Die "neue" Formel 1: Einfach geil!

Sebastian Vettel und Lewis Hamilton führen die WM-Wertung an
© xpb

Lewis Hamilton hat den Großen Preis von Spanien gewonnen. Nach fünf Saisonläufen lässt sich nun ein erstes Fazit zur "neuen" Formel 1 ziehen - und das fällt fast durchweg positiv aus. Dank eines elektrisierenden Duells zwischen Hamilton und Sebastian Vettel sowie der gestiegenen Bedeutung von fahrerischer Qualität. Verbesserungspotenzial gibt es nur in einem Bereich. Ein Kommentar von SPOX-Redakteur Dominik Geißler.

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Als Freund der Statistik wusste man eigentlich schon vor dem Start, dass Lewis Hamilton den Großen Preis von Spanien gewinnen würde. In 88 Prozent der Fälle war der Polesitter nämlich auch der spätere Sieger auf dem Circuit de Catalunya - ein Wert, der sogar die Quote im überholfeindlichen Monaco übertrifft.

Doch war es wirklich so eindeutig, dass Hamilton das Rennen am Sonntag gewinnen würde? Mitnichten. Eine konkrete Vorhersage über den späteren Triumphator konnte man bei dem Rennverlauf, der sich einem über gut anderthalb Stunden bot, nicht machen. Zu eng war der Kampf um den Siegerpokal zwischen Hamilton und Sebastian Vettel.

Beim Start übernahm der Heppenheimer die Führung und brannte anschließend ein furioses Tempo auf den Asphalt. Zu diesem Zeitpunkt sah vieles nach 25 Punkten für Vettel aus.

Doch dann holte Hamilton dank alternativer Strategie sowie gütiger Mithilfe von Teamkollege und Blockademeister Valtteri Bottas und einem Boxenstopp unter Virtual Safety Car die Zehn-Sekunden-Lücke wieder auf, ehe es zu einem atemberaubenden Rad-an-Rad-Duell zwischen den beiden Spitzenfahrern kam. Zu guter Letzt überholte Hamilton seinen WM-Kontrahenten auf der Start-Ziel-Geraden. Erst jetzt war wirklich absehbar, wer hier als Sieger abreisen würde.

Wie einst Schumi vs. Mika

"Wir hatten das Rennen eigentlich schon verloren", gab Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff gegenüber RTL zu. Und Hamilton frohlockte noch auf dem Podium: "Sebastian war unglaublich dicht dran. So sollte Racing sein! So eng wie möglich."

Mit dieser Aussage trifft der dreifache Weltmeister den Nagel auf den Kopf. Jeder Zuschauer will Duelle auf Augenhöhe sehen - und die liefert ihm die Formel 1 nun schon die gesamte Saison. Weder in Australien und China, noch in Bahrain, Russland oder Spanien war abzusehen, wer gewinnen würde. Ferrari und Mercedes sind exakt auf Augenhöhe. Mal haben die Roten das Glück auf ihrer Seite, mal die Silbernen. Erinnerungen an Duelle zwischen Michael Schumacher und Mika Häkkinen werden wach.

Das gilt auch für die Qualifikation. Wenn es um die Pole Position geht, haben aktuell mit Vettel, Hamilton, Bottas und Kimi Räikkönen gleich vier Fahrer die Möglichkeit auf Startplatz eins. Wann gab es das zuletzt?

Wenn Red Bull nun auch noch die entscheidenden Lösungen findet, könnte gegen Saisonende sogar ein Team-Dreikampf warten. Zuzutrauen wäre es den in der Regel entwicklungsstarken Österreichern.

Fahrerische Qualität setzt sich durch

Doch die von Spannung geladenen Spitzenkämpfe zwischen Rot und Silber sind nicht das einzige Plus der "neuen" Formel 1. Auch die fahrerische Qualität kommt dank der aerodynamischen Änderungen vor der Saison wieder mehr zur Geltung. Wenn man den Piloten in Barcelona am Funk zuhörte, spürte man allein am Atem die körperliche Anstrengung.

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Zudem fällt auf, dass die teamhafte Pärchenbildung bis auf wenige Ausnahmen ausbleibt. Während ein Nico Hülkenberg auf Platz sechs fährt, wird Renault-Teamkollege Jolyon Palmer Letzter. Während sich Felipe Massa fast stetig in den Top 10 wiederfindet, hinkt ein Lance Stroll hinterher. Über die Diskrepanzen zwischen Fernando Alonso und Stoffel Vandoorne im McLaren-Honda muss man gar nicht erst reden. Es ist kein Zufall, dass im ersten Quali-Segment am Samstag fünf Fahrer aus fünf verschiedenen Teams ausschieden.

Fan-Nähe wird groß geschrieben

Neben dem unmittelbaren Geschehen auf der Strecke überzeugt auch das Drumherum. Im Vergleich zu den Vorjahren lassen die Rennstewards deutlich mehr strittige Aktionen unbestraft - das Racing wird so gefördert.

Darüber hinaus haben die neuen Formel-1-Verantwortlichen um Ross Brawn und Chase Carey dafür gesorgt, dass die Königsklasse des Motorsports auch den Fans wieder näher ist. Man denke an das neu ins Leben gerufene Fan-Festival, das den Besuchern im Rahmenprogramm zusätzliche Unterhaltung bietet. Oder an die herzerwärmende Szene, als Räikkönen einem kleinen Jungen, dessen bitterliches Weinen die TV-Kameras nach dem frühen Ausfall des Iceman einfingen, seine Mütze schenkte.

Natürlich ist noch nicht alles perfekt im Mai 2017. Die Abstände zwischen den Teams hinter Mercedes und Ferrari sind teilweise sehr groß. Überholen ist noch schwieriger als in den Vorjahren geworden, manche Piloten fahren ein ganzes Rennen einsam ohne jegliche Konkurrenz von vorne oder hinten. Hier besteht zweifelsfrei Verbesserungsbedarf. Doch die Formel 1 wollte sich nach der vielen Kritik in der Vergangenheit wandeln. Und sie hat sich gewandelt - alles in allem mit großem Erfolg.

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