12.09.2012 um 14:17 Uhr
DFB-Leistung überraschend?
Natürlich war die Leistung schlecht. Natürlich können wir es besser. Natürlich hätten die Österreicher ein Remis verdient gehabt. Aber der Aufschrei in Fußball-Deutschland ist groß am Tag nach dem 2:1-Zittersieg der Nationalmannschaft beim Nachbarn in Österreich. Bundestrainer Jogi Löw, vor ein paar Wochen nach dem Viertelfinalsieg bei der EM über die Fußballmacht Griechenland noch als Mesias gefeiert, steht wegen seiner Taktik und diversen Personalentscheidungen plötzlich schwer in der Kritik.
Kam das forsche Auftreten der Alpenrepublik am gestrigen Abend aber wirklich so überraschend und ist das teilweise pomadige und fast schon lustlose Auftreten der DFB-Elf wirklich so schwer zu verstehen? Kommentator Gerd Gottlob von der ARD muss bei seiner Spielvorbereitung jedoch seine Aufzeichnungen zu den "Ösis" mit denen der Faröer oder Kasachen verwechselt haben. Was hat er erwartet? Dass wir mal eben nach Wien fahren und die ÖFB-Elf aus dem altehrwürdigen Ernst-Happel-Stadion schießen? Dass sich die Gastgeber hinten einigeln und vor Ehrfurcht vor Jogis Jungs erstarren?
Für die Österreicher ist das Heimspiel gegen den Erzrivalen das Spiel des Jahres, ja das Highlight der gesamten WM-Qualifikation. Und in der Startelf der Ösis standen immerhin neun Akteure aus der deutschen Bundesliga. Jener Liga, die für sich das Prädikat Europäische Elite, wenn nicht sogar Weltspitze beansprucht. Arnautovic, Junuzovic, Harnik, Prödl, Pogatetz, Fuchs, Almer, Baumgartlinger und Ivanschitz sind bundesliga- und zum Teil international erfahrene Recken mit etlichen Länderspielen auf dem Buckel. Der neue Nationaltrainer Koller hat anscheinend einen richtig guten Draht zu seinen Auswahlspielern, stellte sie sehr gut ein und sagte vermutlich etwas wie: "Was habt ihr zu verlieren? Jeder erwartet, dass wir verlieren. Das ist unser Spiel des Jahes! 46 000 Fans stehen hinter euch, unterstützen euch inbrünstig. Geht raus, rennt euch die Seele aus dem leib und versucht, den Favoriten zu ärgern, wo es nur geht." Das ist nicht sonderlich schwer und hätte jeder mittelmäßig begabte Bezirksliga-Trainer auch geschafft. Seine Spieler setzen sein taktischen Maßnahmen gut um und hatten an diesem Tag unbändigen Willen, das National-Derby für sich zu entscheiden.
Und die Deutschen? Die müssen sich nach einer enttäuschend geendeten EM nun wieder durch die Qualifikation quälen, während ihr Manager in Brasilien schon nach einem geeigneten Quartier für die Weltmeisterschaft sucht. Niemand hegt einen Zweifel an einer erfolgreichen Quali. Es gilt mit möglichst wenig Aufwand, möglichst viel Erfolg einzufahren, sprich möglichst ohne größeren Schaden durch die Quali kommen, um dann nach dem ganz großen Titel greifen zu können.
Die Spieler haben gerade die meistens harte Vorbereitung in ihren Vereinen überstanden, müssen sich dem Konkurrenzkampf gegen internationale Topstars stellen und befinden sich mitten im Liga-Alltag. Zudem beginnt in der kommenden Woche die Champions- und Europa League. Neuer, Badstuber, Lahm, Kroos und Müller stehen mit dem FC Bayern vor einer schwierigen Saison und sind zu nationalen Erfolgen verdammt und auch international nicht anspruchslos. Hummels, Schmelzer, Reus und Götze stehen als zweimaliger Meister vor dem Probelem, die nationale hinreichend bewiesene Qualität auch international, sprich Champions League, zu zeigen. Da warten Gegner wie Ajax Amsterdam, Real Madrid und Manchester City. Die Crème de la crème des europäischen Vereinsfußballs. Khedira und Özil werden bei Real Madrid grundsätzlich kritisch beäugt. Entweder in den Himmel gelobt oder in die Hölle gewunschen. Normal dosierte Kritik gibt es in Spanien nicht. Zudem setzte Star-Trainer José Mourinho Mesut Özil mit Luka Modric ambitionierte Konkurrenz vor die Nase. Und Miro Klose? Der lässt bei Lazio Rom seine Karriere weiterhin ausklingen und plagt sich gewohnt mit altersbedingten Wehwehchen durch die Saison.
