Weg mit dem Teamorder-Verbot - oder nicht?

SID
Die Doppelsieger von Hockenheim: Fernando Alonso (r.) und Felipe Massa
© Getty

Michael Schumacher bleibt ein eiserner Verfechter der Teamorder, Sebastian Vettel hat eine "Wunschstrafe" für Ferrari, Weltmeister Jenson Button und sein Vorgänger Lewis Hamilton geben dagegen die Hüter des sauberen Sports. Nach dem Teamorder-Skandal um Ferrari ist die Diskussion um Recht und Moral in der Formel 1 wieder voll entbrannt.

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Formel-1-Boss Bernie Ecclestone, Teamchef Eddie Jordan und Flavio Briatore haben schon für eine Abschaffung des Teamorder-Verbots plädiert, um sich zumindest weitere Fälle von Scheinheiligkeit zu ersparen.

In diese Richtung tendiert auch Rekord-Weltmeister Michael Schumacher.

Man sei schließlich "auf keiner Kaffeefahrt, hier geht es um einen WM-Titel", sagte der Mercedes-Pilot, der selbst mehrfach von Stallordern profitierte.

2002 bei Ferrari sogar so offensichtlich, dass nach dem legendärem Funkspruch von Teamchef Jean Todt an Rubens Barrichello ("Let Michael pass for the Championship") das Teamorder-Verbot eingeführt wurde.

Er habe die Diskussion darüber früher nie verstanden und verstehe sie auch heute nicht, erklärte Schumacher: "Man setzt eben auf den, der bessere Chancen hat, Weltmeister zu werden."

Reaktionen: "Ferrari sollte sich schämen"

Vettel wünscht sich Punktabzug

Auch Vettel, der das Schauspiel beim Ferrari-Doppelsieg als Drittplatzierter aus nächster Nähe verfolgte, zeigte Verständnis. Wenn man den WM-Titel am Ende des Jahres wegen weniger Punkte verpasse, "die man vielleicht hier oder da hätte besser hamstern können, dann steht man auch als Idiot da", sagte er bei "ServusTV".

Dass es sich um Teamorder gehandelt hat, ist für den Red-Bull-Piloten unstrittig. "Wenn man die Bilder sieht und sich die Funksprüche anhört, dann ist es eigentlich eindeutig", sagte er und nannte mit einem Augenzwinkern seine Wunschstrafe für Ferrari: "10 Sekunden Strafe für beide, denn dann wäre ich im Prinzip Erster - die anderen beiden Zweiter und Dritter."

Lauda plädiert für Kompromiss

Für einen Kompromiss plädiert Niki Lauda. Der dreimalige Weltmeister aus Österreich sagte bei "RTL Aktuell": "Der Schaden für den Sport ist inakzeptabel. Aber jeder, der mit der Formel 1 zu tun hat, weiß, dass es irgendwann einmal Teamorders geben muss, wenn man die WM gegen einen Dritten verteidigen will. Deswegen ist für mich der logische Vorschlag, man muss Teamorders erlauben, zu einem Zeitpunkt, wo es um die WM geht, nämlich das letzte Rennen oder die letzten zwei Rennen. Und das ist der grundsätzliche Fehler, der jetzt begangen wird."

Dagegen forderte TV-Experte Marc Surer einen Punktabzug für Ferrari, aber Straffreiheit für die Piloten. "Wir haben ein klares Reglement. Es muss eine Strafe sein, die wehtut, aber ich bin dagegen, dass ein Fahrer bestraft wird, denn die können am wenigsten dafür", sagte Surer bei "ServusTV": "Der eine wurde gezwungen - und dass der andere vorbeifährt, wenn der vom Gas geht, ist auch logisch. Also muss man das Team so bestrafen, dass es wehtut: Punkte weg für das Team."

Keine weitere Strafe zu erwarten

Derweil bildet sich eine breite Front für die Abschaffung des Verbots. "Was Leute in ihrem Team machen, obliegt ihnen", wurde Ecclestone bei "motorsport-magazin.com" zitiert. "Das ist ein Unsinn, der aufgehoben werden muss", meinte Jordan in der "BBC".

Und der langjährige Teamchef Briatore sagte im italienischen Fernsehen, die Regel mache keinen Sinn und müsse deshalb abgeschafft werden. "Ferrari hat nichts falsch gemacht", sagte Briatore und erwartet keine weitere Strafe durch den FIA-Weltrat: "Der Vorsitzende ist Jean Todt, der Barrichello anwies, Schumacher überholen zu lassen, also können wir uns alle entspannen."

"Genug der Heuchelei"

Ferrari-Präsident Luca di Montezemolo ging derweil in die Offensive. "Diese Polemik interessiert mich nicht. Also genug der Heuchelei", teilte er auf der Homepage der Scuderia mit.

Auch Lotus-Technikchef Mike Gascoyne gesteht die Existenz der Teamorder unmissverständlich ein: "Es gibt Stallregie, und wir müssen akzeptieren, dass es sie weiter gibt. Ich denke, dass wir alle so etwas machen. Wir alle haben Codewörter, und wir alle treffen an der Boxenmauer Entscheidungen - aber wir stellen uns dabei einfach nicht so dumm an wie Ferrari." Der frühere Formel-1-Pilot David Coulthard sagte der Welt: "Wir veräppeln das Publikum, wenn wir es glauben machen, dass Teamorder nicht vorkommt."

McLaren, das derzeit im Titelkampf gleich zwei Eisen im Feuer hat, beteuert dagegen den Willen zu Fairplay. "Ich persönlich denke, dass Teamorder in der Formel 1 und in jeder anderen Rennserie, einfach fehl am Platz ist", sagte Weltmeister Button. Sein Teamkollege Hamilton versicherte, er habe anders als Massa reagiert: "Meine Reaktion wäre, dass ich versuchen würde, schneller zu fahren."

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