Formel 1 - Erkenntnisse zum Emilia-Romagna-GP: Imola zeigt, dass Schumacher für Ferrari noch lange nicht bereit ist

Christian Guinin
25. April 202212:13
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Während Sebastian Vettel beim Großen Preis der Emilia-Romagna seine Stärken ausspielt und sein bestes Ergebnis der laufenden Saison einfährt, hadert Mick Schumacher einmal mehr mit eigenen, individuellen Fehlern. Red Bull blickt derweil mit Freude auf die funktionierenden Updates. Die Erkenntnisse zum Emilia-Romagna-GP.

Red Bulls Updates wirken

Max Verstappen gelang in Imola etwas, was noch keinem anderen Fahrer zuvor gelungen war. Neben Pole-Position, schnellster Rennrunde und der Führung in jeder Runde des Rennens, gemeinhin als "Wochenend-Grand-Slam" bekannt, siegte der Niederländer am Samstag auch im Sprintrennen.

Dass Red Bull auf dem Autodromo Enzo e Dino Ferrari eine derartige Machtdemonstration auf den Asphalt zaubern würde, hätten wohl die wenigsten geglaubt. Erst vor zwei Wochen im Melbourne hatte man gegen einen völlig überlegenen Ferrari noch überhaupt keine Chance gehabt. Mehr als 20 Sekunden brummte Rennsieger Charles Leclerc damals dem Zweitplatzierten Sergio Perez auf. Verstappen sah nicht einmal die Zielflagge.

Woher also kommt der plötzliche Umschwung im Titelrennen und ein völlig souveräner Sieg Verstappens beim Emilia-Romagnia-GP? Nun, Red Bull brachte ein größeres Update-Paket mit nach Imola. Unter anderem befand sich am RB18 ein neuer, modifizierter Unterboden für mehr Anpressdruck vor dem Cockpit. Zudem wurde die Bremskühlung an der Hinterachse überarbeitet, um eine bessere Zuverlässigkeit zu gewährleisten.

Konkurrent Ferrari hingegen entschied sich bewusst gegen Updates zum Heimrennen. Als "schwieriges Wochenende, um Updates zu bringen", hatte es Ferrari-Teamchef Mattia Binotto im Vorfeld bezeichnet. Der straffe Zeitplan am Freitag mit nur einem Freien Training und gleich anschließender Qualifikation und die damit verbundene, verkürzte Trainingszeit am Rennwochenende von drei auf zwei Stunden würde die Evaluation etwaiger Neuteile erschweren.

RB wird für Risikobereitschaft belohnt

Red Bull hielt dennoch am Update-Plan fest und wurde letztlich dafür belohnt. Laut Motorsportchef Helmut Marko hat sich dabei vor allem die Risikobereitschaft des Teams ausbezahlt. "Maßgeblich war, dass wir den Mut gefasst haben, trotz nur eines Freien Trainings unser Upgrade zu montieren. Es hat alles funktioniert, weshalb auch unser Aerodynamiker oben auf dem Podium steht", sagte der Österreicher nach dem Rennen.

Auch Verstappen befand die Updates als gewinnbringenden Schritt in Richtung Spitze. "Wir hatten die Dinge besser im Griff als in Australien. Ich bin einfach zufrieden, wie wir das ganze Wochenende ausgeführt haben. Dass wir alles im Griff hatten, ist extrem wichtig."

Doch nicht nur die neuen Teile am Auto hätten Red Bull in die Karten gespielt. Auch die niedrigeren Temperaturen in Italien kamen den Österreichern entgegen. So hatten Verstappen und Perez - anders als noch in Melbourne - zu keiner Zeit wirklich mit dem Verschleiß der Reifen zu kämpfen. "Wir konnten sehen, dass Charles etwas mehr Probleme mit den Vorderreifen hatte als wir", meinte Teamchef Christian Horner.

