Mercedes hat schon heimlich getestet

Von Alexander Mey
Michael Schumacher wird am Dienstag die erste offizielle Testfahrt im neuen Mercedes bestreiten
© Getty

Am Dienstag startet in Barcelona die zweite Testwoche vor dem Start der Formel-1-Saison. Mit Spannung wird dabei der erste Auftritt des neuen Mercedes erwartet. Dabei hat der den ersten geheimen Test schon hinter sich.

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Bevor am Dienstag der erste Formel-1-Motor aufheult, ist der größte Event der Woche schon Geschichte. Denn Mercedes wird sein neues Auto bereits gegen 8.30 Uhr, also eine halbe Stunde vor dem Start der zweiten Woche der Wintertests, präsentieren.

Eine Premiere - zumindest öffentlich. Denn der neue Silberpfeil ist nicht ganz so jungfräulich wie man vielleicht denkt. Zum einen war er vergangene Woche schon zu Filmaufnahmen auf der Strecke, zum anderen - und das ist viel wichtiger - hat Mercedes am Sonntag bereits einen Privattest in Barcelona absolviert.

Den ganzen Tag lang testeten erst Michael Schumacher und später Nico Rosberg den AMG W03 auf Herz und Nieren. Zwischen 200 und 300 Kilometer waren sie unterwegs, um Kinderkrankheiten auszumerzen. Ob sie welche hatten, wurde ebenso wenig veröffentlicht wie eventuelle Rundenzeiten.

Der Test war möglich, weil Mercedes auf den vierten Testtag mit dem alten Auto in Jerez verzichtet hatte. Der wurde nun nachgeholt. Auch ein erstes inoffizielles Bild des neuen Boliden kursiert bereits im Internet.

Mercedes mit neuem F-Schacht

Ganz so viel Rückstand, wie einige Experten geunkt haben, hat Mercedes wegen des verspäteten Launches also nicht. Vielleicht erweist sich der Überraschungseffekt sogar als Vorteil. Denn bei der Konkurrenz verhehlen wenige, dass sie sehr gespannt auf eventuelle Tricks am Auto von Ross Brawn und Co. sind.

Einer davon wird der F-Schacht an der Nase sein, den das Team schon mit dem alten Auto gestestet hat und der Vorteile bei der Höchstgeschwindigkeit bringen soll. Kein anderes Team hat bisher ein solches System. Interessant wird auch die Auspuff-Lösung sein, die Mercedes anzubieten hat.

Michael Schumacher soll am Dienstag und Mittwoch am Steuer sitzen und wird es unter anderem mit Weltmeister Sebastian Vettel zu tun bekommen. Im Gegensatz zu Jerez eröffnet diesmal der Deutsche die Testwoche am Dienstag und Mittwoch.

Hat Red Bull schon wieder Auspuff-Vorteile?

Um Red Bull ranken sich derweil schon wieder Spekulationen, man habe vielleicht ein Auspuffsystem gefunden, das einen Vorteil bringt.

"Obwohl sich die Regeln geändert haben, haben wir zusammen mit Red Bull eine Lösung gefunden, um den Performance-Verlust auszugleichen. Es ist nicht dasselbe, aber eine clevere Entwicklung, die den Unterschied machen kann", sagte Renault-Sportchef Francois Caubert "Autobild motorsport".

Die Abgase sollen durch den Querlenker der Hinterradaufhängung besser nach hinten abgeleitet werden als bei der Konkurrenz. Anzeichen dafür könnte die Tatsache sein, dass der Red Bull und der Lotus - ebenfalls mit Renault-Motoren unterwegs - in Jerez die beste Straßenlage hatten.

Technikchef Adrian Newey hat allerdings jetzt schon erklärt, dass sich das Heck des Red Bull bis zum Saisonstart in Melbourne noch einmal verändern wird.

Ferrari braucht dringend Testkilometer

Viel verändern wird auch noch Ferrari. Die Roten waren in Jerez noch sehr tief in der Experimentierphase und hatten einige Probleme mit der Standfestigkeit.

Das muss sich jetzt ändern, fordert Felipe Massa: "Es kommt darauf an, in der kommenden Woche jede Menge Kilometer zu fahren. Denn wir haben viele Ideen, die wir ausprobieren wollen."

Massa wird am Donnerstag das Steuer des F2012 übernehmen, nachdem sich zuvor Fernando Alonso direkte Weltmeister-Duelle mit Vettel, Schumacher und Lewis Hamilton geliefert hat.

Diskussionen über tiefe McLaren-Nase

Hamilton wird also vor Button den neuen McLaren testen, der in Jerez auch noch nicht restlos überzeugte und vor allem aufgrund seiner tiefe Nase auffiel. Die hat sonst kein anderes Auto.

"Da wir die einzigen mit einer tiefen Nase sind, muss ich sagen: Entweder haben wir Recht oder alle anderen", sagte Hamilton schon in Jerez. Die anderen sind der Meinung, dass McLaren mit seiner Lösung daneben liegt oder zumindest zu konservativ war. "Wir sind der Meinung, dass es besser ist, die Front des Autos hoch zu bauen", sagte zum Beispiel Toro-Rosso-Technikchef Giorgio Ascanelli.

Dem widerspricht McLaren-Teamchef Martin Whitmarsh natürlich: "Es stimmt, wir könnten mit einer höheren Nase mehr Luft unter dem Auto hindurch zum Unterboden leiten. Aber dafür haben wir einen niedrigeren Schwerpunkt, mehr Freiheiten bei der Aufhängungsgeometrie und eine bessere Sitzposition mit besserer Sicht für die Fahrer."

Trotzdem ist es sicher keine allzu große Beruhigung, das neue Auto als Erster vorzustellen und danach festzustellen, dass alle anderen einen anderen Weg gegangen sind. Gute Testzeiten in Barcelona würden die Gemüter sicher beruhigen.

Vettel hat Lotus auf dem Zettel

Viel ruhiger als nach Jerez könnten die Gemüter bei Lotus kaum sein. Sie hatten den besten Start in die Wintertests und werden schon jetzt von allen Gegnern ernst genommen. "Wenn das Auto so gut ist wie es in Jerez den Anschein hatte, dann ist Kimi ein ernsthafter Gegner", sagte Vettel "auto, motor und sport".

So ähnlich hörten sich allerdings auch im Vorjahr die Lobeshymnen an - und dann kam nach starkem Saisonstart nicht mehr viel. Dafür, dass es nun besser wird, müht sich in Barcelona zunächst Romain Grosjean ab. Rückkehrer Kimi Räikkönen sitzt am Donnerstag und Freitag im Auto.

Aus deutscher Sicht noch interessant: Nico Hülkenberg sitzt am Dienstag und Mittwoch im Force India. Timo Glock gibt sein Debüt im Marussia am Donnerstag, allerdings noch im alten Auto. Das neue wird erst zum letzten Test Anfang März fertig.

Die Testzeiten in Jerez im Überblick

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