Alonso treibt jeden Gaul zum Sieg

Lewis Hamilton und Fernando Alonso hätten für ihr Shanghai-Wochenende wohl beide Platz 1 verdient
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In der Formel-1-Saison 2014 kommt es dank verändertem Reglement wieder mehr auf den Fahrer an. SPOX-Redakteur Alexander Maack bewertet nach jedem Grand Prix die fahrerischen Leistungen der Piloten und stellt sein persönliches Driver-Ranking auf. Auch die User haben die Chance zur Mitbestimmung. Teil 4: Der China-GP in Shanghai.

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Platz 1, Fernando Alonso: Glücklicherweise blieb die Berührung mit Felipe Massa am Start folgenlos. Der Mann, der selbst den langsamsten Gaul zum Derby-Sieg treibt, ist wieder da! Alonso fuhr nicht nur fehlerfrei, er fuhr überragend. Die Pace des verbesserten F14 T reichte nicht wirklich, um Ricciardo den Platz auf dem Podium abzunehmen, der Spanier schaffte es trotzdem.

Besonders der fulminante Start mit dem Sprung auf Platz drei und die beeindruckende Pace im letzten Stint geben für mich den Ausschlag, Alonso zum ersten Mal in dieser Saison ganz vorn einzuordnen. Ferrari-Teamkollege Kimi Räikkönen konnte gerade mit der Geschwindigkeit des Vizeweltmeisters mithalten, wenn der kurz seine Reifen schonte und eine langsamere Runde einlegte, der Abstand in der Quali war noch größer.

Letztlich kam Alonso am Sonntag bei gleicher Strategie eine Minute vor dem Iceman über die Linie. Er wusste in Shanghai ganz genau, wann es auf eine Fabelrunde ankommt. Alonso pushte gnadenlos, als er zuerst neue Reifen holte. So kam er an Vettel vorbei und konnte den Abstand herausfahren, den Ricciardo am Ende nicht mehr aufholen konnte. Mit solch einer Leistung wird ihm Ferrari nicht mal übelnehmen, dass er den Erfolg Ex-Chef Stefano Domenicali widmete.

Platz 2, Lewis Hamilton: Auf dem Weg zur Perfektion. An diesem Wochenende gab es nur ein Ziel für Hamilton: Rekorde brechen. Am Freitag war der Brite unzufrieden, obwohl er die schnellste Zeit des Tages gefahren war. Am Samstag demontierte er die Konkurrenz mit drei Bestzeiten in drei Qualifikationsabschnitten und kündigte an, dass er sich noch weiter verbessert.

Jim Clark und Alain Prost haben jetzt weniger Pole Positions als der 29-Jährige, vor dem nur noch Michael Schumacher, Ayrton Senna und Sebastian Vettel liegen. Auch der Rennsieg brachte eine Verbesserung: Der große Juan Manuel Fangio hat einen Erfolg weniger - zugegebenermaßen hat Hamilton 82 Grands Prix mehr.

Hamilton fuhr mit seinem Mercedes "in einer eigenen Liga", wie es Motorsportchef Toto Wolff ausdrückte. Der Weltmeister von 2008 dominierte nach Belieben und hat sich dafür wie Alonso eine Bestnote verdient. Der minimale Unterschied ist sein einziger kleiner Fehler. Er leistete sich im Rennen einen kurzen Ausrutscher, als er in Turn 1 in die Auslaufzone musste - folgenlos.

Platz 3, Daniel Ricciardo: Das Podium hat der Australier in der Realität verpasst, im Driver-Ranking gelingt ihm der Sprung dank eines abermals starken Wochenendes aber. Ricciardo hatte von der ersten Session weg die vollständige Kontrolle über seinen Red Bull. Besonders das Reifenmanagement war schon bei seinem Longrun am Freitag fabelhaft.

Der Aufsteiger von Red Bull dürfte mittlerweile sämtliche Zweifel zerstört haben, er könne nicht im Konzert der Großen eine der ersten Geigen spielen. Ricciardo ist schnell, rasend im Qualifying und bisher fehlerlos im Rennen. Im Qualifying nahm er Sebastian Vettel eine halbe Sekunde ab, der Start war durch einen Ölfleck in Mitleidenschaft gezogen worden, da hätte er den Wagen anders positionieren müssen. Positiv: Auch ohne die Stallorder wäre der Australier letztlich im Rennen irgendwann mit DRS an seinem Teamkollegen vorbeigezogen.