Und nun steht eine WM-Qualifikation gegen die Faröer Inseln und Österreich auf dem Programm und alle wundern sich, weshalb die deutschen Spieler nicht leidenschaftlich über den Platz rennen, grätschen und spielerisch brillieren? Weil sie mit dem Kopf einfach bei ihren Vereinen sind und den dort kommenden Highlights entgegenfiebern bzw. dort mit Problemen oder Konkurrenz zu kämpfen haben. Da kommt eine WM-Quali gegen ambitionierte, aber klar unterlegene Gegner eben einer Pflichtaufgabe gleich, derer sie sich stellen müssen.
Dass nun nach zwei Spielen, sechs Punkte zu Buche stehen, ist ein Qualitätsmerkmal, woran wir uns in Deutschland eben gewöhnen müssen. Glanzlos durch die Qualifikation marschieren. Wenn es beim nächsten Turnier wieder um Titel geht, werden unsere Spieler wieder rein auf dieses Unternehmen fokussiert sein und aus den Enttäuschungen der letzten Jahre gelernt haben.
Dies soll keine Entschuldigung für die zweifelsfrei schlechte Leistung am gestrigen Tag sein, aber der Ansatz einer Erklärung. Vielleicht würde es allen gut tun, etwas mehr Realitätssinn gewähren zu lassen, anstatt täglich zwischen himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt zu wechseln. Und Jogi Löw und sein Team sind professionell genug, Schwachpunkte und Fehler intern klar anszusprechen. Freuen wir uns über eine weiße Weste in der WM-Qualifikation!
Kam das forsche Auftreten der Alpenrepublik am gestrigen Abend aber wirklich so überraschend und ist das teilweise pomadige und fast schon lustlose Auftreten der DFB-Elf wirklich so schwer zu verstehen? Kommentator Gerd Gottlob von der ARD muss bei seiner Spielvorbereitung jedoch seine Aufzeichnungen zu den "Ösis" mit denen der Faröer oder Kasachen verwechselt haben. Was hat er erwartet? Dass wir mal eben nach Wien fahren und die ÖFB-Elf aus dem altehrwürdigen Ernst-Happel-Stadion schießen? Dass sich die Gastgeber hinten einigeln und vor Ehrfurcht vor Jogis Jungs erstarren?
Für die Österreicher ist das Heimspiel gegen den Erzrivalen das Spiel des Jahres, ja das Highlight der gesamten WM-Qualifikation. Und in der Startelf der Ösis standen immerhin neun Akteure aus der deutschen Bundesliga. Jener Liga, die für sich das Prädikat Europäische Elite, wenn nicht sogar Weltspitze beansprucht. Arnautovic, Junuzovic, Harnik, Prödl, Pogatetz, Fuchs, Almer, Baumgartlinger und Ivanschitz sind bundesliga- und zum Teil international erfahrene Recken mit etlichen Länderspielen auf dem Buckel. Der neue Nationaltrainer Koller hat anscheinend einen richtig guten Draht zu seinen Auswahlspielern, stellte sie sehr gut ein und sagte vermutlich etwas wie: "Was habt ihr zu verlieren? Jeder erwartet, dass wir verlieren. Das ist unser Spiel des Jahes! 46 000 Fans stehen hinter euch, unterstützen euch inbrünstig. Geht raus, rennt euch die Seele aus dem leib und versucht, den Favoriten zu ärgern, wo es nur geht." Das ist nicht sonderlich schwer und hätte jeder mittelmäßig begabte Bezirksliga-Trainer auch geschafft. Seine Spieler setzen sein taktischen Maßnahmen gut um und hatten an diesem Tag unbändigen Willen, das National-Derby für sich zu entscheiden.
Und die Deutschen? Die müssen sich nach einer enttäuschend geendeten EM nun wieder durch die Qualifikation quälen, während ihr Manager in Brasilien schon nach einem geeigneten Quartier für die Weltmeisterschaft sucht. Niemand hegt einen Zweifel an einer erfolgreichen Quali. Es gilt mit möglichst wenig Aufwand, möglichst viel Erfolg einzufahren, sprich möglichst ohne größeren Schaden durch die Quali kommen, um dann nach dem ganz großen Titel greifen zu können.
