"Das ist der amerikanische Traum!"

Romain Grosjean fuhr in Sakhir mit seinem Haas auf Platz 5 durchs Ziel
© xpb

Formel-1-Neuling Haas hat beim Großen Preis von Bahrain Historisches erreicht. Romain Grosjean fuhr beim zweiten Rennen des Rennstalls aus den USA zum zweiten Mal unter die ersten Sechs. Das gelang einem neuen Konstrukteur zuletzt vor fast 45 Jahren. Die etablierten Teams reagieren mit Unmut.

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Pat Symonds hatte es befürchtet. Der erfahrene Williams-Technikchef hatte sich schon nach dem Australien-GP zu Wort gemeldet. "Der Status des Konstrukteurs wurde beschädigt. Manche würden ihn am liebsten komplett aushöhlen", warnte er.

Der Grund war der Erfolg von Grosjean und Haas. Punkte beim Formel-1-Debüt? Ohne das jahrelang aufgebaute Wissen der Luft- und Raumfahrtingenieure? Williams sah sich bedroht und wurde beim zweiten Saisonrennen prompt bestätigt.

Grosjean fuhr nicht nur abermals in die Punkteränge. Er verbesserte sich mit der aggressiven Reifenwahl supersoft, supersoft, supersoft, soft sogar.

Der Franzose kam als Fünfter ins Ziel, einen Platz weiter vorne als noch in Australien. Mit 18 WM-Zählern liegt er gleichauf mit Kimi Räikkönen auf Platz 4 der Fahrer-WM. Und: Während er in Australien noch Glück hatte, durch die zwischenzeitliche Rennunterbrechung nach vorne gespült zu werden, erreichte Haas das Sakhir-Resultat aus eigener Kraft.

Bester Einstieg seit 43 Jahren: "Es ist schon etwas verrückt"

"Das hat richtig Spaß gemacht. Wir hatten einige gute Kämpfe und konnten sogar die Williams überholen", freute sich Grosjean im Anschluss: "Es ist schon etwas verrückt. Es war ein traumhafter Start. Es fühlt sich so an, als müssten wir langsam mal aufwachen."

Der Einstieg des Neulings erinnert an Red Bull. Nur gibt es einen bedeutenden Unterschied: Dietrich Mateschitz kaufte damals Jaguar das Formel-1-Team ab, das ursprünglich als Stewart Racing das Licht der Welt erblickt hatte.

Dass ein neuer Konstrukteur bei seinen ersten beiden Auftritten Punkte sammelte, liegt viel weiter zurück - um genau zu sein 43 Jahre. Damals startete George Follmer für das neue Shadow-Team, fuhr in Südafrika auf Platz 6 und in Spanien auf Platz 3.

Etablierte haben Angst und stellen Gretchenfrage

Den etablierten Formel-1-Teams macht das Angst. Es könnte ernste Konsequenzen mit sich bringen: Wird Haas zum Vorbild, hätten die etablierten Privatiers durch ihr technologisches Wissen kaum Vorteile mehr. Jeder Neueinsteiger könnte sich bei Mercedes, Ferrari, McLaren und Co. das für Erfolg nötige Grundwissen einkaufen.

"Was Haas getan hat, ist gut für ihn. Aber ich weiß nicht, ob es die Richtung ist, in die die Formel 1 gehen sollte", sagte Symonds deshalb. Er kritisierte das Zusammenstreichen der Liste, auf der die Teile definiert sind, welche die Formel-1-Teams nicht an andere Rennställe verkaufen dürfen. "Manche wollen sie sogar noch weiter beschneiden", so Symonds.

"Was die dank der gelockerten Regeln auf dem Silbertablett präsentiert bekamen, haben wir uns acht Jahre lang mühsam erarbeitet", sprang deshalb Symonds Pendant bei Force India, Andy Green, dem 62-Jährigen zur Seite.

Für Symonds ist klar, wie die Königsklasse des Motorsports auszusehen hat: "Ich würde eine Formel 1 bevorzugen, die die Konstrukteure mehr betont." Es ist die Gretchenfrage, die der erfolgreiche Einstieg von Haas aufwirft: Wie definiert sich die Formel 1?

Haas feiert dank Ferrari-Wissen

Ein reiner Wettstreit von Konstrukteuren bedingt, dass jeder das Material selbst produziert, das auf der Strecke über die Positionen entscheidet. Genau das ist bei Haas aber nicht der Fall. Die US-Amerikaner beziehen knapp 70 Prozent ihres Autos von Ferrari und nutzen den Windkanal in Maranello.

Chassis, Flügel, Verkleidung, Unterboden und die Kühler muss jeder Formel-1-Rennstall in Eigenregie produzieren. Die Aufhängung etwa darf allerdings eingekauft werden. Auf dem Bahrain International Circuit, wo gute Traktion durch mechanischen Grip extrem wichtig ist, zahlte sich das für das Rookie-Team von Gene Haas aus.

"Unser Aufhängungsdesign hilft uns dabei, die Reifen am Leben zu halten. Wir haben viel Traktion", nannte Grosjean nach dem Sakhir-Rennen den wichtigsten Grund für den Erfolg beim Namen.

Nach der Rückfahrt in die Boxengasse von Sakhir hatte Grosjean die Fassung wiedergefunden. Nach der Zieldurchfahrt klang es im Boxenfunk noch wesentlich euphorischer: "Unglaublich Jungs. Das ist der amerikanische Traum!" Der Ausruf trifft voll ins Schwarze.

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