PR-Maschine schadet der Formel 1

Gemeinsam zum Ziel? Mark Webber und Dietrich Mateschitz machten gleichzeitig ihrem Frust Luft
© xpb

Red Bull rührt beim Heimrennen am Red Bull Ring die Werbetrommel - für Änderungen, gegen die momentane Formel 1. Webber und Mateschitz wettern vor dem Österreich-GP (alle Sessions im LIVE-TICKER) fröhlich in den hauseigenen Medien und schaden damit der ganzen Serie. Ein Kommentar von SPOX-Redakteur Alexander Maack.

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Steht das Ende der Formel 1 bevor? Die Aussagen von Red-Bull-Boss Dietrich Mateschitz und Ex-Fahrer Mark Webber lassen es vermuten. Alles ist schlecht, Änderungen sollen her. Die Kritik mag aus ihrer persönlichen Position verständlich sein, doch sie führt am Ziel vorbei: Sie schadet der Formel 1, statt sie zu verbessern.

Ist es Zufall, dass das Marketing-Imperium Red Bull vor dem Grand Prix auf dem firmeneigenen Kurs in Spielberg die schwerstmöglichen Geschütze auffährt? Warum stampfen Mateschitz und Webber die aktuelle Formel derart in den Boden, wenn alle Augen nur auf sie gerichtet sind? Und warum geschieht dies nur auf den hauseigenen Kanälen?

Die zentralen Fragen zur Ausstiegsdrohung des Firmenchefs und der Generalabrechnung des mittlerweile für Porsche startenden Australiers sind leicht zu beantworten: Der eine verliert den Spaß, weil er plötzlich nicht mehr gewinnt, der andere hat ihn schon vor Jahren eingebüßt, weil er sich als hochtalentierter Fahrer nicht so weit anpassen konnte, dass er sich heute Weltmeister nennen dürfte.

Persönliche Unzufriedenheit verständlich

Aus der Perspektive der beiden Kritiker sind die Äußerungen verständlich. Mateschitz buttert Jahr für Jahr über 450 Millionen Euro in seine Formel-1-Spielzeuge Red Bull Racing und Toro Rosso. Webber ist ein Experte für schnelle Kurven, der durch den rasch abbauenden Grip der Pirelli-Reifen extrem gehandicapt wurde.

Und doch sind ihre Aussagen schlecht, gar verheerend. Was Red Bull seit Monaten aufführt, schadet der Formel 1 mehr als die angestrebten Regeländerungen jemals erreichen könnten. Die Zitate von Webber und Mateschitz wabern in Spielberg dauerhaft durch das Fahrerlager. Das Sportliche wird zweit- oder gar drittrangig.

Es läuft gehörig falsch

Wenn sich eine gesamte Rennserie öffentlich über die eigenen Schwächen aufregt, dann läuft etwas falsch. Gehörig sogar. Gibt es weltweit einen Konzern, der nur die schlechten Eigenschaften seiner Produkte öffentlich herausstellt?

Zum Vergleich: Während in der Formel 1 wöchentlich über das angeblich zu komplizierte Regelwerk diskutiert wird, ist selbiges in der Langstreckenweltmeisterschaft WEC noch weit verzwickter. Doch statt Diskussionen findet man dort vor allem beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans Begeisterung.

Der größte Fehler der Formel 1 ist nicht das Reglement. Der größte Fehler ist das ständige Gemecker darüber. Selbst Bernie Ecclestone wetterte mit markigen Worten dagegen, schon lange bevor einer der V6-Turbo-Hybride erstmals auf die Strecke ging. Und das als Chefpromoter! Als der Mann, der die Rechte verkauft.

Eine Kampagne aus Eigeninteresse

Die Formel 1 mag Probleme haben. Sie muss sie lösen. Intern. Hinter den Kulissen. Ohne öffentliche PR-Kampagnen zur Durchsetzung der eigenen Wünsche.

Bleiben wir beim Beispiel Le Mans: Dort fuhr Nissan beim ersten Rennen meilenweit hinter den eigenen Ansprüchen und den öffentlichen Erwartungen hinterher. Die Fahrer schafften nicht mal die 110-Prozent-Zeit in der Qualifikation. Trotzdem regte sich niemand über das Reglement der Serie auf, denn die Konsequenz wäre, dass ein künftiger Erfolg weniger wert wäre.

Wer etwas bis in kleinste Teile zertrümmert, bekommt Probleme, wenn er es wieder zusammensetzen will. Doch genau das geschieht aktuell mit dem Ruf der Formel 1.

Nissan startet dort, weil der Konzern sich der Herausforderung stellen will, ein siegfähiges Auto nach dem gültigen Reglement aufzubauen. Wenn sich Red Bull diesem Grundsatz des Motorsports in der Formel 1 nicht stellen will, müssen sie die Konsequenzen ziehen. Aber mehrere Jahre öffentlich damit zu drohen, schadet nicht nur der Rennserie sondern auch dem eigenen Ruf.

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