Die Verpflichtung von Nationaltorwart Manuel Neuer schlägt weiter große Wellen. So gab es seit dem nichtmal zwei Wochen alten runden Tisch zwischen Vereinsführung und Ultra-Fanclubs bereits ein weiteres öffentliches Protestplakat beim Testspiel gegen die Trentino-Auswahl sowie ein geheimes Treffen zwischen den Ultras und Neuer selbst.

Dabei gab es jetzt die scheinbare Einigung zwischen Neuer und den Ultras. Aber was auf den ersten Blick nach dem lange ersehnten Ende der Querelen aussieht, ist auf den zweiten Blick eine Zurschaustellung der von den Ultas selbstverordneten Machtposition.

Dieses Treffen ist aus Vereinssicht ein Eklat und sollte so keineswegs hingenommen werden. Einerseits ist es natürlich ein Kompromiss, um die öffentlichen Proteste gegen Neuer einzudämmen.

Gleichzeitig ist die Tatsache, dass zu einem solchen Kompromiss überhaupt kommt, nicht hinnehmbar. Und auch nicht, wie dieser zustande kam oder wie diese Lösung jetzt nach außen kommuniziert wird.

Warum? Die Gründe:

1. Zunächst maßen es die Ultas sich an, sich in den Verein und die Art, wie ein Spieler sich in der Öffentlichkeit zu benehmen hat, einzumischen. Das ist schlicht eine Kompetenzüberschreitung, eine Missachtung der Autorität des Vereins.

Vor allem ist es aber eine Überschätzung der eigenen Autorität. Sich einzubilden, dass man einem Spieler vorschreiben kann, wie er sich beim Ausüben seines Berufs zu verhalten hat, und ihm vorzuschreiben, welche Regeln er zu befolgen hat, damit er keine Proteste befürchten muss, grenzt stark an Erpressung.


2. Des weiteren verdeutlichen die Ultras damit weiterhin ihren Anspruch, eine gesonderte Stellung innerhalb der Fans einzunehmen und vereinzelt sogar, für einen großen Teil der Fans zu sprechen. Hierbei wird immer wieder nach dem Motto "Wer am lautesten schreit, hat Recht" argumentiert. Die Ultras machen die Choreographien, die Ultras machen die Stimmung.

Das mag stimmen, aber auf eine Stimmung gegen einen Spieler des eigenen Vereins, der vom Großteil der Fans akzeptiert und mit offenen Armen empfangen wurde - darauf kann man verzichten. Ein solches Verhalten sorgt lediglich für schlechte Stimmung innerhalb des Vereins und unter den Fans.

Man darf bei all diesen Argumentationen nicht vergessen, dass ein Fußballverein nicht von den Fans geleitet wird. Die Fans sind natürlich wichtig, und die Stimmung im Stadion ebenso. Trotzdem darf dieses Argument nicht zählen. Umgekehrt könnten genauso die Logenbesitzer ihre vorgeordnete Stellung unter den Fans damit argumentieren, dass sie schließlich deutlich mehr Geld in den Verein stecken.

Es darf bei den Fans keine Hierarchisierung geben - zumindest nicht, was die Rechte angeht. Dass der Ultra sich als engagierterer Fan sieht, der seine Meinung öffentlich Kund tut, ist keineswegs verwerflich. Aber besondere Rechte oder gar den Status als Stimme der Fans darf er sich dabei nicht herausnehmen. Er ist eben ein Primus inter Pares.


3. Außerdem nehmen es sich die Ultras, deutlich gemacht durch die Formulierung "wie Manuel Neuer sich zu benehmen hat", heraus, Regeln in der Allianz Arena aufzustellen. Das ist ein inakzeptabler Schritt. Die betreffenden Ultra-Gruppierungen haben weder die Südkurve gekauft, noch haben sie die Zustimmung der Hausherren.

Das ist ein Faktor, der immer wieder untergeht. Die Ultras sind Gast im Stadion und nutzen die Gastfreundschaft, die mit den billigsten Stehplatz-Dauerkarten der Bundesliga zweifellos gewährt wird, in der Causa Neuer aus, um Politik gegen den Verein und die Vereinsführung oder Stimmung eben gegen einen Spieler zu machen.


4. Zusätzlich, und das ist ein aus Sicht der anderen Fans besonders ärgerlicher Punkt, stellen die Ultras ihre persönlichen Abneigungen über den sportlichen Erfolg des Vereins. Natürlich garantiert auch Manuel Neuer nicht automatisch Erfolg, dass kann kein Spieler. Aber er ist aus rein sportlichen Aspekten der beste Torwart, den der FC Bayern verpflichten konnte.

Mit ihren Protestaktionen, die größtenteils auf Neuers Mitgliedschaft in der Schalker Ultra-Gruppierung "Buerschenschaft" zurückzuführen sind, Genaue Ultra-Kritik nachzulesen hier , stellen sich diese selbsternannten größten Fans des Vereins gegenüber den anderen Fans ins Abseits.

Diese Aktion mit all ihren Facetten zeigt, dass letztlich lieber ein sportlich schlechterer Spieler gesehen wird, der dafür den ausgewählten Kriterien der Ultras entspricht.


5. Außerdem besteht die Gefahr der Spaltung der Fans und ein dauerhafter im Stadion ausgetragener Konflikt. Die betreffenden Gruppierungen haben mehrfach ihren Standpunkt und ihre Meinung in der Öffentlichkeit kund getan, genauso haben sie die öffentliche Quittung im Stadion von den anderen Fans erfahren.

Mit ihrem sturen Verhalten haben die Ultras sich selbst isoliert und gezeigt, dass sie, nur zu minimalen Kompromissen bereit sind, und das auch nur, wenn sie selbst die Bedingungen diktieren.


Ein solches Verhalten darf und wird der Verein sich nicht bieten lassen. Dieses Mal ist es aufgrund der ehemaligen, auch das muss man sich immer vor Augen führen: Er ist kein Mitglied der Buerschenschaft mehr, Zugehörigkeit eines Spielers zu einer verfeindeten Ultra-Gruppierung, das nächste Mal könnte es irgend ein anderer Grund sein.

Deshalb sollte als Devise gelten: Eigene Meinung ja, öffentliche Kundgebung dieser Meinung ebenfalls ja. Aber das Anfeinden eines eigenen Spielers oder das Einmischen in Vereinsbelange und die Erhebung über andere Fans: nein!

Kein Fan ist größer als der Verein, egal was er für ihn geleistet hat.