Raphael ist aufgeregt. Sein lauter, unregelmäßiger Herzschlag übertönt sogar seine Gedanken. Womöglich verspürt er sogar eine leichte Angst aufgrund den bevorstehenden Reaktionen, mit denen er konfrontiert werden wird. Er spricht sich selbst Mut zu, öffnet ruckartig die Tür und betritt das Klassenzimmer.
Stille. 40 Augen beobachten ihn, nehmen jede unsichere Bewegung wahr und steigern seine Nervosität ins Unermessliche. Kalte Schweißperlen bewegen sich die Stirn herab und Raphael verspürt ein unbehagliches Gefühl. Als er sich vor die Klasse stellt, beginnen die Mitschüler hier und da zu kichern und zu flüstern, was ihn noch mehr aus dem Konzept bringt. Ein kaum wahrnehmbarer Seufzer und ein unsicheres Durchatmen - und es geht los.
Da Raphael erst seit kurzem in Spanien lebt, ist er der Sprache noch nicht wirklich mächtig, er hat Schwierigkeiten mit der Aussprache, der Grammatik und dem Ausdruck. Ein Vortrag vor der ganzen Klasse ist dementsprechend so etwas wie der Worst Case für den 17-jährigen Schüler. Er nimmt seinen ganzen Mut zusammen, spricht sich noch einmal selbigen zu und beginnt:
"Meine Geschichte handelt von einem kleinen Jungen, der in extrem schwierigen Verhältnissen aufgewachsen ist und in seiner frühen Kindheit bereits mit Existenzängsten, Gewalt und Kriminalität in Berührung kam. Dieser Junge hat einen Ausweg gefunden. Welcher das war, werdet ihr gleich erfahren.
Ein kleiner und armer Pariser Vorort vor 11 Jahren. Der kleine Sylvain kommt aus armen Verhältnissen, seine Mutter ist arbeitslos, sein Vater abgehauen. In der Schule wird er früh gemobbt, ausgelacht und ausgegrenzt. Lediglich beim Fußballspielen auf der Straße, mit einem alten Fußball fühlt er sich akzeptiert und gleichberechtigt. Die Armut macht der kleinen Familie zu schaffen, aber der Sport lenkt in ab.
Er ist gut, wirklich gut und mit seinen sechs Jahren darf er bereits bei den älteren mitspielen. Professionelle Sportkleidung und die Aufnahme in einen Sportverein sind nicht realisierbar, es fehlt natürlich das Geld. Warme Mahlzeiten sind wichtiger. Sylvain kommt bereits früh mit Gewalt in Berührung, wird Zeuge von Schlägereien und Messerstechereien, hat Angst, alleine durch den Bezirk zu laufen. "
Raphael schaut sich um. Alle schauen ihn gebannt an, sehen interessiert aus. Er hat die Aufmerksamkeit der Gruppe...und fährt fort.
"Vier Jahre später. Sylvain ist 10 Jahre alt und kommt auf eine weiterführende Schule in einem etwas wohlhabenderen Bezirk. Die schiefen Blicke und die verurteilenden Gesichtsausdrücke kennt er - und stört sich mittlerweile auch nicht mehr daran. Der Fußball, den er täglich um sich hat, hilft ihm, diese schwere Zeit zu überstehen. Sein Idol ist Juninho, der zu dieser Zeit bei Olympique Lyon spielt.
Von ihm hat er sogar ein gefälschtes Trikot, das er bei jedem Spiel auf der Straße trägt. Sylvain ist gut, richtig gut. Seine Technik ist atemberaubend, er ist ein echter Dribbler, unfassbar schnell und wendig. Und er spielt jeden Tag. 5-6 Stunden, manchmal mehr. Hausaufgaben? Manchmal. Die Schulleistungen? Schlecht. Die finanzielle Situation der Familie? Mies. Der Ausweg für Jugendliche, die ein paar Jahre älter sind, sind Alkohol und Drogen. Und eben Kriminalität. Doch Sylvain schwört sich, dass er vernünftig bleibt. Vielleicht kann er irgendwann einmal Fußball im Verein spielen, sich für einen Profiklub empfehlen."
Eine kurze Pause. Raphael beobachtet die Reaktionen seiner Klassenkameraden. Er trinkt einen Schluck Wasser, atmet tief durch und macht weiter.