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Meine persönliche Vermutung ist, dass Ricciardo deshalb mit dem RB10 keine Probleme hat, weil er sich kaum umstellen musste. Während Vettel sich an die Abtriebsgöttinen von Adrian Newey gewöhnte, fuhr der Australier im auf Topspeed getrimmten Toro Rosso umher. Bei der beschnittenen Aerodynamik der Saison 2014 könnte sich das Gefühl in den Kurven ähneln. Ricciardos Leistungen soll das nicht schmälern: Er fährt beeindruckend.

Platz 4, Nico Hülkenberg: Der König der Konstanz hat wieder zugeschlagen! Vier Rennen sind absolviert, jedes Mal wurde Hülkenberg Fünfter oder Sechster. Was auf den ersten Blick wie pure Langeweile erscheint, ist eigentlich ein herausragende Leistung. Teamkollege Sergio Perez springt wie von der Tarantel gestochen durch die Ranglisten, Hülkenberg bleibt wie ein sturer Esel oben.

Schon am Samstag war Hülkenbergs Leistung außerordentlich gut. Force India hatte maximal Außenseiterchancen auf Q3, der deutsche Regenspezialist brannte mit einer guten Runde früh die Nässe vom Asphalt, rutschte bei den schlechter werdenden Bedingungen in die Top Ten und ließ Vergne und Grosjean hinter sich. Schon in Q1 fuhr er auf den richtigen Reifen die zweitschnellste Zeit. Im Rennen war nicht mehr möglich, als die Williams zu überholen und Platz sechs über die Linie zu retten.

Platz 5, Felipe Massa: Bis kurz vor Kurve 1 lief alles perfekt. Teamkollege Valtteri Bottas ging trotz Massas Regenmängeln hinter dem Brasilianer ins Rennen. Als die Ampeln ausgingen, sprintete der frühere Ferrari-Pilot mit einem riesigen Satz nach vorne, um ausgerechnet mit Ex-Kollege Alonso zu kollidieren. An der Berührung trifft für mich keinen der beiden Piloten eine Schuld.

Danach machte sich Massa auf, irgendwie Rang sechs gegen Hülkenberg zu erstreiten. Allerdings war ihm das Williams-Pech einmal mehr hold. Sein Team zerstörte das Rennen, als es erst die falschen Hinterreifen beim Stopp parat hatte und dann das linke Rad nicht mehr fest bekam. Ohne die schlampige Arbeit der Mechaniker hätte Massa mit Vettel und Hülkenberg gekämpft, so endete seine sehr gute Leistung nur auf Rang 15.

Platz 6, Daniil Kvyat: Mit einem Toro Rosso in drei von vier Rennen in den Punkten - absolut keine Selbstverständlichkeit. Kvyat hängte in China seinen Teamkollegen Jean-Eric Vergne in der ersten Runde ab. Der Franzose kam bis zum Ende nicht mehr heran, stattdessen hielt der Russe Weltmeister Jenson Button in Schach.

Die Abgeklärtheit, mit der der 19-Jährige seine ersten Grands Prix abgespult hat, ist schier unglaublich. Keine Anpassungsprobleme, einfach schnell. Dass er im Regen-Qualifying dieses Mal nicht mit Vergne mithielt, sei ihm verziehen. Für die Europa-Rennen kündigt Kvyat sogar noch bessere Ergebnisse an: "Auch wenn heute alles sehr gut gelaufen ist, glaube ich, dass noch viel mehr vom Auto kommen wird." Nur zu!

Platz 7, Nico Rosberg: Schnellste Rennrunde, zweiter Platz und dennoch nur Rang sieben. Mich hat der WM-Führende in Shanghai nicht überzeugt. Zu seiner Verteidigung sei erwähnt, dass Rosberg von Beginn des Qualifyings an Technikprobleme hatte. Schon während Q1 setzte die Telemetrie aus, der Dreher im Stechen der Top Ten war ebenso eine Folge der Technikprobleme.

