Sebastian Vettel: Der Terminator der Formel 1

Von Alexander Maack
Sebastian Vettel führt die Konkurrenz im Red Bull derzeit regelrecht vor
© spox

Drei Rennen stehen noch aus und Sebastian Vettel hat die besten Chancen auf den dritten WM-Titel in Folge. Selbst ein Triumph von Fernando Alonso in Abu Dhabi könnte daran nichts ändern.

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Die Beschreibung "dominant" ist bei der aktuellen Situation in der Formel 1 eigentlich fehl am Platz. Vettel dominiert die übrigen Fahrer nicht, er terminiert jeglichen Widerstand. Seit dem Singapur-GP hat kein anderer Fahrer eine einzige Runde in Führung absolviert, der Heppenheimer fährt nun schon seit 207 Umläufen an der Spitze des Feldes.

Vettel hat zudem mit dem jüngsten Erfolg die meisten Führungsrunden der gesamten Saison absolviert. 327 Runden bedeuten, dass der Deutsche die Konkurrenz über 30 Prozent der gesamten Saison anführte. Sein härtester Konkurrent Alonso kommt nur auf 25 Prozent.

Ein Grund dafür ist Adrian Newey. Der Design-Papst der Formel 1 hat den Red Bull zusammen mit seinem Ingenieurs-Team wieder dahin gebracht, wo das Auto in der gesamten vergangenen Saison war: an die absolute Spitze. Dennoch will der Brite, der in der Shakespeare-Stadt Stratford-upon-Avon geboren wurde, noch nichts von einer Vorentscheidung wissen.

"Wir hatten jetzt vier sehr gute Rennen, nachdem wir zuletzt dreimal geschlossen aus der ersten Startreihe losgefahren waren", zeigte sich Newey bei "Sky Sports F1" erleichtert: "Das Auto ist gut, doch das ist keine Garantie für die Zukunft. Es stehen noch drei Rennen aus und 75 Punkte sind zu vergeben. Das ist noch ein langer Weg. Und die Saison ist so unvorhersehbar."

Dominanz im Qualifying

Das war sie zumindest, bis Red Bull den Nachteil des seit diesem Jahr verbotenen Blown Diffusor, der die Überlegenheit der letzten Saison begründete, ausglich und seit dem Rennen in Japan zahlreiche neue Teile an den RB8 montiert. Seitdem ist die Dominanz zurück, zumindest im Qualifying.

Hier spielt Red Bull den Vorteil des Doppel-DRS aus, dass sich die Entwicklungsabteilung von Mercedes abguckte und solange entwickelte, bis es am eigenen Auto funktionierte. Wie groß der Zeitvorteil durch das System ist, lässt sich beim Zeitenvergleich von Qualifikation zum Rennen ablesen.

Während Vettel in der Quali fast eine halbe Sekunde schneller war als Alonso, fuhr der Spanier im Rennen sogar die schnellere Rundenzeit. Dessen ist sich Ferrari bewusst.

Fry: "Machen es Sebastian etwas zu einfach"

"Wir müssen zusehen, dass wir uns im Qualifying steigern", sagte etwa Pat Fry, Technischer Direktor der Scuderia: "Wir machen es Sebastian im Augenblick vielleicht etwas zu einfach."

Am Samstag erklärte Alonso deshalb den Kampf um die Fahrer-WM zum Duell mit Newey: "Derzeit kämpfen wir nicht gegen Sebastian", resümierte der WM-Zweite: "Wir kämpfen vor allem gegen Newey."

Dass Vettel danach etwas verschnupft reagierte, ist verständlich. Er hob die Leistung des Teams mit der österreichischen Lizenz hervor und hat damit recht. Ohne einen Fahrer, der ständig das Optimum aus dem Auto herausholt und sowohl unter Druck als auch bei souveräner Führung keine Fehler macht, würde auch ein Newey-Auto nicht gewinnen.

Vettel vereint aktuell beide Eigenschaften, liefert beständig gute Leistungen und findet auch noch Zeit, die Beiträge jedes Einzelnen zu würdigen. "Alle haben sich ins Zeug gelegt, hier an der Strecke oder zuhause in Milton Keynes. Das macht den Unterschied aus", so Vettel: "Das Team arbeitet perfekt zusammen, um das Auto noch schneller zu machen. Ich hoffe natürlich, dass es nächste Woche direkt so weitergeht."

