Mit der Nr. 13 - Albertooooo Botía! Wer?!? - So oder so ähnlich hätte es sich anhören können, wenn der Stadionsprecher im Wembleystadtion vor ca. 90.000 Zuschauern die Aufstellung der spanischen Nationalmannschaft beim Finale der Olympischen Fußballspiele in London ins Mikro geschrien hätte. Die Betonung liegt auf HÄTTE.
Der Weltmeister ist raus! Spanien verabschiedet sich mehr oder weniger überraschend von Olympia mit der zweiten Niederlage im zweiten Spiel. Alle Zuschauer, die spannende Partien mit weltmeisterlichem Ticky-Tacka erwartet haben, wurden bitter enttäuscht. Es stellt sich nun die Frage nach dem Sinn und der Ernsthaftigkeit des olympischen Fußballturniers.

Wieso spielt Deutschland eigentlich nicht mit?

Deutschland patzte in der U21-EM-Quali 2009/2010 gegen Tschechien und Island und konnte das Ticket für Olympia 2012 nicht lösen. Im Kader der U21-Nationalmannschaft von 2009/2010 und somit für eine mögliche Olympiateilnahme berechtigt gewesen wären: Mats Hummels, Holger Badstuber, Jérôme Boateng, die Bender-Zwillinge, Mario Götze, Toni Kroos, Thomas Müller oder ein André Schürrle. Schade, dass wir das nicht erleben durften!

Anhand der Mannschaftsaufstellungen der Top-Teams (das sind nicht so extrem viele) bei Olympia 2012 in London, möchte ich deutlich machen, dass die großen Nationen fast vollständig auf populäre Stars verzichten. Das liegt vor allem daran, dass von den jeweiligen 18-Mann-Kadern der teilnehmenden Teams, 15 Spieler am 1. Januar 1989 oder später geboren sein müssen. Die größten Stars der jeweiligen Nationen bleiben zu Hause bei ihren Vereinen und somit dem fußballinteressierten Olympiazuschauer verwehrt.

Spanien

Habt Ihr schon einmal etwas von Alberto Botía gehört? Wenn ja, gratuliere ich euch zu einer Menge Fußballsachverstand. Für alle, die ihn nicht kennen: Der Mann von Sporting Gijon, in Spaniens zweiter Liga (Liga Adelante) tätig, spielt zusammen mit Neu-Gladbacher Alvaro Dominguez in der Innenverteidigung von Welt- und Doppeleuropameister Spanien. Zu den Stars von Spanien bei Olympia gehören außerdem David de Gea (Manchester United), Javi Martinez (Athletic Bilbao) und Jordi Alba (FC Barcelona).

Aufstellung Olympia: de Gea - Montoya, Botía, Alvaro Dominguez, Jordi Alba - Isco, Javi Martinez, Koke, Iker Muniain - Mata, Adrian

Aufstellung EM-Finale 2012: Casillas - Arbeloa, Piqué, Sergio Ramos, Jordi Alba - Xavi, Busquets, Xabi Alonso - Silva, Fabregas, Iniesta (Mata)


Team Großbritannien

Das erste Spiel der Briten gegen Senegal endete in Gruppe A 1:1 unentschieden. Ich denke es ist nicht übertrieben, wenn man im ersten Spiel des Gastgeberlandes einen Dreier erwartet hätte, dazu noch im altehrwürdigen Old Trafford vor 75.000 Zuschauern und nach 53 jähriger Olympia-Abstinenz. Zum Glück besiegte man die Vereinigten Arabischen Emirate mit 3:1 und verhinderte eine Olympia-Blamage á la Furia Roja.
Im ersten Spiel glänzten neben den ersten drei Punkten, ebenso zahlreiche Stars lediglich mit ihrer Abwesenheit. Kompensiert wurden sie von insgesamt fünf Walisern, einer davon bescherte dem frenetisch feiernden Publikum schließlich das einzige Tor der Briten. Craig Bellamy war es, der sich nach 20 Minuten in die olympische Torschützenliste eintragen durfte.
Mit Blick auf die Aufstellung der Briten, kam es dann für den ein oder anderen Zuschauer zur großen Ernüchterung. Es wurde nicht ein einziger EM-Teilnehmer eingesetzt, obendrein sagte Wales-Star Gareth Bale seine Olympiateilnahme aufgrund einer Rückenverletzung ab, die binnen Tagen so schnell verschwand, wie sie gekommen war:

