NFL

"Es macht so Spaß, jemanden umzuhauen"

Von Interview: Florian Regelmann
Björn Werner gilt als einer der Top-Kandidaten für den NFL-Draft 2013
© Imago

Ein deutscher NFL-Superstar? Klingt unfassbar, könnte aber wahr werden. Björn Werner hat das Potenzial dazu. Der Defensive End der Florida State Seminoles gilt als eines der größten Talente im College-Football - im letzten Mock-Draft von "ESPN" wurde der Deutsche auf Position 3 eingestuft. Im SPOX-Interview spricht der 22-Jährige über seinen NFL-Traum, Männersport und Internet-Hype.

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SPOX: Wir sprechen mit einem deutschen College-Star von den Florida State Seminoles, der zum Defensive Player of the Year in der Atlantic Coast Conference gewählt wurde und als einer der Top-Picks im Draft 2013 gilt. Wir müssen aber vorne anfangen: Wie sind Sie denn überhaupt zum Football gekommen?

Björn Werner: Ich habe zunächst Fußball gespielt, wie jeder andere Deutsche auch. In der 6. Klasse hatten wir dann eine Flag Football AG. Als ich mich von Anfang an gut anstellte, bin ich über einen Freund, der schon bei den Berlin Adler spielte, in den Verein gegangen. Ich habe ein paar Jahre Flag Football gespielt und bin dann zum Tackle Football gekommen. Das habe ich zwei Jahre gemacht und die Coaches haben in mir so viel Potenzial gesehen, dass sie mich nach Amerika schicken wollten. Wir haben zum Glück ein passendes Programm bei einer Privatschule gefunden und ich habe mir gesagt: "Warum nicht?" Plötzlich war ich irgendwie in Connecticut gelandet. (lacht)

SPOX: Und plötzlich saßen Sie als Teenager alleine in den USA. War es schwierig?

Werner: Am Anfang war es nicht leicht. Ich konnte praktisch kein einziges Wort Englisch. Manche interessieren sich in der Schule dafür, und manche nicht so sehr. Hätte ich mal besser zugehört, habe ich mir damals gedacht. (lacht) Auch finanziell war es schwierig. Ich musste zwar nur die Flüge und die Versicherung bezahlen, aber das war auch schon teuer genug. Ich komme aus keinem reichen Elternhaus. Heimweh kam auch noch hinzu. Ich habe mich dann entschieden, nach einem guten ersten Jahr für ein Jahr zurück nach Deutschland zu gehen. Danach habe ich das letzte High-School-Jahr absolviert und bin weiter meinen Weg gegangen. Ich bin dadurch viel schneller erwachsen geworden als viele andere Leute in meinem Alter. Als ich abgehauen bin, wurde ich gerade erst 17. Ich musste alleine dort leben, ich musste alleine fliegen oder nach New York fahren. Ich habe von vielen Seiten aber auch Unterstützung bekommen. Außerdem musst du eben wissen, was du willst. Wenn du ein Ziel hast, musst du durch harte Zeiten durch. Im Nachhinein war alles gar nicht so schlimm. Ich bin froh, dass ich es gemacht habe.

SPOX: Wie kann man sich Ihr Leben jetzt vorstellen?

Werner: Ich wohne mit meiner Frau und einigen anderen Typen, ganz normalen Studenten, in einem großen Haus. Jeder hat sein eigenes Zimmer mit eigener Toilette. Es ist natürlich viel cooler, wenn du in einem schönen Haus wohnen kannst statt in einem kleinen Apartment. Meine Frau ist ganz klar der Boss. Wenn du verheiratet bist, wirst du eh angemotzt. Und jetzt hat sie noch drei andere Jungs, die sie anmotzen kann. (lacht)

SPOX: Wie viel Kontakt haben Sie nach Good Old Germany?

Werner: Ich bin schon ziemlich amerikanisiert, das muss ich zugeben. Ich fahre zum Beispiel überall mit dem Auto hin, ganz egal, wie weit es weg ist. Ich kann gar nicht mehr laufen. Wenn Freunde mich hier besuchen, merken sie, wie ich mich an den USA-Style angepasst habe. Ich war jetzt auch drei Jahre lang nicht mehr in Deutschland, ich muss dringend mal wieder rüberkommen. Aber es fehlt mir einfach die Zeit. Wenn du College-Football spielst, hast du maximal mal fünf, sechs Tage am Stück frei. Da lohnt es sich nicht, 1000 Euro für einen Flug zu zahlen und für die paar Tage nach Deutschland zu jetten. Aber meine Familie hält mich natürlich auf dem Laufenden, was zum Beispiel die Hertha macht. Ich weiß, dass sie abgestiegen sind und jetzt in der 2. Liga wieder gut sind. Das ist halt die Hertha.

SPOX: Sie haben in dieser Saison 13 Sacks gesammelt. Was macht Ihnen an Ihrer Position am meisten Spaß? Sind es die Sacks?

