Giedo van der Garde im Interview: "Ohne Sponsoren wäre Lewis Hamilton nicht in der Formel 1"

Von Max Schrader
Giedo van der Garde fuhr 2013 im Caterham.
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Giedo van der Garde war in seiner Nachwuchszeit oft schneller als Lewis Hamilton oder Sebastian Vettel. Als er 2013 endlich den Sprung in die Formel 1 schaffte, wurde er von seinen ehemaligen Konkurrenten im damals unterlegenen Caterham regelmäßig überrundet. Trotz gültigen Vertrags war die Karriere des Niederländers in der Königsklasse nach einer Saison schon vorbei.

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Im Interview mit SPOX spricht der 35-Jährige über einen Skandal mit Sauber, er erklärt, warum fast jeder Fahrer ein "Pay-Driver" ist und was für ihn eine "Tragödie" war.

Außerdem verrät van der Garde, warum Lewis Hamilton ohne Sponsoren nicht in der Formel 1 fahren würde und wie er sich einst mit Hollywood-Schauspieler Jason Statham betrunken hat.

Herr van der Garde, 2006 waren Sie in der Formel 3 Teamkollege von Sebastian Vettel. Wie haben Sie ihn als Typ wahrgenommen?

Giedo van der Garde: Sebastian ist nur nicht mega-talentiert, sondern ein echter Arbeiter. Dazu ist er total ehrlich und sehr lustig. Wir haben uns in der vergangenen Saison mal bei einem Rennen gesehen. Es war, als wäre gar nicht so viel Zeit vergangen. Er hat sogar mit mir ein bisschen Niederländisch gesprochen.

Die Beziehung zwischen Teamkollegen ist ja immer speziell. Gab es zwischen Ihnen beiden jemals eine Auseinandersetzung?

Van der Garde: Niemals. Wir hatten immer eine gute Beziehung. Auf der Rennstrecke war es teilweise zwar hart, aber immer fair. Wenn er schneller war, habe ich ihn vorbeigelassen. Andersrum war das genauso. 2006 waren auch noch Paul Di Resta und Kamui Kobayashi in meinem Team. Mit den beiden war das nicht ganz so harmonisch. (lacht)

Sie sprechen Ihr starkes Team von damals an. Alle drei Teamkollegen haben mit Ihnen den Sprung in die Formel 1 geschafft. Viele Fahrer dürfen trotz guter Ergebnisse nicht in der Formel 1 fahren. Warum ist der Sprung vom Nachwuchs in die Königsklasse so schwierig?

Van der Garde: Das ist eine gute Frage. Ich glaube, viele Fahrer kommen mit der hohen Geschwindigkeit nicht klar. In der Formel 1 hat das Lenkrad zudem wesentlich mehr Knöpfe, damit muss man umgehen können. Dazu kommt, dass dadurch auch viel mehr beachtet werden muss. Sei es die Bremsbalance oder die stärkere Reifenabnutzung.

In seiner Nachwuchszeit fuhr van der Garde unter anderem gegen Lewis Hamilton und Sebastian Vettel.
© imago images / Motorsport Images
In seiner Nachwuchszeit fuhr van der Garde unter anderem gegen Lewis Hamilton und Sebastian Vettel.

Formel 1? "Da geht es oft nur um Selbstdarstellung"

Kann es auch sein, dass manche Nachwuchsfahrer von dem Trubel in der Formel 1 erschlagen werden?

Van der Garde: Auf jeden Fall. Wenn Du in der Formel 2 oder 3 einen Fehler machst, interessiert das kaum jemanden. Der Teamchef stellt sich sowieso darauf ein, zahlreiche Ersatzteile zu kaufen. Man darf bei der Betrachtung aber auch nicht die Teamgröße vergessen. Es gibt unzählige Mechaniker und Ingenieure, die an deinem Auto beteiligt sind und alle eine Meinung haben. Da geht es oft nur um Selbstdarstellung.

