"Ich hatte später nie wieder solche Freunde wie damals, als ich 12 war. Jesus, Sie etwa?"
(Stephen King, "Die Leiche")
14. September 2014
"Ooooh", stöhnt Dennis und plumpst auf das Sofa als sei er ein dicker Junge, den man aus dem Flugzeug wirft.
Erschöpft starrt er an die Decke. Natürlich kann Dennis mit Begriffen wie "psychisch" und "physisch" noch nicht viel anfangen. Er ist ja erst 12. Trotzdem ahnt er, dass sich seine Müdigkeit mehr im Kopf abspielt.
Seine Gedanken, sie schlagen Purzelbäume.
Jetzt wendet er die Blickrichtung auf seine hereinspazierende Mutter.
Die hat ihm gerade noch gefehlt.
"Es gibt Essen", sagt sie streng, "Spinat!"
"Wieso immer Spinat und nicht mal was... was Feines?", fragt Dennis frustriert. Aber wozu überhaupt? Er weiß doch sowieso schon was gleich kommt.
"Du bist Sportler, Ernährung ist da wichtig. Spinat ist gesund und macht stark. Schau dir nur mal Meister Proper an".
Das überrascht ihn dann doch.
"Meister Proper?", hakt er irritiert nach.
"Äh nein!", seine Mutter schüttelt über sich selbst den Kopf, "da war ich wohl noch beim Putzen! Gemeint ist natürlich Popeye!". Natürlich. Wer auch sonst. Nun streichelt sie ihm über den Kopf und versucht das Thema zu wechseln: "Wie war denn heute das Training, mein kleiner Star?".
Dennis stöhnt. Stopf mich von mir aus mit Spinat voll bis ich grün scheiße, denkt er sich müde, aber lass dieses Thema endlich mal ruhen. Seit Monaten sprechen seine Eltern über nichts anderes mehr als "den wichtigsten Schritt deines Leben". So nennen sie es immer. Seine Karriere, die nun, im Alter von 12, endlich Fahrt aufnehmen soll. Zumindest wenn es nach ihnen geht.
"Naja ich vermisse irgendwie meine alten Freunde", entgegnet Dennis müde.
Seine Mutter lächelt: "Das wird noch. Du gewöhnst dich daran. Morgen wird sicher ein besserer Tag".
17. September 2014
Heute darf Dennis wegen der guten Eindrücke zum ersten Mal mit der ersten Mannschaft trainieren. Das wird seinen Eltern gefallen.
Schon seit den Bambinis haben sie sich hingebungsvoll um seine "Karriere" gekümmert. Dabei hatten sie anfangs noch zur Blasmusik tendiert. Dennis musste stundenlang Klarinette üben, die Lehrerin schwärmte ohne Ende ("Das ist der neue Mozart!").
Doch dann wurde ihnen scheinbar klar, dass Fußball einen höheren Stellenwert genießt.
Also begann sein Vater stundenlang auf Sportplätzen mit ihm zu trainieren. Dennis musste täglich joggen und sich auch ja gut ernähren.
Irgendwie organsierten ihm die Eltern dann ein Probetraining beim FC Bayern. Dennis bestand. Weil diese Stadt beruflich keinen Umweg darstellte, zog man im Sommer um.
Das Ziel der Eltern, einen Star aufzuziehen, schien plötzlich ganz nah. Seine Mutter stand sofort Kopf und startete eine große Angebetour durch sämtliche Bekannte.
Jetzt steht Dennis verloren auf dem grünen Rasen. Er fühlt sich einsam. Die Sehnsucht nach seinen Freunden und Wangen ist immer noch gleich groß wie am Anfang.
Einer seiner neuen Mitspieler kommt auf ihn zu. "Servus. Bisd du a neia Spiela?", lacht er, "I huf du koast Bayrisch! Oiso komm mit und imma dran denkn: Mia san Mia!".
Dennis ballt die Hände zu Fäusten. Diese Sprache hier macht ihn so aggressiv!
Und da drüben steht auch noch Felipe. Der unsympathischste Junge aus seiner Klasse. Einer der vielen negativen Aspekte an Felipe ist seine Arroganz. Dazu macht er sich immer über Dennis schwäbischen Akzent lustig.
Weitere zu beachtende Gesichtspunkte an Felipe sind seine Pickel, überlegt sich Dennis. Doch nicht einmal das bringt ihn heute zum Lachen.
Ach wie sehr er seine alten Freunde doch vermisst.
Er schluckt. Da muss er jetzt durch. Wie sagt seine Mutter immer?
Morgen wird bestimmt ein besserer Tag!
21. September 2014
"Und?", wird Dennis an der Haustür von seiner Mutter begrüßt. Seine Eltern konnten das heutige Spiel nicht verfolgen, der Business eben. "Wie viele Tore hast du geschossen?", fragt sie erwartungsfroh.
"Leider keines, aber...", lächelt Dennis etwas zögernd
Das Gesicht seiner Mutter mutiert zu einer Maske des Entsetzens: "KEIN EINZIGES?! Peter! Unser Sohn hat kein Tor erzielt! Hol bitte die Peitsche!".
"Okay Margret, wart kurz!", schreit der Vater zurück, "Peitsche kommt sofort!".
Kurz darauf kommt er mit rotem Kopf angerannt.
"Du musst bestraft werden mein Sohn!", sagt er laut, schwingt die Peitsche und...
