Von Intimfeind Hill abgeschossen

Von Alexander Mey
Michael Schumacher und Damon Hill kollidierten in Silverstone in Runde 46
© Getty

16 Jahre lang fuhr Michael Schumacher in der Formel 1, bevor er 2006 seine Karriere beendete. Bis jetzt: Denn am 14. März wird Schumi wieder in der Startaufstellung stehen - 19 Jahre nach seinem Debüt. SPOX zählt die Tage bis zum Comeback und erinnert im Countdown an die bisherigen 16 WM-Jahre des Michael Schumacher. Teil 5: 1995.

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Team: Benetton-Renault

WM-Platzierung: Weltmeister

WM-Punkte: 102

Michael Schumacher hat endlich zum ersten Mal die Nummer 1 auf dem Auto. Er sitzt weiterhin in einem Benetton, hat aber wie Williams den starken Renault-Motor im Heck. Jetzt, da dieser Nachteil gegenüber Damon Hill nicht mehr besteht, ist Schumacher erst recht großer Favorit auf den zweiten WM-Titel.

Im ersten Rennen kann er diese Erwartungshaltung voll erfüllen. Er gewinnt in Brasilien unglaublich überlegen. Bis auf den Zweiten David Coulthard überrundet er das gesamte Feld. So etwas konnte in den Jahren zuvor nur Ayrton Senna.

Schon wieder Ärger wegen Regelverstößen

Doch prompt gab es schon wieder Ärger mit den Regelhütern. Benetton und Williams hatten beide Benzin verwendet, das nicht mit der bei der FIA eingereichten Probe übereinstimmte. Schumacher und Coulthard wurden zunächst disqualifiziert, später wurden beide Fahrer allerdings begnadigt.

Ein weiterer Rückschlag für die Glaubwürdigkeit von Benetton und damit auch von Schumacher. Spätestens in diesem Moment war der Geduldsfaden von Schumi-Manager Willi Weber gerissen. Er trieb ab jetzt offensiv einen Wechsel von Schumacher zum Saisonende voran.

Weber treibt Abschied von Benetton voran

Dabei nutzte er die Tatsache, dass Flavio Briatore entgegen der Vereinbarung mit Schumacher 1993 Teamkollege Riccardo Patrese mehr Gehalt bezahlt hatte. Davon hatte Weber Wind bekommen, und er drängte Briatore zur vorzeitigen Auflösung des Dreijahres-Vertrags. "1995 wusste ich, dass es weitergehen müsste", sagt Schumacher in seiner Biographie. "Ich wollte mich weiter entwickeln, ich brauchte eine neue Motivation."

Es gab zwei Optionen. Entweder Ferrari oder McLaren. McLaren wäre eine logische Option gewesen, schließlich kam das Team mit Schumachers früherem Förderer Mercedes zusammen. Kurzfristig stand zudem ein Wechsel zu Williams im Raum, aber letztlich ist es Ferrari geworden.

Hill schießt Schumacher in Silverstone ab

Sportlich ging es nach dem Auftaktsieg holprig weiter. Der Benetton war schwierig abzustimmen, weshalb Schumacher in den folgenden beiden Rennen Hill nicht halten konnte. Zum ersten Mal lag er in der WM-Wertung hinter seinem Erzrivalen.

Aber Schumacher berappelte sich schnell, gewann die Rennen in Spanien, Monaco und Frankreich und kam als klarer WM-Leader zu Hills Heimspiel in Silverstone.

Offenbar frustriert von der Tatsache, dass er auch das Duell vor den eigenen Fans gegen Schumacher zu verlieren drohte, startete Hill im Infield ein aussichtsloses Überholmanöver und drehte Schumacher damit von der Strecke. Auch ihn selbst erwischte es bei dieser sinnlosen Aktion, beide WM-Rivalen schieden aus.

Überschwängliche Freude nach Sieg in Hockenheim

Schumacher war sauer, aber das änderte sich schlagartig, als er sich beim neunten Saisonrennen in Hockenheim seinen großen Traum erfüllte. Zum ersten Mal gewann er den Deutschland-GP in Hockenheim.

