Modelleisenbahn im Wohnzimmer

Der Straßenkurs von Sotschi schlängelt sich durch das Olympia-Gelände der Winterspiele 2014
© getty

Beim vierten Großen Preis von Russland (alle Sessions im LIVE-TICKER) droht Mercedes ein Deja-vu-Erlebnis. Die stark von den Olympischen Spielen beeinflusste Strecke in Sotschi ähnelt Singapur.

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Streckendaten:

Name: Sochi Autodrom

Ort: Sotschi

Länge: 5,848 Kilometer

Runden: 53

Renndistanz: 309,745 Kilometer

Kurven: 12 Rechtskurven, 6 Linkskurven

Darauf kommt es an:

Wer in seiner Kindheit im elterlichen Wohnzimmer mal seine Modelleisenbahn aufgebaut hat, der weiß, wie die Arbeit der deutschen Architekten um Hermann Tilke aussah. Als das Team den mittlerweile umbenannten Sochi International Street Circuit plante, standen die Olympia-Bauten der Winterspiele 2014 als Sofas, Wohnzimmertisch und Sessel schon in der Gegend herum.

Nach dem ohne Verzögerung durchfahrenen Turn 1 und der ersten von zwei DRS-Zonen ist nach über einem Kilometer Vollgas plötzlich die Medals Plaza im Weg. Dort, wo die siegreichen Winter-Olympioniken geehrt wurden, müssen die Formel-1-Fahrer nun nach einem engen Rechtsknick im direkt folgenden Omega-Linksbogen den Zustand ihrer Nackenmuskulatur testen.

"Da wird mit mehr als 200 km/h reingefahren, raus geht es mit mehr als 300 km/h", beschrieb Tilke gegenüber "Auto Motor und Sport" die 180-Grad-Hochgeschwindigkeitskurve, an deren Außenseite das Eiskunstlaufstadion liegt: "Die wird immer schneller. So eine gibt es glaube ich noch nicht." Fliehkräfte von 3,4 G wirken hier pro Runde ganze sechs Sekunden lang.

Geschlängel zwischen den Olympia-Hallen

Die mit 5,848 Kilometern nach Spa und Silverstone drittlängste Strecke des aktuellen Kalenders ist zwar an einigen Stellen von hohen Geschwindigkeiten geprägt, doch sie schlängelt sich zwischen Olympischem Stadion, Eishockey-Arena, Curling Center und Eisschnelllaufstadion auch in sehr vielen 90-Grad-Kurven umher. Das erinnert an Singapur. Maximaler Anpressdruck ist Pflicht.

Überholen war bei der Premiere 2014 sehr schwer. Die beste Chance besteht vor Turn 2 mittels DRS. Bei der zweiten Zone vor Turn 13 ist ein erfolgreiches Manöver schon schwieriger, weil mit geöffnetem Flügel ein leichter Linksbogen durchfahren und der Weg daher länger wird.

Reifen:

Supersoft und Soft. Selbst die Ingenieure waren im Vorjahr überrascht, wie gering der Reifenverschleiß in Sotschi ausfiel. Weil die Öffentlichkeit beim Premierenrennen über Langeweile klagte, reagiert Pirelli und bringt beim Russland-GP die weichsten Reifenmischungen des Sortiments mit. Das Ein-Stopp-Rennen soll sich nicht wiederholen. Zumal im Jahr 2014 auch ein Grand Prix ohne Stopp möglich gewesen wäre, wie Nico Rosberg damals nach seinem Verbremser zeigte.

OPTA-Fakten zum Rennen:

  • Sammeln Lewis Hamilton und Nico Rosberg drei Punkte mehr als Ferrari, hat Mercedes die Konstrukteurs-WM erfolgreich verteidigt. Das gelang bei 10 der bisherigen 14 Saisonrennen. Die Silberpfeile würden den Titel am Sonntag einen Tag früher holen als in der Saison 2014. Für den Weltmeister geht es am Samstag zudem um die 50. Pole Position in seiner Formel-1-Karriere.
  • Mercedes hat eine 100-prozentige Siegesquote beim Russland-GP. Klingt wenig verwunderlich, weil das erste Rennen in Sotschi 2014 ausgetragen wurde. Allerdings gab es schon 1913 und 1914 Grands Prix in St. Petersburg, die vor der Fusion mit Daimler die Marke Benz gewann. Lewis Hamiltons Sieg im Vorjahr komplettierte also einen lupenreinen Hattrick binnen 101 Jahren.
  • Fernando Alonso gab unter der Woche bekannt, dass er in Sotschi seinen 250. Grand Prix fährt. Allerdings ist es erst der 248. Start. Beim USA-GP 2005 in Indianapolis zogen sich alle Michelin-Teams zurück, weil die Reifen der Steilkurve nicht standhielten. Außerdem verpasste Alonso offiziell den Belgien-GP 2001, weil er beim Restart nicht mehr antrat.
  • Premiere: Zum ersten Mal gehen gleich zwei Fahrer in ein Formel-1-Wochenende, die schon 41 Grads Prix gewonnen haben: Sebastian Vettel und Lewis Hamilton. Als Ayrton Senna beim Saisonfinale 1993 im australischen Adelaide seinen 41. Sieg holte, beendete Alain Prost gerade seine Kariere. Vettel hat mit 10 Besuchen auf dem Podium in diesem Jahr übrigens dieselbe Anzahl vorzuweisen wie bei seinen WM-Titel 2010 und 2012.
  • Verpasst McLaren in Sotschi den unmöglich scheinenden Sieg, stellen sie ihren eigenen Negativrekord in sieglosen Rennen ein. 53 Grands Prix in Folge blieb das Traditionsteam letztmals zwischen James Hunts Sieg im japanischen Fuji anno 1977 und dem Erfolg von John Watson beim Großbritannien-GP 1981.

Statistik:

Sieger 2014: Lewis Hamilton (Mercedes), 1:31:50,744 Stunden

Pole Position 2014: Lewis Hamilton (Mercedes), 1:38,513 Minuten

Schnellste Rennrunde 2014: Valtteri Bottas (Williams), 1:40,896 Minuten

Rundenrekord: Valtteri Bottas (Williams, 2014), 1:40,896 Minuten

Rekordsieger: Lewis Hamilton - 1 (2014)

Wetter-Prognose:

Freitag: Schauer, 19 Grad, 90 Prozent Regenrisiko

Samstag: bewölkt, 16 Grad, 10 Prozent Regenrisiko

Sonntag: bewölkt, 17 Grad, 30 Prozent Regenrisiko

Zeitplan:

Freitag, 9 Uhr: 1. Training

Freitag, 13 Uhr: 2. Training

Samstag, 11 Uhr: 3. Training

Samstag, 14 Uhr: Qualifying

Sonntag, 13 Uhr: Rennen

Stand in der Fahrer- und Konstrukteurs-WM

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