16.09.2012 um 20:43 Uhr
Geschrieben von Stadtneurotiker
FCB-Kultkicker (VII)
Hasan Salihamidzic
Ein erfolgreiches Bürschchen
Das Prinzip "Publikumsliebling" funktioniert eigentlich ganz einfach.
Idealerweise zieht der Verein einen Spieler aus dem eigenen Nachwuchs hoch, von dem vor der Saison weder von den Offiziellen, noch den Fans, noch den Experten etwas erwartet wird. Klappt das mangels Nachwuchs nicht, verpflichtet der Verein einen jungen Spieler, der gar keine oder nur wenig Ablöse kostet. Fan nimmt das zur Kenntnis und schließt sich den offiziellen Expertenurteilen und den hinter der vorgehaltener Hand verklausulierten Verlautbarungen des Vereins an. "Ein Ergänzungsspieler", "Er kann viele Positionen spielen", "Er ist heiß, wenn er von der Bank kommt", und was man sich eben noch so erzählt. Da kann man nix falsch machen! Geht's schief, wird er in der Winterpause ausgeliehen, oder er darf sich in der 2.Mannschaft die Knochen polieren lassen.
Selbst in regelmäßig um Titel mitspielenden und mit hochkarätigen Namen verstärkten Mannschaften funktioniert dieses Prinzip.
Ein Paradebeispiel dafür ist Hasan Salihamidzic.
Stefan Effenberg sagte einst über den als Stürmer verpflichteten aber von Ottmar Hitzfeld zum Dauerläufer im Mittelfeld umfunktionierten Spieler: "Brazzo schläft mit einem Finger in der Steckdose." Er charakterisierte damit sowohl sein Äußeres als auch seine Spielweise. Seine Frisur sah immer so aus, als sei sie gerade elektrisch in Form gebracht worden. Unmittelbar vor den Spielen blies er seine Backen, die ein eindrucksvolles Volumen aufweisen, auf, bevor er auf dem Platz Vollgas gab. Er beharkte seinen Gegenüber bis zum Rande des Nervenzusammenbruchs. Es gab weitaus talentiertere Spieler in der Mannschaft, aber Wille und Einsatzfreude glichen das mehr als aus. Vornehmlich im rechten Mittelfeld eingesetzt rannte er rauf und runter. Roberto Carlos, um die Jahrtausendwende der Prototyp des linken Außenverteidigers, bekommt wahrscheinlich heute noch Stresspusteln, wenn er an den nimmermüden Irrwisch, dessen Namen er sicher nicht aussprechen konnte, erinnert wird. Nicht einen Zentimeter ließ er er ihm.
Dabei tauchte Salihamidzic vor den meisten Spielzeiten selten in den von den Redakteuren der Sportmagazine skizzierten Startaufstellungen auf. Zu groß und gewichtig erschienen seine Konkurrenten. Doch Torsten Frings zum Beispiel suchte nach einem Jahr das Weite. In einer an Typen nicht armen Mannschaft, in der der eine oder schon gerne mal seinen Befindlichkeiten freien Lauf ließ, verheilt er sich stets loyal und unauffällig. Öffentliche Forderungen zur Befriedigung seines Egos waren von Salhamidzic nie zu vernehmen.
Hinzu kam seine Flexibilität, die ihn unersetzbar machte. Vor allem unter seinem Mentor Felix Magath, der ihn beim HSV gefördert und gefordert hatte, wurde er während seiner Zeit als Trainer des FC Bayern auf allen Außenpositionen eingesetzt. Diese Flexibilität paarte er mit Mannschaftsdienlichkeit, die es anderen ermöglichte, mit ihm im Hintergrund zu glänzen.
Er kam 1998, übrigens ablösefrei, zur rechten Zeit in eine sich nach Jahren der fehlenden Kontinuität und vieler Querelen zu großen Taten aufschwingenden Mannschaft, die ihren Zenit 2001 mit dem Gewinn der Champions League erreichte. 12 Titel in neun Jahren durfte er feiern.