Aufstellung Olympia: Butland - M. Richards, Tomkins, Caulker, N. Taylor - Ramsey, Giggs, Allen, Cleverley - Sordell, Bellamy

Aufstellung EM-Viertelfinale 2012 England: Hart - G. Johnson, Terry, Lescott, A. Cole - Gerrard, Parker, Milner, A. Young - Welbeck, Rooney

Brasilien

Einzig und allein Brasilien glänzt mit dem ein oder anderen Star und Sternchen und zieht in London vorzeitig nach zwei Siegen ins Viertelfinale ein. Neben dem von "FutebolFinance.com" (siehe SPOX.com Diashow https://www.spox.com/de/sport/diashows/top-30-wertvollsten-jungspieler-der-welt-2012/neymar-mario-goetze-mario-balotelli-eden-hazard-jack-wilshere.html) zum wertvollsten Talent der Welt gewählten Neymar, bestreiten für Brasilien Marcelo (Real Madrid), Rafael da Silva (Manchester United), Thiago Silva (Paris St.-Germain), Alexandre Pato (AC Mailand), Oscar (FC Chelsea) und Hulk (FC Porto) den Kampf ums olympische Edelmetall:

Aufstellung Olympia: Neto - Rafael da Silva, Thiago Silva, Juan Jesus, Sandro, Romulo, Oscar, Neymar - Pato, Hulk

Aufstellung Copa América 2011 Viertelfinale: Júlio César - Thiago Silva, André Santos, Lúcio, Maicon - Ganso, Lucas Leiva, Ramires - Pato, Neymar, Robinho


Neben Spanien, Großbritannien und Brasilien sind bei Olympia in London noch Senegal, die Vereinigten Arabischen Emirate, Uruguay, Mexiko, Südkorea, Gabun, Schweiz, Weissrussland, Ägypten, Neuseeland, Japan, Honduras und Marokko fußballerisch vertreten. Dass sie dabei sind, ist ganz schön und gut, Spannung und einen Anreiz zum Zuschauen versprechen diese Begegnungen allerdings in keinster Art und Weise. Auf eine Auflistung der Kader verzichte ich an dieser Stelle aufgrund eingetretener Langeweile beim Lesen der Mannschaftsaufstellungen.

Ich werde den Anschein nicht los, dass das olympische Fußballturnier einfach nicht ernst genommen wird. Egal, ob von Seiten der Aktiven, der Offiziellen der Clubs oder auch vom Zuschauer. Meiner Meinung nach müsste sich das Olympische Komitee ein völlig revolutioniertes System erarbeiten, dass mehr Top-Teams bei Olympia garantiert. Mit dem derzeitigen Stellenwert von Olympia ist es selbstredend, dass sich Fußballspieler lieber im Verein auf die anstehenden Meisterschaften vorbereiten, als ihre Nationen bei Olympia zu vertreten. Ich bin mir sicher, dass die Regelung der FIFA, dass wenn ein Spieler vom Verband nominiert wird, der entsprechende Verein des Spielers zur Freigabe verpflichtet ist, auch in Zukunft keine Lösung bringen wird. Prominente Beispiele aus der Bundesliga, wie die Schweizer Granit Xhaka (Borussia Mönchengladbach) und Xherdan Shaqiri (FC Bayern München) oder der Südkoreaner Heung-Min Son (Hamburger SV) haben gezeigt, dass die Vereine am längeren Hebel sitzen und immer eine Lösung finden werden, ihre Spieler von einer Teilnahme an einem derart unattraktiven Fußballturnier abzuhalten.

Mein Appell an das Olympische Komitee

Sehr geehrtes Olympisches Komitee, bitte erfüllt allen Beteiligten den Wunsch, nach spannenden und ernstgenommenen olympischen Fußballspielen oder streicht Fußball als olympische Disziplin komplett aus dem Wettbewerb, sodass es in Zukunft keinen Streit mehr zwischen den Verbänden und den Vereinen gibt!