Torwart sollte Ohrfeige bekommen

SID
Steht weiterhin unter Verdacht, in den Wettskandal involviert zu sein: Thomas Cichon
© Getty

Im Prozess um den Wettskandal ist bekannt geworden, dass ein Torwart, der nicht zur Manipulation bereit war, außer Gefecht gesetzt werden sollte. Auch mit Chinesen wurde gedroht.

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Die geständigen Angeklagten lieferten weitere Informationen und wurden belohnt: Im Prozess um den größten Wettskandal im europäischen Fußball kommen zwei der vier Beschuldigten gegen Kaution frei.

Nürretin G. und Tuna A., die ihre Beteiligung an den Spielmanipulationen zumindest teilweise zugegeben haben, dürfen nach fast 13 Monaten in Untersuchungshaft gegen eine Sicherheitsleistung von jeweils 20.000 Euro auf freien Fuß. Die 13. Strafkammer am Bochumer Landgericht kündigte am Montag an, die Haftbefehle außer Vollzug zu setzen.

Weiter hinter Gittern bleiben dagegen die Mitangeklagten Stevan R. und Kristian S., die bislang jegliche Aussage verweigern. Zuvor hatten die beiden Hauptbeschuldigten, die zum Führungskreis der Wettmafia gezählt werden, am achten Verhandlungstag offenbart, dass es nicht nur um unglaubliche Beträge, sondern auch um massiven Druck ging.

Nach den Planungen der Wettmafia sollte der Torhüter des Regionalligisten SC Verl spielunfähig gemacht werden, weil er sich nicht an Manipulationen beteiligen wollte. Eine "Ohrfeige in der Disco" wurde ebenso in Erwägung gezogen wie "irgendetwas im Getränk, damit er nicht spielen kann", berichtete der Angeklagte Tuna A..

"Der sollte ihm in der Disco einen geben"

"Ich habe einen Freund angerufen, der sollte ihn in der Disco zufällig treffen und ihm einen geben", erzählte Tuna A. Dieser Plan wurde jedoch vom Hauptverdächtigen Marijo C., der später angeklagt werden soll, verworfen.

"Das fällt auf, hat er gesagt", berichtete der 55-jährige Türke, der von der Staatsanwaltschaft zum Führungskreis der Wettmafia gezählt wird: "Wir tun ihm irgendwas ins Getränk, doch das wurde abgeblasen." Mit dem Ersatztorwart sei man sich bereits über eine Spielmanipulation einig gewesen. Drei Spieler des SC Verl hatten, so der Angeklagte, bei McDonalds in Dortmund je 500 Euro Bestechungsgeld entgegengenommen.

Druck übten die Beschuldigten bei ihrem Wettbetrug auch untereinander aus. So gab Tuna A. zu, den Mitangeklagten Stevan R. mit "Chinesen" gedroht zu haben. "Wenn es noch mal schiefgeht, wollen die Chinesen Adressen, dann bin ich auch dran", habe er ihm nach einer missglückten Manipulation gesagt. Stevan R. soll, so die Anklage, den Kontakt zu den Verler Spielern hergestellt haben.

Nürretin setzte eine Million Euro

Bei den Fußballwetten der Angeklagten ging es um unglaubliche Beträge. Nürretin G., der selbst sechs Wettbüros besaß und zu den Drahtziehern gehören soll, antwortete auf die Frage, wie viel er pro Monat eingesetzt habe: "Eine Million." Tuna A., der bei der spektakulären Schuldenübernahme des damaligen belgischen Zweitligisten Union Royale Namur als "Investor" auftrat, will im Jahr eine sechsstellige Summe gewettet haben.

In Bochum stehen im ersten Prozess um den größten Wettskandal im europäischen Fußball vier Angeklagte vor Gericht. Sie sollen 32 Spiele in Deutschland und dem europäischen Ausland manipuliert und hohe Beträge darauf gewettet haben.

Insgesamt wird gegen rund 300 Personen ermittelt. Die Wetteinsätze sollen sich laut Staatsanwaltschaft auf 12 Millionen Euro, die erzielten Gewinne auf 7,5 Millionen Euro belaufen. Am Mittwoch wird der Prozess mit der Befragung des Hauptverdächtigen Marijo C. fortgesetzt, gegen den bislang noch nicht Anklage erhoben wurde.

Am 5. Januar ist Ante S., der bereits als Drahtzieher im Skandal um den ehemaligen Schiedsrichter Robert Hoyzer zu einer Haftstrafe verurteilt worden war, als Zeuge geladen. Der Kroate soll erneut maßgeblich an den Manipulationen beteiligt gewesen sein.

Zweiter Angeklagter gesteht