Um in die Formel 1 zu gelangen, muss man sich einem Nachwuchsprogramm der großen Rennställe anschließen. Wann beginnen dort die ersten Gespräche?

Van der Garde: Wahrscheinlich kurz nach der Geburt. (lacht) Spaß beiseite: Die Gespräche gehen richtig los, wenn man im Kart erfolgreich war. Bei mir es so, dass ich mich für Renault entschieden hatte, da es damals eine eigene Rennserie gab. Dort konnte ich mich am besten entwickeln. Mercedes, Ferrari und Red Bull gaben mir diese Perspektive nicht.

Für die Saison 2007 wurden Sie von Super Aguri als Testfahrer für die Formel 1 verpflichtet. Nehmen Sie uns in Ihren damaligen Alltag mit.

Van der Garde: Vor jedem Grand Prix saß ich einen Tag lang im Simulator, um dem Team bei der Abstimmung für das Auto zu helfen. Dort fährt man dann viele verschiedene Programme, ob mit vollem oder fast leerem Tank. Diese Programme müssen auch die Fahrer absolvieren. Zum Rennwochenende begleitet man das Team als Ersatzfahrer, falls den eigentlichen Fahrern etwas passieren sollte. Und vereinzelt durfte ich an einem Training teilnehmen.

Sie sprechen die verschiedenen Programme an, die im Simulator absolviert werden müssen. Wieso gibt es dann noch drei Trainings?

Van der Garde: Es stimmt, dass die wesentliche Arbeit bereits vor dem Wochenende getätigt wurde. Für die Teams ist dies essentiell, da anhand der Simulator-Ergebnisse der Frontflügel und viele weitere Teile ausgewählt werden. Das Training dient daher als Feinjustierung. Der Simulator kann aber nicht alles abfangen. Man muss sich als Fahrer an die Windverhältnisse und Unebenheiten der Strecke gewöhnen. Für die jungen Fahrer dient das Training zudem als Eigenwerbung. Das ist mit den Fahrten im Simulator nicht zu vergleichen.

"Das war ein schwarzer Tag für mich"

2009 fuhren Sie in der GP2, der damaligen Formel 2, zusammen mit Nico Hülkenberg, der damals die Meisterschaft gewann. Sie gewannen sogar zwei Rennen. Wieso sind Sie in der Serie geblieben?

Van der Garde: Es ist alles nicht ganz so einfach. Für die Saison 2009 hätte es damals fast mit der Formel 1 geklappt. Am Ende entschied sich das Team gegen mich und ich musste weiter in der GP2 fahren. Nico war damals das Maß aller Dinge. Noch heute scherzen wir manchmal darüber. Wir sind immer noch gut befreundet.

Wenn Sie so gut befreundet sind, können Sie uns doch sicherlich verraten, ob er in der nächsten Saison in der Formel 1 einen Platz bekommen wird.

Van der Garde: Das weiß ich leider nicht und er glaube ich auch noch nicht. Ich kann nur eins sagen: Nico ist unglaublich talentiert. Wir haben in Silverstone und jetzt am Nürburgring gesehen, was in ihm steckt. Und das quasi aus der kalten Hose. Er ist sehr ehrlich, sehr entspannt und einfach ein cooler Typ.

Zurück zur GP2: 2011 führten Sie in Valencia das Rennen an, gaben es allerdings aufgrund einer kuriosen Situation aus der Hand. Erzählen Sie.

Van der Garde: Das war ein schwarzer Tag für mich. Ich führte das Rennen souverän an und hätte es locker nach Hause gefahren. Nach einem Boxenstopp fuhr ich mit neuen Reifen auf eine Unfallstelle zu. Ich bremste ab, alles war in Ordnung. Das Problem war aber, dass ich in dem Sektor trotz des Abbremsens Bestzeit fuhr. Das ist nicht unüblich, da die neuen Reifen schneller sind. Am Ende bekam ich aber dennoch eine Strafe aufgebrummt und wurde daher nur Zweiter. Was für eine Tragödie!

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