Von Paloschis Gnaden

Von Für SPOX beim Audi Cup: Florian Bogner
Thomas Müller (r.) ersetzte Franck Ribery auf der linken Seite des FC Bayern
© Getty

Der FC Bayern zieht beim Audi Cup über den AC Milan ins Finale ein und gewinnt weitere wichtige Erkenntnisse für den Saisonstart. Zum Beispiel, dass sich Toni Kroos als Gewinner der Vorbereitung sehen darf. Im Endspiel gegen den FC Barcelona (20.30 Uhr im LIVE-TICKER) bekommt die zweite Offensiv-Garde die Chance.

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Am Ende erwies sich der AC Milan doch als guter Gast und überließ dem FC Bayern im Kampf um den Finaleinzug den Vortritt. Alberto Paloschi zögerte vor seinem Elfmeter vielleicht einen Moment zu lange und löffelte den Ball über den Querbalken - was alles in allem für einen verdienten Ausgang sorgte, aber eben doch auch ein wenig glücklich für den FCB war.

Dank Paloschi konnte Uli Hoeneß wenig später zufrieden lächelnd durch die Interviewzone spazieren und von einem für diesen Zeitpunkt der Vorbereitung "fantastischen Spiel" sprechen. "Wir haben hochverdient gewonnen", fabulierte der Präsident über den munteren Kick vor Familien-Publikum, das die vier Teams des Audi Cups teilweise per La Ola abfeierte und sich an zweimal 90 Minuten plus zwei Elfmeterschießen plus der Aussicht auf ein Finale zwischen Bayern und Barca erfreuen durfte.

Ein Finale von Paloschis Gnaden. Denn nach 90 Minuten, in denen der FCB den um rund drei Wochen in Sachen Saisonvorbereitung zurückliegenden AC Milan zwar in punkto Ballbesitz und Chancenverhältnis beherrscht, aber eben nicht auseinander genommen hatte, hatte es nur 1:1 gestanden. "Das wäre in einem normalen Spiel zu wenig gewesen", sagte Torschütze Toni Kroos selbstkritisch.

Am Anfang Katz und Maus

"Wir dürfen jetzt nicht den Fehler machen zu denken, dass es irgendetwas für die Saison bedeutet, dass wir gegen Milan im Elfmeterschießen gewonnen haben", sagte dann auch Realist Mario Gomez und verwies auf das DFB-Pokalspiel am nächsten Montag bei Zweitliga-Tabellenführer Eintracht Braunschweig, das deutlich wichtiger sei als Vorbereitungsturniere - auch wenn diese natürlich brauchbare Erkenntnisse für die kommenden Pflichtspielaufgaben liefern.

Die Anfangsviertelstunde gegen Milan beispielsweise wird man bei den Bayern noch mal genauer analysieren. In der Frühphase des Spiels hatte der Gast nämlich zweimal Katz und Maus mit den in Bestbesetzung angetretenen Münchnern gespielt. Zuerst führte ein erschreckend simpel gespielter Diagonalball auf Zlatan Ibrahimovic zur Milan-Führung (4.), später verhinderte Manuel Neuer nur mit Mühe das 0:2 gegen den frei vor ihm auftauchenden Antonio Cassano (12.).

"Was in den ersten Minuten passiert ist, darf nicht passieren", sagte Bastian Schweinsteiger hinterher und schob die Mängel in der Defensive auf ein Abspracheproblem zwischen den Verteidigern. "Wir müssen uns noch besser verhalten, wenn der Gegner den Ball hat", meinte der Vize-Kapitän, der von Milan-Coach Massimo Allegri ein Extra-Lob erhielt: "Schweinsteiger hat heute den Unterschied ausgemacht."

Boateng debütiert als Rechtsverteidiger

Sein Gegenüber Jupp Heynckes hatte zuvor offenbart, dass er sich wichtige Erkenntnisse für die ersten Saisonspiele erhofft. Dementsprechend hatte der 66-Jährige auch seine derzeit beste Elf aufgeboten. Während des Spiels tauchte Heynckes dann auch oft an der Seitenlinie auf und wies seine Hintermannschaft mehrfach lautstark auf Fehler hin - fast so, als ob es schon um etwas mehr als den vasenförmigen Audi Cup ginge.

"Natürlich gibt es in Sachen Organisation und Aufbau noch Dinge, die verändert oder abgestellt werden müssen", sagte der Coach später über die misslungene Anfangsphase, lobte aber auch: "Ich bin mit der Leistung meiner Mannschaft sehr zufrieden. Insgesamt hat mir das Spiel gut gefallen."

Was man als Zeichen für das Braunschweig-Spiel werten darf: In der Innenverteidigung hatte Heynckes erneut Holger Badstuber und Daniel van Buyten den Vorzug vor dem noch nicht hundertprozentig fitten Jerome Boateng gegeben, der erst 19 Minuten vor Schluss zu seinem Bayern-Debüt kam - als Rechtsverteidiger. "Natürlich möchte ich in der Innenverteidigung spielen, aber für heute war's so schon okay", meinte dieser zu seinem ersten Auftritt im roten Trikot.

