Wenn einer A sagt und der andere B, wieso einigen die beiden sich dann bei C, auch wenn C falsch ist?

So oder so ähnlich werden viele Bayernfans in den letzten Stunden gefühlt haben.

Völlig unabhängig wie man zu Louis van Gaal steht: Ob man ihn für den besten Bayerntrainer seit Hitzfeld 99-01 hält, der aufgrund seiner Philosophie die Bayern aus der internationalen Bedeutungslosigkeit zu Double-Sieg und CL-Finale heraufkatapultierte und dazu auch noch atemberaubenden Fußball spielen ließ, oder ob man ihn für eine überschätzte holländische Tulpe hält, die letzte Saison nur von Robben profierte und jetzt an ihrer Beratungsresistenz scheiterte:

Welchen Sinn macht es, 9 Spieltage vor Saisonende bei 5 Punkten Rückstand auf Platz 3 einen Trainer zu entlassen? Äh Moment, ihn halb zu entlassen, also so ein bisschen zu entlassen. Ihn also quasi zu kastrieren, ohne ihm die Eier abzuschneiden. Ihm zu sagen: "Louis, du bist der Richtige, aber ab Sommer wollen wir den Richtigeren". So ein bisschen überzeugt sein, aber auch nicht richtig...

Wenn Bayern München bei akuter Gefährdung von Platz 3 und drei verlorenen "Endspielen" in Folge einen Trainer entlässt, so wäre dies nachvollziehbar. Der Vorstand könnte sich hinstellen und behaupten, man müsse neue Impulse setzen, die Mannschaft sei aufgrund des Trainers blockiert, es gebe unter einem neuen Trainer bessere Chancen, noch die CL-Qualifikation zu erreichen.
So geschehen am 27.04.2009, als man Klinsmann rausschmiss.

Wenn Bayern München trotz akuter Gefährdung von Platz 3 und drei verlorenen "Endspielen" in Folge an einem Trainer festhält, weil eben dieser Trainer bereits bewiesen hat, dass er "nicht nur ein guter, sondern ein sehr guter" Trainer ist, weil er die Mannschaft zu neuem internationalen Ruhm geführt hat und für die Zukunft konkurrenzfähig machte, weil er in dieser Saison zwar auch an sich selbst, aber auch an widrigen Umständen scheiterte und es keiner besser machen könnte, weil die Mannschaft nach wie vor hinter dem Trainer steht, dann wäre dies angesichts der Tendenz unserer Führung, die Schuld an einer sportlichen Misere auf dem aktuellen Trainer abzuladen und gleichzeitig sich die Hände in Unschuld zu waschen, zwar ungewöhnlich aber: nachvollziehbar.

Wenn Bayern München aufgrund akuter Gefährdung von Platz 3 und drei verlorenen "Endspielen" in Folge von einem Trainer nicht mehr überzeugt ist, in den Gedanken der Führung dieser Trainer für die kommende Saison bereits entlassen ist, aber kurzfristig kein Trainer zur Verfügung steht, von dem man überzeugt ist, dass er es besser machen würde, weil auch die Mannschaft nicht "befreit" werden muss, und man in der Folge dem Trainer öffentlich den Rücken stärkt, dann wäre das zwar ein Armutszeugnis, was das Auskundschaften von möglichen Alternativen angeht, aber dennoch: nachvollziehbar.

Aber was machen Hoeneß und Rummenigge?
Sie entlassen den Trainer für die kommende Saison, kommunizieren dies öffentlich und legen aber gleichzeitig die Schicksal des Klubs für die laufende Saison in die Hände des Trainers, den sie schon entlassen haben. Ein bisschen van Gaal sozusagen.

Wenn die Mannschaft nach dem grotesken Auftritt des Sonnengotts persönlich bei sky90 noch kein Alibi hatte, schlechte Leistungen auf den ach so schlechten Trainer schieben zu können, jetzt hat sie eins. Und zwar ein so großes, wie es größer nicht sein kann.

Wenn die Spieler von van Gaal gehemmt werden, werden sie dann jetzt plötzlich nicht mehr gehemmt, nur weil sie wissen, dass van Gaal gehen wird? Machen sie dann ihre Taktik selbst? Und wenn sie das könnten: wieso hat man van Gaal dann nicht gleich entlassen?

Wenn die Spieler zu van Gaal stehen, muss dann eine solche Entscheidung nicht eher zusätzlich für Frust oder Enttäuschung sorgen, statt zusätzliche Motivation zu bewirken?

Welches Interesse hat van Gaal noch daran, ob der FC Bayern nächstes Jahr auf Platz 2, 3, oder 6 steht, wenn er sowieso gehen muss? Er dürfte nur noch an einem Gewinn der Champions-League interessiert sein, um sich ein Denkmal zu setzen. Entspricht diese Zielsetzung bei gleichzeitigem Schleifenlassen der Bundesliga auch dem Wunsch des Vereins? - wenn ja, wäre dies der einzig halbwegs nachvollziehbare Grund für die Entscheidung, alles auf einen Sieg in der CL zu setzen, wofür mit van Gaal als Trainer die Chancen deutlich am höchsten stehen dürften (also 3% statt 0,1%...) -

Wenn man durch die frühzeitige Kommunikation der Entscheidung für klare Verhältnisse sorgen wollte und Ruhe in den Verein bringen wollte, so kennt man die Medien schlecht:
Nach jedem Sieg wird gefragt werden: Wieso muss dieser Trainer im Sommer gehen?
Nach jeder Niederlage wird gefragt werden: Wieso ist dieser Trainer nicht schon längst gegangen? Geht er vielleicht morgen?

Als Nicht-Bayern-Fan wüsste man gar nicht, was amüsanter wäre: Platz 6 in der Bundesliga und tägliches Theater, oder der ultimative Triumph in der Champions-League mit van Gaal, der danach Hoeneß und Rummenigge ins Gesicht grinst und meint: "Gutes Gelingen weiterhin, ihr wollt mich ja nicht mehr"...

Wenn Rummenigge erklärt, van Gaal müsse gehen wegen unüberbrückbarer Differenzen, was die strategische Ausrichtung des Klubs anbelangt, dann sollte man sich doch fragen: Wie können die Ansichten hier unüberbrückbar sein, wenn eine Seite doch gar kein Konzept hat, was die strategische Ausrichtung des Klubs betrifft?

Wie auch immer: Wir werden noch viel "Spaß" haben in dieser Saison, jeden Tag im Mittelpunkt sämtlicher Schlagzeilen stehen, über uns zerbricht sicht ganz Deutschland den Kopf.

Was will man mehr beim FC Hollywood...

Noch ein kleines Schmankerl im Nachtrag:

"Moderator Wolfgang Nadvornik las Hoeneß die Pressemitteilung vor. Inhalt: Der Zweitligist vetraut bis zum Saisonende auf die Arbeit von Trainer Holger Fach. Dann ist jedoch Schluss, und der FCA holt einen neuen Mann. Hoeneß sagte dazu: "Wenn man weiß, dass der Trainer am Ende der Saison geht und es eh nicht so gut läuft, dann kann ich mir nicht so gut vorstellen, dass eine gute und gedeihliche Zusammenarbeit in den nächsten Monaten stattfinden kann."

http://www.augsburger-allgemeine.de/sport/fc-augsburg/Bayern-Manager-Hoeness-blickt-skeptisch-auf-den-FCA-id5532001.html

Na dann...