Dadurch habe Red Bull "die Oberhand" gehabt und sei auch zu keinem Zeitpunkt "zu sehr unter Druck von Ferrari geraten". Nach der Enttäuschung in Australien sei Imola genau die richtige Antwort gewesen, so Horner. Imola 2022 würde gar als "eines unserer besten Ergebnisse aller Zeiten" in die RB-Geschichte eingehen.

Schumacher ist für Ferrari noch lange nicht bereit

Erst unter der Woche verlängerte die Scuderia Ferrari mit Stammpilot Carlos Sainz. Der Spanier darf damit noch bis mindestens 2024 an der Seite von Charles Leclerc im Cockpit der Roten Platz nehmen. Die leisen Hoffnungen der deutschen F1-Bubble, Mick Schumacher doch vielleicht schon im kommenden Jahr bei Ferrari sehen zu dürfen, sind damit endgültig Geschichte. Der 23-Jährige wird sich bestenfalls noch mindestens drei Jahre gedulden müssen, um in die Fußstapfen seines Vaters treten zu können.

Ohnehin liefern die aktuellen Auftritte von Schumi Jr. wenig Argumente dafür, den nächsten Karriereschritt bereits vollziehen zu können. Während Teamkollege Kevin Magnussen in drei von vier Rennen in die Punkte fuhr, wartet Schumacher noch auf seinen ersten F1-Zähler. Neben Nicholas Latifi (Williams) ist er der einzige Fahrer, dem 2022 noch nicht der Sprung unter die besten Zehn gelang. Und auch in Imola lieferte er einmal mehr einen unglücklichen Auftritt ab.

Dabei wären mit Startplatz zehn eigentlich die besten Voraussetzungen gegeben gewesen. Doch der Traum war im Grunde schon nach zwei Kurven ausgeträumt. Am Start drehte sich Schumacher bei nassen Bedingungen ins Kiesbett und fiel bis ans Ende des Feldes zurück. Im Anschluss versuchte der Haas-Pilot seine verlorenen Positionen wieder zurückzuerobern, dabei unterlief ihm jedoch der nächste Fauxpas. In der Variante Alta verbremste er sich, fuhr geradeaus auf das nasse Gras, verlor die Kontrolle und drehte sich noch einmal.

"Wir haben die ganzen Positionen verloren, und das ist einfach eine Strecke, auf der ohne DRS nichts geht", zeigte sich Schumacher nach seinem Rennen unzufrieden. "Ich dachte, dass ich es kontrollieren kann", ärgere er sich, "aber ich konnte es dann leider doch nicht." Auch Sky-Experte und Onkel Ralf Schumacher haderte mit dem Auftritt seines Neffen. "Ich glaube, er muss einfach das gesamte Wochenende nochmal Revue passieren lassen. Man muss fairerweise sagen, dass er die meiste Zeit der Performance von Magnussen etwas hinterhergehinkt ist. Dieses Mal war es ein etwas schlechteres Wochenende."

Mick Schumacher unterliefen in Imola einmal mehr individuelle Fehler.getty

Schumacher kann mit dem Druck noch nicht umgehen

Das Problem: In diesem Jahr hat Schumacher zum ersten Mal überhaupt einen Boliden, mit dem es möglich zu sein scheint, aktiv um Punkte zu kämpfen. Der Speed des VF-22 ist nicht mit dem des Vorjahres zu vergleichen. Während es im vergangenen Jahr lediglich galt, Ex-Teamkollege Nikita Mazepin zu schlagen, ist 2022 von Schumacher mehr gefordert.

Aktuell zumindest scheint er mit diesem Druck noch nicht umgehen zu können. Schon ein paar Mal in dieser Saison boten sich beste Gelegenheiten, ganz vorne reinzufahren (Red-Bull- und Ferrari-Ausfälle), doch jedes Mal verbaute sich der 23-Jährige ein gutes Ergebnis mit individuellen Fehlern. Ein Engagement bei der Scuderia kann deshalb noch überhaupt kein Thema sein.