"Mit 13 Jahren erlebt Sylvain einen interessanten Wendepunkt in seinem Leben. Er ist kaum noch zuhause, mogelt sich irgendwie durch die Schule, spielt noch mehr Fußball. Im Sportunterricht fällt seinem Lehrer in der Unterrichtseinheit Ballsportarten das besondere Talent auf. Er beobachtet über mehrere Wochen die Ballbehandlung und die besonderen Fähigkeiten von Sylvain und entschließt sich, ihn anzusprechen. "Sylvain, ich muss mit dir reden. Ich kenne zufällig den Trainer eines Vorstadtklubs und ich habe ihm dein Talent geschildert. Er möchte dich gerne in seiner Mannschaft haben, würde dir die Ausrüstung beschaffen - kostenlos. Du müsstest nur ein Probetraining absolvieren und dich dort gut präsentieren." Sylvain ist überwältigt. Er sieht erstmals in seinem Leben die Chance auf eine etwaige Zukunft im Fußball greifbar. Voller Euphorie fiebert er dem Tag des Probetrainings entgegen und präsentiert sich unfassbar gut. Er meistert jede technische Übung ohne Probleme, scheint über den Platz zu schweben und beeindruckt seine Mitspieler."
Wieder legt er eine kurze Pause ein. "Wie geht es weiter, nun sag schon!", ruft Sergio aus der letzten Reihe.
"Zwei Jahre später ist Sylvain 15 Jahre alt. Eine schwierige Zeit. Er hat einige Probetrainings bei größeren Klubs wie dem FC Metz oder Ajaccio absagen müssen, da ihm das Geld für eine Fahrt dorthin fehlte. Die Probleme in der Schule sind immer noch vorhanden und werden sich vermutlich auch nicht mehr ändern, da er neben der Leidenschaft Fußball auch noch selber Geld verdienen muss, um die Familie um seinen kleinen dreijährigen Bruder, dessen Vater nichts von ihm wissen wollte, über Wasser zu halten. Viele kleine Jobs und einige zwielichtige Geschäfte pflastern seinen Weg und sein sehnlichster Wunsch, der Profifußball, scheint in weite Ferne gerückt zu sein.
Seine Mutter trinkt, hat Depressionen und verzweifelt mehr und mehr. Sylvain ist kaum mehr zuhause, schläft wenig, arbeitet, spielt Fußball und ist finanziell trotzdem keinesfalls auf dem Weg der Besserung. Verzweiflung macht sich mittlerweile auch bei ihm breit und er denkt häufig darüber nach, auch einmal Alkohol zu trinken, um sich besser zu fühlen. Seine Mutter als abschreckendes Beispiel und die Perspektive, durch einen mittelmäßigen Schulabschluss zumindest einen passablen Beruf zu erlernen, halten ihn von diesem Gedanken fern."
Einmal noch durchatmen. Es fehlt nur noch der letzte Teil der Geschichte.
"Wir springen wieder zwei Jahre weiter. Nun ist Sylvain 17 Jahre alt. Er hat die Schule nicht geschafft, arbeitet nun mal hier, mal da. Alkohol hat er in den letzten Monaten häufiger getrunken, auch geraucht. Fußball spielt er aber noch, wenn auch unregelmäßig. Er hofft immer noch, entdeckt zu werden. Nach einem Spiel seiner Mannschaft wird er von einem relativ wohlhabenden Mann angesprochen, der einen fremden Akzent hat. Er kommt ihm ein wenig spanisch vor und er versucht ihn direkt abzuwürgen. Doch der fremde Mann bleibt hartnäckig und lädt ihn nach dem Spiel zum Essen ein. Er müsst etwas mit ihm bereden, hat ein Angebot für ihn.
Sylvain denkt, es ginge um Geld und er würde womöglich in einen zwielichtigen Deal eingebunden. Er kennt kriminelle Menschen und er kennt ihre Maschen. Doch dieser scheint ein bisschen anders zu sein. Nach dem er geduscht hat, fährt er mit dem Südländer mit spanischem oder portugiesischem Akzent in ein relativ nobles Restaurant, isst etwas und fragt nach dem Angebot. Der fremde erklärt ihm, er komme vom spanischen Fußballverein UD Levante. Er sei Talentscout in Frankreich und schaut sich aufgrund der finanziell schwierigen Lage in Levante einige Spieler an, die in unscheinbaren Gegenden, in Vororten und bei kleinen Vereinen spielen. Er habe einen Tipp bekommen, erzählt er.