"Dieser Sieg ist für mich fast so bedeutend wie mein Weltmeistertitel", sagte Schumacher damals nach der Triumphfahrt vor 120.000 Fans. "Die Emotionen sind im Moment sogar noch tiefer, hier, vor diesem Super-Publikum. Ich finde noch keine Worte, das zu beschreiben. Es ist ein Traum, eigentlich kann man so etwas nicht träumen, das ist Gänsehaut, da kommen einem die Tränen, das ist wie auf Wolke sieben."

So überschwänglich hat man Schumacher selten erlebt, nicht einmal nach dem Titelgewinn 1994. Und es wurde sogar noch besser. Wo anders als in Spa fuhr Schumacher wenige Wochen später das vielleicht beste Rennen seiner Karriere.

Schumi in Spa von 16 auf 1

Pech im Qualifying. Erst streikt das Getriebe des Benetton, dann macht einsetzender Regen schnelle Zeiten unmöglich. Schumacher findet sich nur auf Startplatz 16 wieder, Hill steht auf acht.

Doch im Rennen geht es Schlag auf Schlag. Sowohl Schumacher als auch Hill pflügen rasant durchs Feld. Schon nach 15 Runden liegen beide an der Spitze. Dann setzt wieder mal Regen ein. Hill kommt an die Box, um Regenreifen zu holen, Schumacher bleibt auf Slicks draußen.

Danach entbrennt ein faszinierender Zweikampf zwischen den beiden. Hill schließt auf den viel besseren Reifen rasant zu Schumacher auf, doch der verteidigt seine Linie so clever und kompromisslos, dass Hill einfach keinen Weg vorbei findet. Erst zwei Runden später muss Schumacher dem fehlenden Grip Tribut zollen und Hill ziehen lassen. Doch bis dahin hat er genügend Zeit gewonnen, um nach den späteren Boxenstopps vorne zu sein und zu gewinnen - von Startplatz 16 aus.

"Damon war nicht ganz einverstanden mit der Wahl meiner Linie. Ich fand sie eigentlich ganz gut", witzelt Schumacher heute über das Rennen.

Erneuter Hill-Crash und Sieg am Nürburgring

Hill ist wieder mal frustriert, als es nach Monza geht. Und zu allem Überfluss passiert es dem Briten zum zweiten Mal in dieser Saison, dass er Schumacher ins Heck fährt und sein Rennen beendet. Diesmal nicht ganz so unnötig wie in Silverstone, aber trotzdem nicht gerade elegant.

Nach diesem Zwischenfall geht bei Hill nichts mehr, die Luft ist raus. Schumacher erfüllt sich auf dem Nürburgring gleich noch den nächsten Traum und gewinnt auch das zweite Rennen auf deutschem Boden. Diesmal sogar bei seinem echten Heimspiel auf dem Nürburgring.

Bis zwei Runden vor Schluss jagt er verbissen den führenden Ferrari-Piloten Jean Alesi. Dann packt er ihn endlich im Vedol-Z und bringt die Fans dadurch zum Ausrasten. Sogar der ausgeschiedene Hill applaudiert seinem Rivalen.

Überlegener Weltmeister

Schon im folgenden Rennen, dem Pazifik-GP in Aida, macht Schumacher mit seinem achten Saisonsieg den zweiten WM-Titel klar. Und das absolut überlegen. 33 Punkte Vorsprung hat er in der Endabrechnung auf Hill.

Sein letztes Rennen im Benetton endet in Adelaide in Runde 26 nach einer Kollision. Die erfolg- aber auch affärenreiche Beziehung zwischen Schumacher und Briatore geht zu Ende.

Der Mythos Ferrari beginnt - allerdings wenig glanzvoll, wie der nächste Teil der Serie beschreibt: 1996.

Teil 4: 1994 - Ein Jahr Hölle mit Happy End

Teil 3: 1993 - Von Senna vorgeführt

Teil 2: 1992 - Beinahe-Schlägerei mit Senna

Teil 1: 1991 - Das Debüt-Jahr