Domenicali-Ausflüchte amüsieren Red Bull

Ferrari flüchtet sich unterdessen in Ausreden. So versuchte Teamchef Stefano Domenicali den Vorteil des Deutschen schon mit den Ausfällen zu erklären, die sein Topfahrer in diesem Jahr hatte. Beim Konkurrenten löst das nur freudiges Gelächter aus.

"Ha, dasselbe könnte man auch über die beiden durch die Technik verursachten Ausfälle von Sebastian sagen", amüsierte sich Helmut Marko und erinnerte damit an die beiden Lichtmaschinendefekte in Valencia und Monza: "Die Worte hätte, wäre, wenn existieren in unserer Welt nicht. Die Wahrheit ist, dass beide gleich viele Ausfälle haben und der Stand in der Meisterschaft den Leistungen auf der Strecke entspricht."

Genau dort soll es beim nächsten Rennen in Abu Dhabi auch wieder für Alonso funktionieren. Ans letzte Jahr dürfte er im Gegensatz zu Vettel gute Erinnerungen haben, schloss er das Rennen auf dem Yas Marina Circuit doch als Zweiter ab, während der spätere Weltmeister schon in der zweiten Runde mit einem Plattfuß aufgab.

Ferrari nimmt Entwicklungs-Wettstreit an

"Wir werden schon in Abu Dhabi ein paar Updates haben. Lasst uns hoffen, dass wir einen Schritt nach vorn machen können", appellierte Alonso an die Geduld der Scuderia-Fans: "Es wird wichtig sein, den Punkterückstand abzubauen, der bereits existiert."

13 Punkte trennen Vettel und Alonso aktuell. Selbst ein Sieg Alonsos, bei dem Vettel nur Vierter wird, würde an der Reihenfolge nichts ändern. Deshalb hat Alonso seine Taktik schon geändert.

Während er in den letzten Rennen immer den Eindruck erweckte, seinen Vorsprung auf Vettel in der Gesamtwertung nur verteidigen zu wollen, fuhr er in Indien von Beginn an aggressiv und ging bei den Überholmanövern gegen die McLaren Risiken ein, die er zuletzt eher vermieden hätte.

Alonso erhöht Risikobereitschaft

"Vielleicht bin ich beim Überholen mehr Risiken eingegangen als in den Rennen zuvor", räumte der Spanier ein: "Im zweiten Rennabschnitt machte ich das Maximum aus Webbers KERS-Problemen, sodass ich ihn überholen konnte. Einmal mehr haben wir gesehen, dass alles passieren kann, und dass die Rennen immer lang und schwierig sind."

Schon vor dem Start hatte Alonso darauf hoffen müssen, dass Red Bull Probleme bekommt, damit er ernsthafte Chancen auf Überholmanöver hätte. Seine Zielvorgabe: McLaren früh überholen und dann die Red Bull unter Druck setzen. Der Plan ging zu 100 Prozent auf. So verbuchte er sein Abschneiden als "Schadensbegrenzung".

Alonso: "Acht Punkte gewonnen statt sieben verloren"

"Für unseren fünften Startplatz hätte es zehn Punkte gegeben. Platz zwei ist aber 18 Zähler wert. Ich denke, wir haben acht Punkte gewonnen und nicht sieben Punkte auf Sebastian verloren", sagte Alonso bei "Sky Sports F1": "Dieses Rennen werden wir daher noch in Erinnerung behalten. Und ich bin mir sicher: Beim nächsten Rennen machen wir eine bessere Figur und können mehr kämpfen."

Mit neuen Teilen und einer Strecke, die Ferrari viel besser liegen müsste. In Abu Dhabi gibt es wesentlich mehr Geraden, die von 90-Grad-Kurven abgeschlossen werden, als bei den letzten drei Rennen.

Schnelle, mit über 200 Stundenkilometern gefahrene Kurven, die Red Bull einen eklatanten Zeitgewinn bringen, finden sich nur im ersten Sektor.

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Am Ende könnte der Fahrer den Unterschied machen. Das sieht Red Bulls Teamchef Christian Horner ähnlich: "Fernando Alonso ist immer ein riesiger Kämpfer gewesen. Er hat sich den richtigen Konkurrenten für den Kampf ausgesucht, weil Sebastian alles geben wird." Drei Rennen bleiben noch. Spätestens dann entscheidet sich, ob Alonso auch als John Connor überzeugt.

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