Und er hat ihn beobachtet. In diesem Spiel. Sylvain ist aufgeregt. 1000 Gedanken schießen ihm blitzartig durch den Kopf. Er weiß, dass er gut gespielt hat, zwei Tore erzielt und eines vorbereitet hat. Er löst sich von seinem Tagtraum, der ihn bereits in der spanischen Liga spielen ließ und konzentriert sich auf das weitere Gespräch. Er erklärt dem Talentscout, dass er kein Geld hat und dass es unvermeidlich ist, dass seine Familie mitkommt, sollte er nach Spanien gehen. "Wir werden sehen, was ich tun kann. Ich melde mich bei dir!", sagt der Scout aus Spanien. Sylvain ist glücklich, glaubt an seine Chance und wird drei Wochen später wieder von dem Mann nach einem Spiel angesprochen. Er bietet ihm einen Platz in der Jugendabteilung von Levante an, dazu einen Platz in einer Schule. Außerdem Sprachunterricht. Und die Familie darf mitkommen, der Bruder wird ebenfalls auf einer Schule untergebracht und Sylvains Mutter bekommt einen Job als Putzkraft auf dem Vereinsgelände, mit dem sie eine kleine Wohnung bezahlen kann.
Für Sylvain geht ein Traum in Erfüllung, er hat jahrelang auf diese einzigartige Chance gewartet. Ein Gefühlschaos überkommt ihn und er ist überwältigt. Mit Tränen in den Augen sagt er schließlich zu und verspricht, so schnell es geht die neue Sprache zu erlernen und alles daran zu setzen, eine erfolgreiche Profikarriere zu starten. Sylvain packt daraufhin seine Sachen zusammen...."
"...und hier bin ich nun", sagt Raphael. Die ganze Klasse steht auf und klatscht euphorisch und sichtlich bewegt Applaus.
Ich habe alle Blogs zweimal gelesen ... und das Problem an Deinem Blog ist, dass ich bereits beim ersten Mal lesen nach dieser Passage
"Meine Geschichte handelt von einem kleinen Jungen, der in extrem schwierigen Verhältnissen aufgewachsen ist und in seiner frühen Kindheit bereits mit Existenzängsten, Gewalt und Kriminalität in Berührung kam. Dieser Junge hat einen Ausweg gefunden. Welcher das war, werdet ihr gleich erfahren."
genau wusste, worum es und wohin die Reise geht. Keine Frage, der Blog ist gut - aber für mich persönlich sind die anderen beiden vor Dir, da ich mich hier auf hohem Niveau durch den Text gelangweilt habe.
In einer sehr starken Runde gebe ich Dir - scheinbar als erster Voter überhaupt - 0 Punkte.
Meike ~> 1 Punkte
kimosch ~> 0 Punkte
Sehr stark geschrieben, wobei mich auch das Thema mit Abstand am meisten angesprochen hat.
Pferde sind zwar nicht wirklich meins, aber allein schon den Gedanke und auch Mut, es hier zu bringen, finde ich klasse. Geschrieben war's außerdem astrein, deshalb 1 Punkt für Meike.
Kimosch' Blog hat mir im Grunde ebenfalls gefallen. Da es leider die unvermeidlichen 0 Punkte geben muss, betätige ich mich mal nach dem Ausschlussprinzip.
talentfrei 2 Punkte
kimosch 1 Punkte
Meike 0 Punkte
ich gehe dann aber doch mit Talentfrei weil ich die Geschichte sehr mochte und es mal etwas Anderes ist...
Für Meike habe ich dann leider keine Punkte , der Blog war zwar auch gut kommt bei mir aber nicht an die anderen ran...
Talentfrei 2 Punkte
Kimosch 1 Punkt
Meike 0 Punkte
talentfrei - 2 Punkte = hat mich einfach gefesselt
kimosch - 1 Punkt = der gute alte Herr Lehmann
meike - 0 Punkte = sehr guter Blog, keine Frage aber leider ist Reiten/Pferde nicht meins
2 Punkte Talentfrei
1 Punkt Meike
0 Punkte kimosch
Die ganze Nacht lag ich wach und habe nachgedacht. Mir erschien gerosimo, der Teufel, der sagte komm mach es, gib meike tatsächlich 2 Punkte und dann plötzlich gnanag, eine Ente mit Engelsflügeln, der sagte ach was, breche nicht talentfreis Herz!
Nein am Ende ist der Blog halt doch noch ein stückweit besser geschrieben, er hat mich von der Erzählart her auch sehr angesprochen.
Ich gebe dir 1629 von 1899 möglichen Punkten!
2 Punkte
Meike hat mich iwie nicht ganz erreicht, vlt auch weil mich alles was mit Pferden zu tun hat von vornherein iwie abschreckt,
kimosch war ok, mir persönlich hat die Idee sehr gut gefallen hat, die Umsetzung aber denke ich hätte besser sein können.
Daher meine Punkte:
Talentfrei -> 2 Punkte
kimosch -> 1 Punkte
Meike -> 0 Punkte