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Gründer: Master_Of_Disaster | Mitglieder: 818 | Beiträge: 210
28.11.2010 um 23:43 Uhr
Geschrieben von korsakoff
NFL Legends XXIII: Kurt Warner
Sonntag, 3. Februar 2002, beim Zeitunglesen nach einem langen Skitag. Und was sehe ich? In der Nacht steht Superbowl XXXVI an! Nach dem Überfliegen des Artikels bleibt Klein-korsakoff ein Name im Kopf. Kurt Warner. Und der Name verschwindet so schnell nicht. Vielmehr ist er der Grund, warum ich mir das Spiel aufzeichne. Mein erstes Football-Spiel. Kurt Warner wird es verlieren. Trotzdem ist dieser Mann der Grund, warum ich zum Football gekommen bin.


Kurt, füll' Reihe 17C auf!

Warner, Jahrgang 1971, spielte im College für die unbedeutenden Northern Iowa Panthers (FCS) und hinterließ dort offenbar wenig bleibenden Eindruck. Warner wurde nicht gedraftet und im Sommer 1994 von den Packers im Vorbereitungscamp gefeuert. Warner gab daher den Footballcoach an seiner Uni und füllte irgendwo im Nirgendwo von Iowa Supermarkt-Regale auf, ehe er ab 1995 Warner dann für drei Jahre in der Arena Football League spielte, für die Iowa Barnstormers.

Die Wanderbühnenkünstler machte Warner zum zweifachen Arena-Bowl-Verlierer. Immerhin gut genug, um dem Leben als Regaljunge aus dem Weg zu gehen und von den St Louis Rams ein Probetraining zu bekommen. Warner versaute es. Dachte er. Doch der greise Head Coach Dick Vermeil, der vor Urzeiten mal die Eagles in die Superbowl gecoacht hatte, sah etwas in Warner, was alle anderen nicht sahen. Er schickte Warner erstmal im Frühjahr 98 in die NFL Europe nach Amsterdam.

Hey, der Mann ist ein Prophet!

28. August 1999. Dramatische Sekunden in St. Louis: Der QB der Looser-Truppe, Trent Green, windet sich am Boden. Die Worte des Radiokommentators dazu sind mir über die Jahre im Ohr geblieben. Selten hat jemand etwas so falsch gemeint und so richtig gesagt:

Kurt Warner, a capable backup, but certainly not what Trent Green is.

Warner war nun der Starter für die Widder. Und er machte seine Sache gut. Verdammt gut. Erste drei Spiele, jeweils drei TD-Pässe und diese unglaublichen tiefen Bälle. In Woche 5 zerlegte Warner die damals noch glorreichen 49ers mit 5 TDs. Der Aufstieg des Aschenputtels veranlasste Sports Illustrated zur berühmten Schlagzeile: "Who Is This Guy?" Bald sollte es ganz Amerika wissen. Warner bombte die Rams zu einer sensationellen 13-3-Saison. Kreiert von OffCoord Mike Martz, stellte er mit RB Faulk, WR Bruce, WR Holt und Co. das, was man heute The Greatest Show On Turf nennt - einen so potenten und spektakulären Passangriff, dass die kleinen Rams plötzlich amerikaweite Beachtung fanden. Das Bild der gelben Widder-Hörner auf dem Spielfeld und der weißhaarigen Männer an der Seitenlinie ist prägend. Der Run endete schließlich in der Superbowl, nach einem weiteren sensationellen TD-Pass Warners zu WR Proehl im NFC Finale, dem einzigen grottigen Spiel der Offense (11-6 gewonnen). Die Superbowl XXXIV in Atlanta nutzte Warner, um mit 414yds einen bis heute gültigen Superbowl-Rekord aufzustellen. Das Spiel wurde aber durch die Defense entschieden: Letzter Spielzug, und LB Mike Jones wrestelte Titans-Receiver Kevin Dyson an der 1yd-Linie um. Rams 23, Titans 16.