Schwer atmend erwacht Dennis aus seinem Albtraum. Es ist 04:30 Uhr morgens.
Komisch, wenn er einen Albtraum hat, dann handelt er normalerweise von Zombies, Vampiren oder tollwütigen Hunden. Doch dieses Mal waren seine Eltern die Monster.
Wieso träume ich sowas, fragt er sich. Meine Eltern haben mich doch noch nie geschlagen.
Vielleicht weil schlechte Leistungen tatsächlich an ihnen nagen? Irgendwie geht dann eine gewisse Kälte von ihnen aus. Etwas Bedrohliches
Er entscheidet sich dafür, heute so zu tun als sei er krank. Übelkeit.
Dann könnte er sich mal ausruhen. Ein Tag Pause, das tut gut.
Morgen wird dann ein besserer Tag. Bestimmt.
25. September 2014
"Also Gerd was ist denn das Wichtigste in deinem Leben?".
Schule. Religionsunterricht.
Gerd irritiert die Frage etwas, dann sagt er jedoch gelangweilt: "Meine Freunde!".
Freunde. Auf einmal wird Dennis nostalgisch. Er muss wieder an seine denken.
An Michael, den hageren Jungen mit starkem schwäbischen Akzent.
Oder Markus, der so stark zu Wutanfällen neigt. Wie er im Sommer sein Zeugnis herausbekommen und es unter den lauten Schreien des Lehrers ("HE NEIN! DES ISCHD EIN DOKUMENT!!") zerrissen hat.
Und erst der Tollpatsch Sebastian, der es mal schaffte mit dem Fahrrad einen Vogel zu überfahren und dann panisch alles mögliche anzurufen. Polizei, den Förster, ADAC Pannendienst...
Sogar Agathe, das altmodische Mädchen, das als Bauerntochter geboren wurde, deren Eltern jedoch die Geburt dem Standesamt verschwiegen und sie auf ihrem Bauernhof heimlich zur Welt brachten, vermisst er. Er hatte irgendwie ein bisschen ein Auge auf sie geworden.
"Hallo Dennis? Ist da jemand?".
"Was?!" Dennis erschrickt, er ist kurz in seine Traumwelt versunken. Die Lehrer schimpfen dann immer mit ihm, sie verstehen nicht, dass er nichts dafür kann. Er driftet nun einmal hin und wieder gedanklich ab. Zuletzt immer häufiger.
"Dennis was ist dir das Wichtigste in deinem Leben?".
Dennis überlegt lange, dann sagt er: "Der Fußball. Ja genau. Der Fußball".
Fast kann er seine Eltern Applaus klatschen hören.
Er fühlt sich schlecht. Ganz schlecht.
Aber vielleicht wird morgen ja ein besserer Tag
27. September 2014
"Und? Gfollds da bei uns?", wird Dennis von Teamkamerad Lukas gefragt.
Er zögert. "Naja", antwortet er dann, "es isch halt alles ein bisschen streng hier. Ihr lacht nicht so viel".
"Woaßt", Lukas grinst, "mia Bayern gehn zum Lachn halt in den Keller". Kunstpause.
"Aber wemma do erstmol san, noch wirds a Mordsgaudi!".
Dennis lacht. Jedoch lacht er nur aus Höflichkeit.
30. September 2014
Nachdenklich liegt Dennis im Bett. Ein weiterer beschissener Tag liegt hinter ihm.
Plötzlich erschrickt er. Ein kleiner Spatz sitzt völlig verloren in der Ecke seines Zimmers.
"Oh Mann", lächelt Dennis, "du und ich. Zwei Lebewesen. Beide völlig fehl am Platz".
Während seine Mutter "ESSEN! SPINAT!" schreit, setzt er den eingeschüchterten Spatz auf der grünen Wiese hinter dem Haus ab. Wenige Augenblicke später verschwindet er dankbar in Richtung Himmel.
Immerhin der Vogel ist wieder dort, wo er hingehört. Glücklich und zufrieden.
Und da stürzt alles auf Dennis ein, denn eines wird ihm endgültig klar:
Hier wird wohl nie ein besserer Tag werden. Auch morgen nicht.
Madness auch wenn es schade ist, dass du keine Begründung lieferst. Wir werden deine Stimme zählen.
http://www.spox.com/myspox/blogdetail/Die-Rueckkehr-des-Koenigs,209042.html
Nimmt hin!
Hier nur noch so viel:
Du hast die Variante gewählt, die durchaus ernste-irgendwie auch bewegende Geschichte mit viel Humor zu "würzen" und voranzutreiben.
Bei kimosch war es als Stilmittel eher die harte Ausdrucksweise. Und so endete dann seine Geschichte auch abrupt ..ich sag mal in der Katastrophe.
Deine endet mit einer Erkenntnis und (in meinen Gedanken jedenfalls) vielen offenen Türen. Gefällt mir am Ende besser und deshalb bleiben meine Punkte hier bei MarcelPutz
Dennoch danke für die Kritik!
ich denke du wolltest eine art corporate identity schaffen, durch die man diesen blog wiedererkennt aber mich hat es dazu bewogen gegen dich zu stimmen. es war leider recht langweilig. hätte mir einen frecheren blog gewünscht. vllt dass der junge auf die karriere verzichtet. allen entgegenruft: LECKT MICH AM ARSCH oder so ähnlich.
stimme geht also an kimosch