Die Spieler haben gerade die meistens harte Vorbereitung in ihren Vereinen überstanden, müssen sich dem Konkurrenzkampf gegen internationale Topstars stellen und befinden sich mitten im Liga-Alltag. Zudem beginnt in der kommenden Woche die Champions- und Europa League. Neuer, Badstuber, Lahm, Kroos und Müller stehen mit dem FC Bayern vor einer schwierigen Saison und sind zu nationalen Erfolgen verdammt und auch international nicht anspruchslos. Hummels, Schmelzer, Reus und Götze stehen als zweimaliger Meister vor dem Probelem, die nationale hinreichend bewiesene Qualität auch international, sprich Champions League, zu zeigen. Da warten Gegner wie Ajax Amsterdam, Real Madrid und Manchester City. Die Crème de la crème des europäischen Vereinsfußballs. Khedira und Özil werden bei Real Madrid grundsätzlich kritisch beäugt. Entweder in den Himmel gelobt oder in die Hölle gewunschen. Normal dosierte Kritik gibt es in Spanien nicht. Zudem setzte Star-Trainer José Mourinho Mesut Özil mit Luka Modric ambitionierte Konkurrenz vor die Nase. Und Miro Klose? Der lässt bei Lazio Rom seine Karriere weiterhin ausklingen und plagt sich gewohnt mit altersbedingten Wehwehchen durch die Saison.
Und nun steht eine WM-Qualifikation gegen die Faröer Inseln und Österreich auf dem Programm und alle wundern sich, weshalb die deutschen Spieler nicht leidenschaftlich über den Platz rennen, grätschen und spielerisch brillieren? Weil sie mit dem Kopf einfach bei ihren Vereinen sind und den dort kommenden Highlights entgegenfiebern bzw. dort mit Problemen oder Konkurrenz zu kämpfen haben. Da kommt eine WM-Quali gegen ambitionierte, aber klar unterlegene Gegner eben einer Pflichtaufgabe gleich, derer sie sich stellen müssen.
Dass nun nach zwei Spielen, sechs Punkte zu Buche stehen, ist ein Qualitätsmerkmal, woran wir uns in Deutschland eben gewöhnen müssen. Glanzlos durch die Qualifikation marschieren. Wenn es beim nächsten Turnier wieder um Titel geht, werden unsere Spieler wieder rein auf dieses Unternehmen fokussiert sein und aus den Enttäuschungen der letzten Jahre gelernt haben.
Dies soll keine Entschuldigung für die zweifelsfrei schlechte Leistung am gestrigen Tag sein, aber der Ansatz einer Erklärung. Vielleicht würde es allen gut tun, etwas mehr Realitätssinn gewähren zu lassen, anstatt täglich zwischen himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt zu wechseln. Und Jogi Löw und sein Team sind professionell genug, Schwachpunkte und Fehler intern klar anszusprechen. Freuen wir uns über eine weiße Weste in der WM-Qualifikation!
Aufrufe: 2965 | Kommentare: 8 | Bewertungen: 8 | Erstellt:12.09.2012
ø 9.5
KOMMENTARE
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13.09.2012 | 16:09 Uhr
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Stiggi : Klasse Blog...
...genau so sieht es aus. Wir haben 6 Punkte das ist doch optimal. Es war ein Quali-Spiel und es wurde gewonnen. Aber die ERwartungshaltung die du ansprichst ist ein großes Problem. Die Leute sitzen vor dem Fernseher und wollen nur so Spiele wie das 4:0 gegen Argentinien sehen. Durch die Quali hat man sich schon immer mehr oder weniger gequält. Und auch dieser Wechsel zwischen HImmel und Hölle ist abartig aber da überträgt sich der Neoliberalismus halt auch auf den Sport. Man betrachtet nur noch minimal Zeiträume und will hier maximalen Erfolg anstatt längerfristig zu denken. Und die Medien machen aus jedem Mücke nen Elefanten. Wirklich traurig dabei sind wir erster in der Gruppe und sollten uns relativ leicht durchsetzen. Aber Panikmache und Skandale ziehen einfach immer und der Großteil macht dann fröhlich mit.