Bangen um Arjen Robben

Schon gut integriert sind derweil Neuer und Rafinha. Neuer hatte bis auf die beiden Milan-Chancen zu Beginn wenig zu tun und wurde von der - diesmal Ultra-freien - Arena euphorisch bejubelt. Rafinha wieselte die rechte Seite äußerst energisch auf und ab, suchte selbst zweimal gefährlich den Abschluss und harmonierte bereits gut mit Vordermann Arjen Robben.

Der wiederum hatte für die einzige Schrecksekunde des Abends gesorgt, als er nach rund einer Stunde von Milan-Linksverteidiger Taye Taiwo beim Flanken abgegrätscht wurde und vor der Bande mit Schmerzen im rechten Bein liegenblieb. Der Schlag auf die Wade war wohl nicht so schlimm gewesen - das dadurch bedingte Umknicken mit dem Knöchel dagegen schon.

"Schade, dass ich ihn auswechseln musste, ich hätte ihn gerne 90 Minuten spielen lassen", sagte Heynckes. Bei der Untersuchung am Mittwoch stellte sich heraus, dass Robben einen kleinen Kapseleinriss im Sprunggelenk erlitten hat. Er wird sich einige Tage schonen, eine längere Pause ist nicht vonnöten.

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"Gegen eine Wand gespielt"

Das wäre es dann aber auch schon mit den weniger guten Dingen gewesen. Weil Milan im Spiel schnell so stark nachließ, wie es begonnen hatte, konnte der FC Bayern vor allem seine Offensive auf Herz und Nieren testen. 27:2 Torschüsse nach 90 Minuten sprechen Bände und geben einen Eindruck, welch Übergewicht sich die Münchner erarbeitet hatten. "Wir haben heute gegen eine Wand gespielt", drückte es Heynckes aus.

"Wir hätten ein zweites, ein drittes Tor machen müssen", sagte Schweinsteiger, räumte dann aber ein, dass man die Tore lieber in den Pflichtspielen schießen sollte. "Im Grunde war es ein gutes Spiel von uns, ein guter Test auf hohem Niveau", sagte er, "besser, als gegen einen Dorfverein zu spielen. Auch wenn es noch nicht die Champions League war, sondern nur der Audi Cup".

Die durch den Ausfall von Ribery entstandene Lücke wusste derweil Kroos sehr achtbar zu füllen. Der 21-Jährige stellte seine unter Heynckes abgelegte Zögerlichkeit mit einem schönen Linksschuss zum 1:1 unter Beweis (34.) und füllte auch sonst seine Rolle als Zehner hinter Gomez mit mehreren guten Aktionen brauchbar aus.

Toni Kroos spielt zielstrebiger

"Toni hat eine sehr gute Vorbereitung gespielt, war immer einer der Besten und hat sich voll reingekniet", begründete Heynckes seine Entscheidung, Kroos im Zentrum und Thomas Müller dafür auf der Ribery-Position links aufzubieten. Der Trainer stellte klar: "Es ist seine große Chance in diesem Jahr, aber er muss sich im physischen Bereich weiter verbessern."

Kroos freute sich über die Wahl zum besten Spieler der Partie ("eine schöne Wertschätzung") und macht langsam auch Ansprüche geltend. "Der Trainer weiß, dass ich die Position gut spielen kann", sagte der 21-Jährige selbstbewusst. "Man hat gesehen, dass ich gut drauf bin."

Mit sechs Toren in sieben Vorbereitungsspielen hat Kroos jedenfalls den ersten Beweis angetreten, dass er wieder zur Zielstrebigkeit finden kann, die ihn einst schon in Leverkusen unter Heynckes ausgezeichnet hatte.

Mit der B-Elf gegen Barcelona?

Ob er im Finale gegen Barcelona (20.30 Uhr im LIVE-TICKER) allerdings eine weitere Möglichkeit bekommt, sein Können zu zeigen, darf bezweifelt werden. "Ich denke, dass morgen frische Spieler gebraucht werden. Wir spielen am Montag schon wieder in Braunschweig, das ist auch ein sehr wichtiges Spiel", deutete Schweinsteiger einen großen Umbau im Team fürs Finale an.

Die Offensive werden dann aller Voraussicht nach Nils Petersen, Ivica Olic, Takashi Usami und der gegen Milan eingewechselte David Alaba - also der zweite Anzug - bilden.

Auch wenn Heynckes als passionierter Spanien-Fan weiß: "Barcelona ist eine Klasse für sich, auch wenn sie noch nicht jeden Spieler dabei haben. Der Unterschied zwischen den Spielern aus dem Nachwuchs und den Stars ist gar nicht so groß."

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