Vettel ist da, wenn sich die Chance bietet

Während es beim einen Deutschen in Imola wenig Grund zur Freude gab, durfte der andere eben Mal über sein bestes Saison-Resultat jubeln. Etwas unerwartet stellte Sebastian Vettel seinen Aston Martin auf dem Autodromo Enzo e Dino Ferrari auf dem achten Rang ab. Für seinen Rennstall bedeutet das die ersten WM-Punkte im Jahr 2022.

Entsprechend stolz war der Heppenheimer auf seine Leistung und meinte freudestrahlend: "Für uns ist das natürlich wie ein Sieg. Denn wir müssen ehrlich sein: Derzeit sind wir nicht die Schnellsten. Ich glaube, wir stehen eher am anderen Ende des Feldes. Heute aber lief es wirklich gut."

Und das ist noch untertrieben. Denn Vettel hielt sich im eigentlich unterlegenen AMR22 von Anfang an in den Punkterängen und rückte auf feuchter Strecke von P9 kommend sogar bis auf P7 nach vorne. In der Schlussphase verlor er noch eine Position an AlphaTauri-Pilot Yuki Tsunoda, seinen achten Rang verteidigte er dann aber bis zum Schluss.

"Es ist nur ein achter Platz und der ist nicht so toll wie ein Sieg. Da muss man ehrlich sein. Ich bin bei vielen Rennen auf dem Podium gelandet und ich hatte schon schlechtere Rennen. Also bin ich zufrieden", meinte Vettel später. Dennoch hätten er und seine Crew ein "wirklich gutes Rennen ohne Fehler" hingelegt. "Heute hat alles gepasst. Wir haben sogar mehr erreicht, als eigentlich möglich ist. Denn das gibt das Auto normal nicht her. Es gab aber eine Chance und die haben wir genutzt."

Sebastian Vettel fuhr zum ersten Mal im Jahr 2022 in die Punkteränge.getty

Vettel: "Arbeitest dir den Hintern ab"

Für das sportlich bislang so gebeutelte englische Traditionsteam ist Imola das ersehnte Erfolgserlebnis. "Es ist schon hart: Du arbeitest dir den Hintern ab und wenn du ein gutes Paket hast, ist es einfach, gute Ergebnisse einzufahren. Aber wie viel Arbeit weit hinten im Feld investiert wird, das habe ich über viele Jahre nicht wertgeschätzt. Einfach, weil ich nicht betroffen war", so Vettel.

Der Heppenheimer unterstrich am Sonntag dabei einmal mehr seine Qualität, im richtigen Moment zuzuschlagen. Schon in der vergangenen Saison, beim zweiten Platz in Aserbaidschan, hatte Vettel in einem chaotischen Rennen einen kühlen Kopf bewahrt und sich mit einem guten Ergebnis belohnt. Dieses Mal profitierte er von den frühen Ausfällen von Carlos Sainz, Daniel Ricciardo und Fernando Alonso. Ihm selbst unterlief unter schwierigen Bedingungen kein einziger Fehler.

"Jetzt müssen wir schauen, warum wir heute so gut waren. Vielleicht lag es am Wetter, an den geringeren Temperaturen und so. Das kam uns vielleicht etwas entgegen, wie schon am Freitag", analysierte Vettel nach dem Rennen. Euphorie wollte er trotz des guten Abschneidens nämlich nicht aufkommen lassen. "Das Auto ist immer noch schwierig zu fahren, selbst auf den Geraden. Man sieht es anhand der Onboard-Aufnahmen. Da muss man schon konzentriert bleiben."

Das aber rückt angesichts von P8 und P10 für ihn und Teamkollegen Lance Stroll zumindest für den Moment in den Hintergrund. "Diesen Schwung", sagt Vettel, "müssen wir nutzen, damit es in die richtige Richtung geht, denn die nächsten Rennen werden hart."