Werner: Sacks sind auf jeden Fall das geilste. Wir haben 83.000 Zuschauer im Stadion, wenn du dann einen Sack hast und die Leute alle ausrasten, ist es der Wahnsinn. Wir bekommen zwar kein Geld, aber von der TV-Präsenz und dem ganzen Drumherum ist alles so professionell und so groß wie die Bundesliga bei uns. Ich liebe Football einfach. Es macht so viel Spaß, jemanden umzuhauen. Football ist noch ein richtiger Männersport. Wenn du mich wegfetzt, dann fetz ich dich weg. Leider machen es die Regeln immer schlimmer für die Defense-Spieler, aber was will man machen.

SPOX: Haben Sie sich schon mal vorgestellt, wie es sein wird, wenn Sie die ganz großen Stars sacken, jemanden wie Tom Brady?

Werner: Klar, das ist alles so cool. Man muss sich das mal vorstellen: Ich bin ein All-American am College, als Berliner Junge. Wenn ich mich an die Zeit erinnere, als ich mit meinen Kumpels in Berlin gespielt habe, kann ich es noch gar nicht wirklich fassen, dass mein Traum jetzt Wirklichkeit wird. Aber ich habe hart dafür gearbeitet und es mir verdient. Ich habe die Chance, in die NFL zu gehen. Ich habe sogar die Chance, als einer der ersten Jungs gezogen zu werden. Als Deutscher. Das macht mich so stolz, auch weil es zeigt, dass wir in Deutschland auch Football spielen können. Die Leute hier sagen immer, dass ich erst in den USA das Football spielen erlernt hätte, aber ich sage dann immer, dass das nicht stimmt. Nein, ich habe Football in Deutschland kennengelernt und gespielt, bis ich 16, 17 Jahre alt war. Es ist auch eines meiner Ziele, durch meinen Namen Football in Deutschland größer zu machen, damit andere Kinder, die den gleichen Traum haben, wie ich ihn hatte, ihn auch realisieren können.

SPOX: Sie haben am 1. Januar noch den Orange Bowl vor sich. Haben Sie schon eine Entscheidung getroffen, ob Sie sich für den Draft 2013 anmelden?

Werner: Ich habe eine Entscheidung getroffen, aber ich darf es noch nicht verraten. Ich muss warten, bis das letzte Spiel vorbei ist. Sorry.

SPOX: Ich denke, wir können Ihren Entschluss erahnen. Sollten Sie sich für den Draft entscheiden, gelten Sie wie gesagt als absoluter Top-Pick. Was denken Sie, wenn Sie die Mock Drafts sehen?

Werner: Ich habe meine Ziele alle mit einem Filzstift auf einen Spiegel geschrieben. Das will ich gewinnen, und das will ich gewinnen - und alles ist wahr geworden. Wenn du dann im Bett liegst, hast du schon so einen "Wow-Moment". Es kann jetzt echt passieren, ich bin so nahe dran. Auf der anderen Seite ist es aber auch irgendwie schon zur Normalität für mich geworden, mich so hoch gerankt zu sehen, weil ich es jeden Tag gesagt bekomme. Sollte ich mich für den Draft entscheiden, freue ich mich einfach auf den ganzen Prozess. Es ist die Zeit meines Lebens im Moment. Wir spielen den Orange Bowl, einen der größten Bowls, in Miami. Ich werde meinen Eltern finanziell aushelfen können, ich bin in einem totalen Hoch. Ich weiß aber auch, wie schnell man alles verlieren kann. Deshalb will ich mich noch nicht zu krass freuen, erst mal muss alles in trockenen Tüchern sein.

SPOX: Sie sagen es: Eine Verletzung kann immer passieren. Gerade bei den Seminoles mussten Sie das in den letzten Jahren beobachten. Und zwar auf Ihrer Position.

Werner: Richtig. Und das zweimal. Brandon Jenkins war unser Superstar-Defensive-End. Dann ist er zurückgekommen und hat sich im ersten Spiel gegen ein schlechtes Team eine schwere Verletzung zugezogen. Sein Ersatz, der auch als First-Round-Pick prognostiziert wurde, hat sich dann im letzten Spiel im letzten Spielzug das Kreuzband gerissen. Wie viel Pech kann man haben?! Und dann passiert so etwas auch noch meinen beiden Kumpels, mit denen ich so hart gearbeitet hatte. Das war ein Realitätsschock für mich.

SPOX: Im "ESPN"-Mock-Draft würden Sie von den Oakland Raiders gezogen. Wäre das okay?

Werner: In der NFL ist alles geil. Ich habe kein Lieblingsteam oder so, Hauptsache ich bin da. Ich habe auch keinen besonderen Lieblingsspieler, aber Chris Long von den Rams und Jared Allen von den Vikings gefallen mir auf meiner Position sehr gut. Das sind weiße Jungs, die zeigen, dass wir es können. (lacht) Ich liebe aber auch Ray Lewis, jeder liebt ihn, weil er einfach weiß, wie man redet. Als Motivational Speaker ist er ganz groß.

SPOX: Es ist sogar ein Internet-Hype um Ihre Person entstanden. Klären Sie uns auf?

Werner: Also, Von Striker ist mein Spitzname im Radio. Und im Fernsehen bei "ESPN" nennen sie mich immer den Germanator. Da sind die schärfsten Namen im Umlauf. Aber Constantin Ritzmann (einer von fünf Deutschen mit mindestens einem NFL-Spiel, Anm. d. Red.) haben sie auch schon Germanator genannt, als Deutscher bist du das immer sofort.

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