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Pünktlich zum Rennen dann der GAU: Die Ingenieure bekamen wieder keine Daten vom Auto, Rosberg übernahm die Rolle des Transponders und suchte auf dem Lenkrad-Display alle wichtigen Infos heraus. Dafür war seine Leistung stark. Allerdings war er auch im Qualifying zu weit von Hamilton entfernt für eine bessere Platzierung im Driver-Ranking.

Platz 8, Romain Grosjean: Wie gut ist der Lotus wirklich? Wenn ich mir die Leistungen von Pastor Maldonado angucke, tippe ich auf unkontrollierbar und schwach. Doch Romain Grosjean beweist das Gegenteil. Der Franzose hat das Auto nicht nur unter Kontrolle, er hat dessen Pace auch signifikant gesteigert.

In China wäre wohl der erste Punkt fällig gewesen, wenn nur die Haltbarkeit mitgespielt hätte. Vor allem der Qualifying-Sprung in die Top 10 war für mich ein Beweis für die Qualität des Franzosen, der die Schwäche des Autos mit seinem Können kaschierte.

Platz 9, Valtteri Bottas: Der Finne hatte in Q3 Potenzial für mehr, nahm er Teamkollege Felipe Massa doch in den beiden vorangegangenen Abschnitten jeweils vier Zehntel ab. Der siebte Startplatz war trotzdem eine ordentliche Leistung.

Im Rennen hatte er erst Probleme mit Rosberg, als er in der Kurve nach dem Start mit dem Deutschen kollidierte, dann hatte er das gleiche Problem wie der Werkssilberpfeil: Die Telemetrie funktionierte nicht. Dafür waren drei gutgemachte Plätze und der siebte Rang ein gutes Ergebnis.

Platz 10, Jules Bianchi: Hier ist eine Erklärung fällig. Warum steht der Marussia-Pilot vor Caterham-Fahrer Kamui Kobayashi? Der Japaner war nicht nur im Qualifying schneller, er hat den Franzosen auch im Rennen überholt. Allerdings war das Rennen da schon durch die zu früh geschwenkte schwarz-weiß-karierte Flagge beendet.

Bianchi überzeugte vor allem am Samstag, als er seinen Teamkollegen Max Chilton mit 1,5 Sekunden auf einer Runde deklassierte. Im Rennen war der Zeitunterschied nur marginal geringer. Deshalb hat der Franzose für mich erstmals in diesem Jahr einen Punkt im Driver-Ranking verdient.

Härtefall 1, Sebastian Vettel: Der Weltmeister bekommt erstmals seit dem Ausfall beim Saisonauftakt keinen Punkt, in der Gesamtwertung ist er Siebter. Die Fahrweise, die er sich antrainiert hat, passt einfach nicht zum aktuellen Auto. Vettel muss an sich arbeiten und ich bin überzeugt, dass er die Probleme gemeinsam mit seinem Team in den Griff bekommt.

Bis dahin sollte er sich allerdings nicht seinen Kredit verspielen, indem er sich den Anweisungen widersetzt oder sich minutenlang erklären lässt, dass Teamkollege Daniel Ricciardo schneller ist. Das war aus meiner Sicht völlig unnötig.

Härtefall 2, Kimi Räikkönen: Für den Finnen gilt dasselbe wie für Sebastian Vettel - allerdings in verschärfter Form. Der Iceman schafft keinen Stich gegen Alonso. Während der Spanier überzeugt, fährt Räikkönen im Mittelfeld nur hinterher. Räikkönen findet im Ferrari keinen Grip, er muss seinen weichen Fahrstil schleunigst anpassen um nicht zum zweiten Massa zu werden.

Untauglich, Pastor Maldonado: Schon wieder! Wie in Bahrain ist der Venezolaner am untersten Ende des Rankings zu finden. In China schoss er ausnahmsweise keinen Kollegen ab, er crashte unheimlich dumm im 3. Freien Training bei der Einfahrt in die Box. Viel zu schnell war Maldonado und verpasste so das Qualifying. Die Stewards reagierten und führten extra für ihn eine neue Flagge ein. Bei der Zufahrt zur Box wurde extra eine zusätzliche Gelbe Flagge installiert. Immerhin vermied Maldonado durch ein fehlerfreies Rennen ihren Einsatz.

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