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13.09.2012 | 16:15 Uhr
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swed1709 : Endlich
Sehr guter Blog! Er lässt sich erstens wunderbar lesen und man sieht wie du mit einer objektiven Art und guter Argumentation aufzeigst wie man solche Spiele wie gegen unsere Nachbarn beurteilen sollte. Speziell der Spruch am Ende: "Dies soll keine Entschuldigung für die zweifelsfrei schlechte Leistung am gestrigen Tag sein, aber der Ansatz einer Erklärung." hat mir sehr gut gefallen. Denn alles was du schreibst sind Fakten. Nicht unbedingt wie die Spieler selber zu ihren Problemen oder Zielen im Verein, im Vergleich zu den aktuellen Aufgaben der WM-Quali stehen (Das kann man von Außen auch nicht beurteilen, also kein Vorwurf). Aber die Indzien die du aufgezählt hast sprechen ganz klar dafür.
Ich hoffe, dass sich viele Leute diesen Blog durchlesen und sich mal Gedanken machen, wie sie in Zukunft die Mannschaft beurteilen. Denn diese "Exteme" in negativer wie auch positiver Hinsicht sind einfach nur unfair.
Klar kann man ganz grob sagen: Sie müssen immer 100% motiviert sein wenn sie für ihr Land spielen. Sollte man auch vermuten dürfen. Aber bei dieser massiven Anzahl an spielen, tritt irgendwann einfach eine gewisse Gewohnheit ein, die eben dann dafür sorgt, dass es nichts besonderes mehr ist. Es ist doch ganz klar das man nur die Topspiele will. Ob auf Vereinsbasis oder mit der N.11 spielt dabei garkeine Rolle.
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13.09.2012 | 17:24 Uhr
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1. Toller Blog
2. aus meiner Sicht den Nagel auf den Kopf getroffen
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13.09.2012 | 18:22 Uhr
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BRAZ3r :
Stimme dir auch zu 80% zu aber in einem Punkt muss man einfach etwas sagen und das ist der, der 0-Motivation. Sollte es nicht so sein, dass die Nationalmannschaft für einen Spieler eine unglaubliche Ehre sein soll und z.B. ein WM - Titel mit der NM das größte aller erreichbaren Ziele? Wenn die Spieler im Kopf bei ihren Vereinen sind sollen sie das bitte sagen oder sich so auf den Platz stellen das man das Gegenteil erkennt. Ansonsten junge Spieler rein, die darauf brennen für ihr Land alles zu geben.
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13.09.2012 | 21:03 Uhr
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MisterJam : @Brazer: DFB=Gehaltserhöhung!
Natrlich kann man verlangen, dass sie es als Ehre empfinden für ihr "Vaterland" spielen zu dürfen, gleichzeitig muss man sich in sie hineinversetzen und erkennen, dass dies nicht permanent aufrecht zu halten ist. Es sind Profisportler, die ihren Beruf ausüben und dies bei bestmöglicher Professionalität und die Berufung zur Nationalmannschaft kommt wie in der Privatwirtschaft einer Gehaltserhöhung gleich ("die BWL-Wissenschaft besagt hier, dass die diese Motivation nur kurzfristiger Dauer ist").
So muss man also erkennen, dass die Jungs wie im Blog geschrieben sich den neuen Herausforderung der Saison widmen während sie gleichzeitig sich der eigenen Qualität bewusst sind und man einschätzen kann, wie wahrscheinlich das Weiterkommen in dieser Gruppe ist.
Dementsprechend viel oder wenig Fokus legt man dann drauf.
Das Beispiel für die Einstellung einer Pflichtaufgabe war das Interview nach dem Spiel mit Müller, welcher nüchtern und klar formuliert hat welchen Stellenwert diese 3 Punkte haben!
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14.09.2012 | 00:27 Uhr
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Das Problem an der ganzen Sache sehe ich eigentlich hauptsächlich bei den Medien die den Fußball, insbesondere den der NM, zum Event für Jedermann machen wollen. Die meisten Fußballfans sollten deine Meinung teilen und auch selbst in der Lage sein solche Spiele korrekt zu bewerten, nur passt eine solch nüchterne Betrachtungsweise eben nicht so ganz ins Fernsehen.
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Nicht wenige Akteure haben die nächsten Wochen bzw. Monate fast zwei Spiele pro Woche, da ist es nur zu verständlich, es hin und wieder auch mal langsamer angehen zu lassen. Viel mehr als drei Punkte sollte man nicht täglich erwarten...