: Bei Chelsea hat es nie zum Stammspieler gereicht. Warum sind Sie nicht konsequent aus London geflohen, haben sich stattdessen nach Bremen ausleihen lassen?

Pizarro: Ich würde niemals fliehen, das ist nicht meine Art. Jose Mourinho hat mich zu Chelsea geholt, weil er von meinen Qualitäten überzeugt war. Kurze Zeit später war er entlassen und ich hatte kaum mehr eine Chance. Am Ende waren es trotzdem noch über 30 Pflichtspiele für Chelsea. Man sollte auch nicht vergessen, dass Chelsea über einen der stärksten Kader weltweit verfügt. Ich wollte nicht weg aus London, aber die Gespräche mit Manager Klaus Allofs und Thomas Schaaf haben mir sehr gut gefallen. Sie haben mir von ihren Plänen erzählt und welche Rolle ich darin spielen kann. Der Trainer und auch der Manager sind mir sehr wichtig, weil ich sie noch von früher kenne und schätze.

SPOX: War der Trainerwechsel wirklich der einzige Grund für Ihre fehlende Spielpraxis? Wegen angeblicher Eskapaden im Kreis der Nationalmannschaft, die der berühmt-berüchtigte peruanische TV-Moderator Jaime Baily gesehen haben will, wurden Sie als Kapitän gemeinsam mit weiteren Spielern vom Verband gesperrt.

Pizarro: Dieser Moderator hat Dinge gesagt, die nicht der Wahrheit entsprechen. Er hat viel behauptet und nie irgendetwas bewiesen. Mehr will ich zu diesem Thema nicht sagen. Außerdem ist die Sperre durch den Verband abgelaufen. Und ich sage noch einmal: Ich wurde ungerecht behandelt, weil ich nichts getan habe.

SPOX: Für die Qualifikationsspiele Perus zur WM 2010 im September sind Sie dennoch nicht eingeladen.

Pizarro: Ich spiele wieder für mein Land, wenn ich eingeladen werde. Bin ich nicht eingeladen, spiele ich nicht. Noch bin ich für die Qualifikationsspiele nicht eingeladen, also werde ich wohl auch nicht spielen. So einfach ist das.>

SPOX: Internationale Spiele stehen demnächst aber auch in der Champions League an. Welche Chancen rechnen Sie sich mit Werder aus?

Pizarro: Die Champions League hat bei meiner Entscheidung, wieder für Werder zu spielen, schon eine Rolle gespielt. Man kann sich mit den Besten messen und sich weiter entwickeln. Werder hat eine sehr gute Mannschaft, die trotz vieler jüngerer Spieler über genügend Erfahrung verfügt und in den vergangenen Jahren auch große Teams wie Real Madrid geschlagen hat. Die Konkurrenz ist groß, aber wir haben auf jeden Fall unsere Chancen, das Viertelfinale zu erreichen. Mit Spielern wie Frings oder  Diego haben wir die nötige Klasse und Erfahrung. Ich freue mich sehr auf Diego und glaube, dass er zu den besten Vorbereitern in Europa zählt. Er ist Werders genialer Kopf. Hoffentlich legt er mir ein paar Tore auf.

SPOX: Trotz des verlorenen Jahres bei Chelsea: Kommen Sie als Star nach Bremen oder fühlen Sie sich als Führungsspieler?

Pizarro: Nein, vielleicht machen mich die Medien zu einem Star. Oder die Fans. Ich fühle mich nicht als Star, sondern als Teil einer Mannschaft, die den Erfolg will. Und ich will meinen Teil zu diesem Erfolg beitragen. Ich werde nach wenigen Stunden in Bremen auch keine Ansprüche stellen. Warum sollte ich das tun? Frings, Mertesacker, Naldo oder Baumann sind die Stützen dieser Mannschaft. Wenn ich mit meiner Erfahrung helfen kann, bin ich dazu gerne bereit.

SPOX: Ihr ehemaliger Klub Bayern München hat eine sehr gute Saison mit zwei Titeln hinter sich und startet nun mit neuem Trainer und fünf Buddhas in die neue Saison. Werden die Bayern die Bundesliga wieder dominieren, trotz des eher schlechten Starts?

Pizarro: Bayern hat eine starke Mannschaft und ist in der Bundesliga immer der Topfavorit auf den Titel. Ich glaube aber nicht, dass sie es noch einmal so leicht haben werden. Jeder in der Bundesliga kennt jetzt einen Ribery und einen Toni. Außerdem hat die Konkurrenz sehr gut eingekauft. Jefferson Farfan wird bei Schalke seine Qualitäten zeigen. Hamburg ist noch da. Wolfsburg und Leverkusen können für Überraschungen sorgen. Und Werder Bremen muss man immer auf dem Zettel haben. Wir können sicherlich mit Bayern mithalten. Ich behaupte sogar: Wir können den Titel gewinnen.

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