Renault verklagt Piquet-Clan

Von Alexander Mey
Nelson Piquet Jr. hat mit dem Skandal seine Formel-1-Karriere wohl zerstört
© Getty

Der Renault-Skandal um die Manipulation des Singapur-GP 2008 schlägt hohe Wellen. Während Teamchef Flavio Briatore die Piquet-Familie wegen Erpressung durch "unerhörte Lügen" verklagt, wundern sich Kollegen über den absichtlichen Unfall.

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Jetzt wird es richtig schmutzig. Einen Tag, nachdem die schweren Anschuldigungen von Nelson Piquet Jr. gegen die Renault-Teambosse Flavio Briatore und Pat Symonds öffentlich wurden, schlägt der Rennstall zurück.

In einem offiziellen Statement erklärte Renault am Freitag, in Frankreich und Großbritannien rechtliche Schritte gegen Nelson Piquet Jr. und seinen Vater einzuleiten. Der Vorwurf: Erpressung durch "unerhörte Lügen".

Manipulation indirekt zugegeben

Briatore selbst hat sich erst am Freitagabend persönlich zu den Vorwürfen, er und Chefingenieur Symonds haben Piquet Jr. beim Singapur-GP 2008 aufgefordert, absichtlich einen Unfall zu provozieren, geäußert. "Ich bin zuversichtlich, dass die Wahrheit ans Licht kommen wird", sagte er in Monza. "Ich habe nicht das Gefühl, etwas falsch gemacht zu haben."

In einem Statement hatten er und Symonds zuvor behauptet, die Idee des absichtlichen Unfalls sei von Piquet Jr. und nicht von ihnen gekommen. Pikanter Weise haben sie damit indirekt zugegeben, dass der Unfall Absicht war und sie davon gewusst haben. Selbst wenn sie den Auftrag nicht gegeben haben, hätten sie den Vorfall wenigstens melden müssen.

Ungeachtet dessen hatte Briatore laut "Autosport" bereits zwei Tage, nachdem Piquet Jr. der FIA Beweise für den manipulierten Unfall vorgelegt hatte, dessen Vater schriftlich eine klage angedroht, sollte der Skandal an die Öffentlichkeit kommen. In besagtem Schreiben nannte er die Anschuldigungen "unerhörte Lügen".

Mögliche Straffreiheit für Piquet Jr.

Was Lüge und was traurige Wahrheit ist, wird die Verhandlung des FIA-Weltrats am 21. September zeigen. Auffällige Telemetriedaten des Unfalls und eine wenig souveräne Aussage von Symonds gegenüber den Rennkommissaren, in der er jegliche Mithilfe bei der Aufklärung verweigerte, deuten aber an, dass es für Renault sehr eng werden wird.

FIA-Präsident Max Mosley sicherte Piquet Jr. Straffreiheit zu, falls der Brasilianer in dem Unfall-Skandal die "volle Wahrheit" erzählt. "Wenn er das tun sollte, dann werden wir ihn persönlich nicht bestrafen", sagte der Brite am Freitag in Monza.

Ob Fernando Alonso, der Nutznießer des Piquet-Unfalls, etwas von der Manipulation gewusst oder im Nachhinein davon erfahren hat, wird wohl ebenfalls im Rahmen der Verhandlung geklärt werden. Bisher beteuert der Spanier, völlig ahnungslos zu sein.

Heidfeld: "Sehr extrem und unglaublich"

Während "Crashgate", wie der Renault-Skandal im Fahrerlager schon genannt wird, zum Rechtsstreit wird, wundern sich auch damals indirekt beteiligte Kollegen über den absichtlichen Crash.

"Es wäre sehr dumm, so etwas zu tun", sagte Sebastian Vettel. "Man riskiert sehr viel für nichts. Natürlich fahren wir immer am Limit, manchmal geht es schief und manchmal hat man einen Crash. Aber wenn man es mit Absicht macht, dann weiß man, dass man sich selbst einem Risiko aussetzt - und auch ein Risiko für die anderen ist. Ich würde es auf keinen Fall tun, egal in welcher Situation ich bin."

Für Nick Heidfeld kam die Meldung noch nicht einmal sonderlich überraschend. "Gleich nach dem Rennen hatten alle in den Briefings zumindest den Gedanken, dass es absichtlich passiert sein könnte", sagte der BMW-Sauber-Pilot. "Wenn es wirklich so war, wie es dargestellt wird, dann ist es sehr extrem und unglaublich. Von allen Skandalen, die wir in den vergangenen Jahren erlebt haben, ist das der erstaunlichste für mich."

Zynisches Lob von Sutil

Adrian Sutil, der zum Zeitpunkt des Unfalls direkt hinter Piquet Jr. lag, erinnerte sich: "Es hat ausgesehen wie ein normaler Rennunfall. Vielleicht ist er ein bisschen früh aufs Gas gegangen, das Auto ist ausgebrochen und er ist in die Mauer gekracht. Wenn er das mit Absicht gemacht hat, dann war es wirklich professionell."

Ein Lob von Sutil, das allerdings zynisch zu verstehen ist, denn: "Es wäre unglaublich, wenn an dieser Geschichte etwas Wahres dran wäre. Ich weiß wie es sich anfühlt, wenn man in die Streckenbegrenzung kracht. Das tut wirklich weh und so etwas möchte man absichtlich nicht tun. Zum einen ist da die Angst, aber schon allein wegen meines Stolzes als Rennfahrer würde ich das niemals tun. Auf keinen Fall!"

Piquet Jr. packt aus: Renault hat definitiv manipuliert