Ein Jahr später war der Angriff wieder potent, die Rams scheiterten aber mit miserabler Defense schon in der Playoff-Runde eins. Herbst 2001 und Warner wurde zum zweiten Mal nach 1999 NFL MVP. Die Rams spielten so gut wie nie zuvor und nie mehr danach. 14-2, in den Playoffs sämtliche Gegner dominiert. Superbowl XXXVI, und die Rams spielten Mist. Trotz Fast-Comeback der Rams: 20-17 für die Patriots in jenem fantastischen, meinem ersten, Spiel.

In den folgenden Jahren geriet die Rams-Offense allerdings aus den Fugen. Warner wurde hinter der löchrigen Offense Line öfters abgeschossen als ihm lieb sein konnte. Im Frühherbst 2003 war der Mann nur eine oder zwei Gehirnerschütterungen vom Karriereende entfernt und wurde durch QB Marc Bulger ersetzt. Die Rams ließen ihren Sensations-QB fast so schnell fallen, wie er aus dem Nichts gekommen war. So durfte Warner im Herbst 2004 den Wegbereiter für den blassen Eli Manning geben, obwohl er für die Giants nicht mal schlecht spielte.

Und ab in die Provinz

Winter 2005: Ab nach Arizona. Wieder so ein Underdog-Team. Warner spielte unkonstant, bekam im zweiten Jahr mit dem glamourösen QB Matt Leinart wieder so einen Jungspund mit Ambitionen vorgesetzt. Doch Warner hatte auch mit 35 noch Biss und verwies Leinart schließlich im Sommer 2008 auf die Lehrbank. Der Herbst 2008 war Warners x-ter Frühling. Gemeinsam mit WRs Fitzgerald & Boldin boten die Cards die "Greatest Show In The Desert". Nicht so spektakulär wie die Rams-Ausgabe, aber die Cards wurstelten sich praktisch ohne Defense in die Playoffs. Und dort glänzte Warner mal wieder so hell wie zu Rams-Zeiten. Ich saß am TV und, obwohl durchaus Panthers-, Eagles- und Steelers-Sympathisant: Ich drückte jeden verfügbaren Daumen für Warner. Nicht für die Cards. Sondern für Warner.

Als im Schlussviertel der Superbowl XLIII Fitzgerald mitten übers Feld zum Touchdown durchlief und die Cindarella-Cards in Führung gingen und Warner fast mit OffCoord Todd Haley am Spielfeldrand schmuste, tickte nicht nur Christopher D. Ryan am Kommentatorenpult fast aus, Ähnlich laut dürfte es in meiner Stube gewesen sein. Am Ende reichte es nicht zum Sieg. Trotzdem: Grandioses Spiel und grandioses Kapitel Sport. Auch dank Warner.

Heuer im Winter war Schluss. Nach einem phänomenalen Spiel von seiner Seite gegen die Packers wurde Warner von den Saints eine Woche später so abgeschossen (s. Link in Kommentar #1), dass ihm fast sämtliche Extremitäten vom Körper gerissen wurden.

Warner Legends

Kurt Warner ist tief gottesfürchtig, was er auch bei jeder Gelegenheit zu bestätigen weiß. Das First-Things-First-Interview ist legendär. Warner hat eine geschiedene ex-US-Marine geheiratet (Brenda), einen behinderten Sohn adoptiert und insgesamt nicht den kleinsten Haushalt mit sieben Kindern und ein paar Hunden. Das alles ist nicht der Punkt.

Was mich an der American-Dream-Story "Kurt Warner" so fasziniert: Wie viele Talente werden da draußen eigentlich verbrannt? Wenn ein völlig Unbekannter innerhalb einer Woche zum absoluten Superstar aufsteigen kann? Wie wichtig ist das Glück, dass der richtige Mann in der richtigen Situation am richtigen Platz mit dem richtigen Spielsystem ausgestattet wird? Vielleicht ist der beste Footballspieler aller Zeiten gerade irgendwo Fourth-Stringer.

Warner hat zwei ewige Underdogs in die Superbowl gebracht. Er hält die nach Passing yds drei besten Superbowl-Performances ever. Alle drei absolute Kracher-Spiele.