Doch es war nicht alleine seine Art zu spielen, die ihn bei den Fans so beliebt machte. Sein breites wie lautes Lachen gehört zu ihm wie der Turbo auf dem Platz. Er vermittelt gerne den Eindruck, den Schalk im Nacken zu haben. "Brazzo" (das Bürschchen), wie er genannt wird, vereinte Einsatz mit Lausbübischen.
Uli Hoeneß weiß davon ein Lied zu singen:
Als Hasan Salihamidzic 2007 nach neun Jahren den FC Bayern verließ, nahm es ihm niemand übel. Er wechselte zu Juventus Turin, um nicht nur, wie er offen zugab, eine neue Kultur kennenzulernen. Häufiger von Verletzungen geplagt spielte er nur in seiner ersten Saison über 20 Mal. In den beiden Champions-League-Spielen 2009 gegen den FC Bayern saß er auf der Bank.
Letztes Jahr kehrte er wieder in die Bundesliga zurück. Unter seinem Förderer Felix Magath spielte er noch 15 Mal. Sein Vertrag wurde nicht verlängert.
Es hat den Anschein, daß sich ein großer Spieler leise durch die Hintertür verabschiedet hat.
Es ist auch die Geschichte eines Mannes, der als 15-Jähriger mit seinem Eltern aus dem damaligen Kriegsgebiet Bosnien-Herzegowina floh und in fremder Umgebung die Basis zu einer großen Karriere legte.
Ein erfolgreiches Bürschchen
Das Prinzip "Publikumsliebling" funktioniert eigentlich ganz einfach.
Idealerweise zieht der Verein einen Spieler aus dem eigenen Nachwuchs hoch, von dem vor der Saison weder von den Offiziellen, noch den Fans, noch den Experten etwas erwartet wird. Klappt das mangels Nachwuchs nicht, verpflichtet der Verein einen jungen Spieler, der gar keine oder nur wenig Ablöse kostet. Fan nimmt das zur Kenntnis und schließt sich den offiziellen Expertenurteilen und den hinter der vorgehaltener Hand verklausulierten Verlautbarungen des Vereins an. "Ein Ergänzungsspieler", "Er kann viele Positionen spielen", "Er ist heiß, wenn er von der Bank kommt", und was man sich eben noch so erzählt. Da kann man nix falsch machen! Geht's schief, wird er in der Winterpause ausgeliehen, oder er darf sich in der 2.Mannschaft die Knochen polieren lassen.
Selbst in regelmäßig um Titel mitspielenden und mit hochkarätigen Namen verstärkten Mannschaften funktioniert dieses Prinzip.
Ein Paradebeispiel dafür ist Hasan Salihamidzic.
Stefan Effenberg sagte einst über den als Stürmer verpflichteten aber von Ottmar Hitzfeld zum Dauerläufer im Mittelfeld umfunktionierten Spieler: "Brazzo schläft mit einem Finger in der Steckdose." Er charakterisierte damit sowohl sein Äußeres als auch seine Spielweise. Seine Frisur sah immer so aus, als sei sie gerade elektrisch in Form gebracht worden. Unmittelbar vor den Spielen blies er seine Backen, die ein eindrucksvolles Volumen aufweisen, auf, bevor er auf dem Platz Vollgas gab. Er beharkte seinen Gegenüber bis zum Rande des Nervenzusammenbruchs. Es gab weitaus talentiertere Spieler in der Mannschaft, aber Wille und Einsatzfreude glichen das mehr als aus. Vornehmlich im rechten Mittelfeld eingesetzt rannte er rauf und runter. Roberto Carlos, um die Jahrtausendwende der Prototyp des linken Außenverteidigers, bekommt wahrscheinlich heute noch Stresspusteln, wenn er an den nimmermüden Irrwisch, dessen Namen er sicher nicht aussprechen konnte, erinnert wird. Nicht einen Zentimeter ließ er er ihm.
Dabei tauchte Salihamidzic vor den meisten Spielzeiten selten in den von den Redakteuren der Sportmagazine skizzierten Startaufstellungen auf. Zu groß und gewichtig erschienen seine Konkurrenten. Doch Torsten Frings zum Beispiel suchte nach einem Jahr das Weite. In einer an Typen nicht armen Mannschaft, in der der eine oder schon gerne mal seinen Befindlichkeiten freien Lauf ließ, verheilt er sich stets loyal und unauffällig. Öffentliche Forderungen zur Befriedigung seines Egos waren von Salhamidzic nie zu vernehmen.
