Sicher, der FC Bayern hat einen der wohl besten Übungsleiter (Neudeutsch: Fußballlehrer) der Welt und ich bin - fußballtechnisch gesehen - im Vergleich höchstens das bessere Feierbiest. Dennoch habe ich mir meine Gedanken zur generellen Grundformation des Rekordmeisters gemacht.

Anders als Ihr vielleicht nun denkt, geht es in meinen Überlegungen aber nicht um eine mögliche taktische Reaktion auf die Ausfälle von RibRob / Robery oder wer es klassisch und vollkommen unboulevardesk mag: von Franck Ribery und Arjen Robben.

Ich habe mich mit der A-Elf auseinander gesetzt, denn mit der laut Hoeneß 'Abesten Flügelzange Europas' an Bord, geht dem FCB - besonders international - die Stabilität ab, da sowohl Ribery, als auch Robben Defensiv nur sporadisch in Erscheinung treten.

Beispielhaft sei hier die Hinrundenpartie gegen die TSG 1899 Hoffenheim genannt, bei der Beck und Rudy Bayerns Außenverteidiger Diego Contento immer wieder vor unlösbare Aufgaben stellten, weil die Unterstützung durch Ribery in der Defensive gänzlich fehlte. Zwar gewann man das Spiel, doch auch die hohe Anzahl an Gegentreffern in der abgelaufenen CL-Saison zeigt die Verwundbarkeit dieses Systems mit diesen Spielertypen.

Was in der Bundesliga zumindest durch den Gegner als Schwäche erkannt wird, wird in der Königsklasse wahrscheinlich bestraft.

Jetzt ist es nicht so, dass ich mich dafür ausspreche einen oder gar beide Flügelstürmer nicht aufzustellen.
Ich frage mich nur:
'Ist dieses 4-2-3-1 das richtige System für diese Spielertypen?'


Das alte System des Rekordmeisters



Wenn ich nach einem anderen System suche, dann habe ich auch den Anspruch weitere bestehende Defizite in meine Überlegungen einzubeziehen. In den bisherigen Bundesligaspielen im Allgemeinen und im Spiel gegen Kaiserlautern im Besonderen wurde mir zumindest deutlich, dass das Bayernspiel zwar von einer enormen Dominanz geprägt ist, der Gegner jedoch selten überrascht werden kann.

Folglich müsste ein neues System die Möglichkeit eröffnen das Spieltempo zu variieren - gegebenenfalls durch ein schnelleres Umschaltspiel.

Will man Ribery und Robben einsetzen und ihnen weiterhin alle Freiheiten zugestehen, dann bleibt nichts anderes übrig, als sie zu nominellen Stürmern zu machen. Wenn man die Daten ihrer Defensivarbeit zugrunde legt agierten zwar beide schon als solche, doch muss das System dieser Rolle auch Rechnung tragen und die Defensivarbeit anders verteilen.

Ergo müsste man für personelle Unterstützung der Außenverteidiger sorgen. Dies erreicht man zum Beispiel durch eine breites defensives Mittelfeld, das in meinen Überlegungen aus drei Spielern bestehen würde. Personell ist man beim FC Bayern auf dieser Position sowohl qualitativ als auch quantitativ sehr gut aufgestellt. Mit den Platzhirschen Schweinsteiger und van Bommel, dem spielerisch hoch veranlagten Kroos und den bisherigen Reservisten Altintop und Pranjic ist die Auswahl groß.

In der heutigen Fußballzeit geht nichts mehr ohne Flexibilität. Ein statisches System wird heutzutage auch von einem personell schwächeren System 'auseinander gespielt'. Durch eine Besetzung der Zentrale durch beispielsweise Kroos, Schweinsteiger und van Bommel. Hätte man auch drei spielstarke (ja van Bommel kann auch Fußball spielen) Spielertypen, die in der Zentrale aus der Dreierkette eine 2-1 Verteilung herstellen könnten, um als Bindeglied zwischen Abwehr und Angriff zu agieren. Die defensive Grundordnung in diesem Mannschaftsteil wäre zwar nur minimal verändert, doch wäre die Spieleröffnung durch die unterschiedliche Besetzung der Spielmacherposition und der damit verbunden Variabilität in den Anspielstationen häufiger Ausgangspunkt unterschiedlicher Spielzüge.

Mit seiner Art vor dem Mittelfeld als 'offensiver Staubsauger' (o-Ton mySPOX-User Renaldo im Blog: Unterschiede zwischen den FCBs) zu spielen, ist Thomas Müller in dieser Grundordnung prädestiniert als zentrale Spitze bzw. als falsche Neun zu fungieren. Müller lässt sich als nomineller Mittelstürmer in den Raum zwischen gegnerischer Abwehr und Mittelfeld fallen, um anspielbar zu werden oder Raum hinter sich zu schaffen, indem er den Innenverteidiger aus der Deckung zieht. Daraufhin können Ribery und/oder Robben den Weg in die Spitze suchen, um im 1-gegen-1 mit dem zurückgebliebenen Innenverteidiger den Torabschluss zu suchen. Auch ihr Spiel wäre dadurch nicht mehr so statisch bzw. nicht mehr ausschließlich auf die Außenbahn beschränkt. Zudem ist Müller auch defensiv immer fleißig und kann dadurch der fehlenden Defensivarbeit von Ribery und Robben entgegenwirken.

Das von mir entwickelte System für den FC Bayern in 'Bestbesetzung' ist demnach ein 4-3-3 mit 3 defensiven, aber spielerisch versierten Mittelfeldakteuren, die immer abwechselnd auf die Spielmacherposition rochieren sollen und 3 Stürmern, von denen der nominelle Mittelstürmer eine 'falsche Neun' ist und der Spieleröffnung 'entgegen geht'. Somit kann das System auch als 4-4-2 beschrieben werden, wenn Müller das Mittelfeld auffüllt oder gar als 4-2-2-2 verstanden werden, wenn sowohl Müller als auch ein defensiver Mittelfeldspieler im gefährlichen Raum zwischen gegnerischer Abwehr und defensiven Mittelfeld Anspielstationen schaffen, also zwei Spieler sich in dieser Spielsituation in der Spielmacherrolle anbieten.


Ein neues System für den Rekordmeister

Die neue Flexibilität wird sichtbar. Müller ist durch seine taktische Spielintelligenz die Idealbesetzung für die falsche Neun. Ribery und Robben erhalten in Ihrem Spiel mehr Optionen der Doppelung aus dem Weg zu gehen. Die Außenverteidiger müssen in diesem System mutiger werden als zuletzt.


Abschließend möchte ich die grundlegenden Änderungen noch einmal kurz Revue passieren lassen. Ribery und Robben bekommen alle Freiheiten und werden weitestgehend von der Defensivarbeit befreit. Dafür mutieren die Positionen des Mittelstürmers und des Spielmachers bzw. Zehners. Der Mittelstürmer wird zur falschen Neun, die aber nicht nur in die freien Räume stoßen soll, um Anspielbar zu sein, sondern auch Defensiv ihre Aufgaben in dieser Zone erhält. Der Spielmacher ist aufgrund dieser Verschiebung nur noch eine temporäre Position und wird durch einen dritten defensiven Mittelfeldspieler ersetzt. Diese Drei und der zentrale Stürmer sollen den vakanten Posten zwischen Abwehr und Angriff immer wieder besetzen und dem Spiel Variabilität verleihen.