Danke, Kurtl! Du gehörst in die Hall of Fame. First Ballot.
Aufrufe: 5753 | Kommentare: 28 | Bewertungen: 17 | Erstellt:28.11.2010
ø 8.9
KOMMENTARE
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NicoMadi
01.12.2010 | 10:22 Uhr
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NicoMadi : 
01.12.2010 | 10:22 Uhr
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NicoMadi : 
Super Blog kosakoff, habe mich teilweise im Blog wiedergesehen, Warner war mein Held, und wird es immer sein. Der SB gegen die Titans einfach nur lässig, und was waren es noch für Zeiten mit den Football Übertragungen im ORF, da hat man sich nur einfach darauf gefreut.

Wer hat 2008 nicht Arizona die Daumen gehalten beim SB? Ich hätte es im auf jeden Fall vergönnt.

Eines ist schon richtig, der richtige Coach, der auf einen setzt und das richtige System einsetzt. Aber eines darf man nicht vergessen, was Kurt hat und hatte und was man da auch braucht, den absoluten Willen es zu schaffen und immer an sich zu arbeiten.

Ich ziehe meinen Hut vor dir Kurt, für mich der QB der letzten 10 Jahre gemeinsam mit Manning und Brady, er steht ihnen nichts nach. Und hat Ausenseiter zu SB's geführt.

Er kommt sicher so schnell es geht in die Hall of Fame.
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LeftGuard69
01.12.2010 | 09:03 Uhr
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01.12.2010 | 09:03 Uhr
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@korsakoff

Ja klar, aber es gibt ja auch genug Beispiele von Herren, die den Absprung gar nicht schaffen (Brett F.) oder zu spät.

Olle Kurt hat's schon genau richtig hingekriegt.
Man bedauert es eher............. und ist nicht dankbar dafür!!
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korsakoff
01.12.2010 | 00:19 Uhr
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korsakoff : 
01.12.2010 | 00:19 Uhr
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korsakoff : 
@LeftGuard

Da hat mit Sicherheit der Verstand mitgespielt. Warners zweiter Vorname ist "Gehirnerschütterung". Irgendwann muss genug sein.
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LeftGuard69
01.12.2010 | 00:14 Uhr
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01.12.2010 | 00:14 Uhr
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Sehr schöner Blog!!!!!!!!!

Ich hab' Kurt Warner noch in Amsterdam gesehen.
Und ich erinnere mich, dass ich ihn früher bei den Rams nicht leiden konnte (mir ist seine Frau immer tierisch auf den Geist gegangen....).
In seinem fortgeschrittenen Alter hat sich das dann geändert.

Die Super Bowl Nummer mit den Cardinals fand ich dann richtig klasse und ich hab' seinerzeit alle Daumen für Arizona gedrückt (von meinen Teams war keines mehr dabei...).
Leider vergebens.

Und ich finde es sehr klasse, dass er nicht so Favre-mäßig vom Rücktritt zurücktritt (Anfragen gab's ja wohl).

Konsequent der Mann -- und gut!!
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yzerman
30.11.2010 | 23:07 Uhr
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yzerman : 
30.11.2010 | 23:07 Uhr
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yzerman : 
Ein toller Blog zu meinem absoluten Lieblingsfootballer!!!

Er sorgte dafür das ich mir heute noch die Nächte um die Ohren schlage, um die NFL zu sehen! Seine Pässe waren ein Traum!

Und die Rams zu seiner Zeit mit Jungs wie Holt und Faulk waren ein Wahnsinn! Mein Gott ist das lange her, dennoch werde ich diese Zeit nie vergessen!!!

Kurt du bist eine lebende Legende!!! Ich ziehe meinen Hut vor dir!!!
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BabaBooey
30.11.2010 | 21:08 Uhr
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BabaBooey : 
30.11.2010 | 21:08 Uhr
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BabaBooey : 
Klasse Blog.