Hinzu kam seine Flexibilität, die ihn unersetzbar machte. Vor allem unter seinem Mentor Felix Magath, der ihn beim HSV gefördert und gefordert hatte, wurde er während seiner Zeit als Trainer des FC Bayern auf allen Außenpositionen eingesetzt. Diese Flexibilität paarte er mit Mannschaftsdienlichkeit, die es anderen ermöglichte, mit ihm im Hintergrund zu glänzen.
Er kam 1998, übrigens ablösefrei, zur rechten Zeit in eine sich nach Jahren der fehlenden Kontinuität und vieler Querelen zu großen Taten aufschwingenden Mannschaft, die ihren Zenit 2001 mit dem Gewinn der Champions League erreichte. 12 Titel in neun Jahren durfte er feiern.
Doch es war nicht alleine seine Art zu spielen, die ihn bei den Fans so beliebt machte. Sein breites wie lautes Lachen gehört zu ihm wie der Turbo auf dem Platz. Er vermittelt gerne den Eindruck, den Schalk im Nacken zu haben. "Brazzo" (das Bürschchen), wie er genannt wird, vereinte Einsatz mit Lausbübischen.
Uli Hoeneß weiß davon ein Lied zu singen:
Als Hasan Salihamidzic 2007 nach neun Jahren den FC Bayern verließ, nahm es ihm niemand übel. Er wechselte zu Juventus Turin, um nicht nur, wie er offen zugab, eine neue Kultur kennenzulernen. Häufiger von Verletzungen geplagt spielte er nur in seiner ersten Saison über 20 Mal. In den beiden Champions-League-Spielen 2009 gegen den FC Bayern saß er auf der Bank.
Letztes Jahr kehrte er wieder in die Bundesliga zurück. Unter seinem Förderer Felix Magath spielte er noch 15 Mal. Sein Vertrag wurde nicht verlängert.
Es hat den Anschein, daß sich ein großer Spieler leise durch die Hintertür verabschiedet hat.
Es ist auch die Geschichte eines Mannes, der als 15-Jähriger mit seinem Eltern aus dem damaligen Kriegsgebiet Bosnien-Herzegowina floh und in fremder Umgebung die Basis zu einer großen Karriere legte.
Aufrufe: 7620 | Kommentare: 15 | Bewertungen: 14 | Erstellt:16.09.2012
ø 9.6
KOMMENTARE
Um bewerten und sortieren zu können, loggen Sie sich bitte ein.
18.09.2012 | 18:32 Uhr
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Skim :
Sehr schöner Blog über einen meiner Lieblingsspieler! Vermisse den Kerl!
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18.09.2012 | 13:30 Uhr
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The_King6 : Hasan
hab getragene F-Schuhe vom lieben Hasen Zuhause stehen :)
0
18.09.2012 | 13:30 Uhr
0
pitman :
http://www.youtube.com/watch?v=qgPo77-SMJQ&feature=player_detailpage#t=144sLeider Spiegelverkehrt >>> aber trotzdem schön...
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18.09.2012 | 13:07 Uhr
0
Betfred :
Ich habe noch immer die Hoffnung,das er bei Scholli in der 2.Mannschaft kickt und dort seine Karriere beendet.
2
18.09.2012 | 12:41 Uhr
0
Scholl_7 :
Brazzo, der Schlawiner!Unvergessenes Mitglied der damaligen Schafkopffraktion.
Ständig und so oft es ging am kartln
0
18.09.2012 | 11:57 Uhr
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Frederic :
Unvergeßlich wie er Robertos Fehler ausnutzte und dann den genialen Pass zu Makaay und zum schnellsten Tor der CL-Geschichte...3
18.09.2012 | 11:43 Uhr
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IchbinsderFranz : Brazzoooooh
Brazzo ist die Verkörperung FC Bayerns!!Ein echter Münchner der immer 100+ % gab und dank solchen Typen ist aus Bayern auch eine Fussballmacht geworden,er trägt das Bayern-Emblem im Herzen!
Danke für das Porträt!
Danke Brazzo!
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