Warner war, seitdem ich Football intensiv verfolge, immer einer meiner Lieblingsspieler, auch wenn sein Abstecher zu meinen Giants nicht so erfolgreich war wie erhofft.
Großartiger Quarterback, unheimlich sympathischer Typ, definitiv Hall-of-Famer. Mehr gibt's nicht zu sagen.
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Seminole
30.11.2010 | 17:04 Uhr
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Seminole : 
30.11.2010 | 17:04 Uhr
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Seminole : 
Der Audio-Ausschnitt vom ORF ist sehr, sehr geil
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korsakoff
29.11.2010 | 13:28 Uhr
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korsakoff : 
29.11.2010 | 13:28 Uhr
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korsakoff : 
Natürlich braucht ein QB auch gute Receiver. Aber was würde Flacco seine Armada nutzen, wenn die Coaches WR Boldin und WR Houshmanzadeh ständig tief schicken würden, als wären sie Randy Moss? Null, weil es zwar talentierte Spieler mit guten Fang-Händen sind, aber eben keine Sprinter.

Natürlich gibt es Spieler mit besseren Händen und Spieler mit schnelleren Beinen. Die ganz große Kunst eines Coaches ist aber, die scheinbar weniger begabten Spieler richtig in ein System einzubauen bzw. das System auch für diese Spieler anzupassen.

Das Paradebeispiel ist Bill Belichick in New England. Wie viele Top-10 Picks hatte Belichick in den letzten zehn Jahren? Einen? Zwei? Und trotz der vermeintlich weniger begabten Spieler sind die Patriots jahrein, jahraus Titelkandidat. Weil hier ein Coach am Werk ist, der sein System ständig an sein Spielermaterial anpassen kann und umgekehrt. Ein Geben und Nehmen sozusagen. Das schaffen nur ganz wenige Teams/Coaches.

Man kann sich auch einmal anschauen, was aus Spielern geworden ist, die in New England gedraftet wurden, Titel geholt haben und dann aus Geldgründen fortgeschickt wurden. Was ist aus Deion Branch geworden? Was aus David Givens? Vrabel? Eugene Wilson? Antowain Smith?
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Red_7
29.11.2010 | 13:14 Uhr
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Red_7 : korsa
29.11.2010 | 13:14 Uhr
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Red_7 : korsa
Würde ich auch nicht abstreiten, dass man für ein System den richtigen Spieler scouten muss. Was halt auch noch mit reinspielt wie der Rest des Teams aufgebaut ist.

Die WR Unit der Ravens macht Flacco definitiv besser, zb...

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xxlhonk
29.11.2010 | 13:11 Uhr
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xxlhonk : 
29.11.2010 | 13:11 Uhr
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xxlhonk : 
Super Blog.

Das , was Warner mit Trent Green hatte, hatte ein anderer Nobody namens Tom Brady bei den Pads: Einen sehr teueren, und vermeindlichen Super-QB vor sich.
Doch am Ende setzte sich der risikofreudigere Warner zu Recht durch.
Doch es war das Gesamtpaket was die Offense so unglaublich dominieren ließ. Falk, Bruce und Holt waren ein wichtiger Eckpfeiler am Erfolg der Rams und von Warner.
Und als man den SB gewonnen hatte, kam, was so oft kommt:
Die Spieler wollten alle mehr geld.
Viel mehr Geld.
Auch Warner.
und so ließ man einige wichtige Leute ziehen, um den SC zu halten.
Und damit begann der schleichende Niedergang der Rams quasi im Augenblick ihres größten Triumphs. Und spätestens nachdem Falk permanent verletzt war, wurde aus TgSoT wieder ein normales Football-Team.
Hinzu kam, das Warner damals auch den unglaublichen hohen Erwartungshaltungen der Öffentlichkeit nicht gerecht werden konnte.
Aber da er ein Mann ist/war, der immer beide Beine auf dem Boden hatte, ist er nie unter die Räder gekommen.
und wird es auch nie tun.
Er ist einer der großen Sympathieträger in diesem knallharten Geschäft und eines dieser
"Vom Tellerwäscher zum Millionär"-Märchen, dass jeder Sportart gut tut.
Und von denen es immer mal wieder eins gibt, aber durch das lückenlose Rastern und knallharte Formatieren der Spieler wird das immer schwerer, solche Perlen zu entdecken.
Leider.
Sehr starker Blog!
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