NBA

"Dirk Nowitzki hat den Basketball verändert"

Von Interview: Haruka Gruber
Dass die Mavs Chris Paul verpflichten wollen, ist ein offenes Gehemnis. Ist das nur Wunschdenken?
© Getty

Er war Dirk Nowitzki, bevor es Dirk Nowitzki überhaupt gab: Mavericks-Legende Rolando Blackman prägte die erste Erfolgsära in Dallas, wurde viermal ins All-Star-Team berufen und galt als bester Spieler der Klub-Geschichte - bis eben ein blonder Deutscher mit der Nummer 41 auftauchte. Blackman (51), der für Dallas als "Director of Basketball Development" arbeitet, über mögliche Trades und Leidenschaft für 80 Millionen Dollar.

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SPOX: Sie waren bis vor zwei Jahren mit 17.623 erzielten Punkten der beste Scorer in der Geschichte der Dallas Mavericks, Ihr Trikot hängt unter dem Hallendach, Ihre Rückennummer 22 wird nie wieder vergeben und Sie prägten die erste Erfolgsära des Klubs mit acht Playoff-Teilnahmen in elf Saisons entscheidend mit. Wer ist der größte Maverick aller Zeiten: Rolando Blackman oder Dirk Nowitzki?

Rolando Blackman: Dirk Nowitzki, ohne Zweifel.

SPOX: Wir hatten uns auf eine interessante Diskussion gefreut.

Blackman; Dann muss ich leider enttäuschen. (lacht)  Ich bin seit 30 Jahren Teil der Mavericks und ich habe noch nie einen so großartigen Spieler erlebt wie Dirk. Ich habe zwar viele Punkte erzielt, das aber in den meisten Jahren als zweite Option hinter Mark Aguirre. Dirk hingegen steht seit Jahren an vorderster Front, wird Nacht für Nacht gedoppelt oder getrippelt und macht dennoch seine Punkte. Das ist phänomenal und es war an der Zeit, dass er mich überholt.

SPOX: Spricht da die falsche Bescheidenheit aus Ihnen?

Blackman: Überhaupt nicht. Dirk hat den Basketball nachhaltig verändert, und das ist in der Geschichte dieses Sports nur wenigen gelungen. Er ist 2,13 Meter groß, spielt aber gleichzeitig wie ein Guard und hat einen der besten Jumpshots, die ich je gesehen habe. Die Vielseitigkeit, die Konstanz auf allerhöchstem Niveau und das Feuer, in jedem Spiel alles zu geben, machen ihn zu einem der besten Basketballer aller Zeiten. Ich wollte schon sagen, dass man diese Art von Leidenschaft für den Basketball nicht kaufen kann - aber das haben die Mavericks ja für 80 Millionen Dollar erst kürzlich gemacht. (lacht)

SPOX: Nowitzki hat in Dallas verlängert, weil er weiterhin an eine Titelchance glaubt. Ist das realistisch?

Blackman: Es wird tough - aber es ist nicht ausgeschlossen. Wenn ich etwas in der NBA gelernt habe, dann dies: Ein Team braucht Zeit. Es bringt überhaupt nichts, jeden Sommer etwas zu verändern, vielmehr zahlt sich Nachhaltigkeit immer aus. Von daher ist es eine gute Entscheidung, den Kern der Mannschaft zu behalten. Shawn Marion, Caron Butler und Brendan Haywood bleiben ein weiteres Jahr, so dass die Mannschaft nächste Saison besser aufeinander abgestimmt sein wird - und das ist etwas, was sich als wertvoll erweisen könnte.

SPOX: Klingt nach gezwungenem Zweckoptimismus.

Blackman: Warum? Klar, Dallas hat viele Veteranen im Kader, aber das ist doch nichts Schlimmes. Im Gegenteil: Wie oft müssen die Celtics hören, dass sie zu alt seien und wie toll doch andere Klubs wären, die eine junge Mannschaft zusammengestellt haben. Aber eine Grundregel in der NBA lautet: Rookies gewinnen nichts, Rookies führen nur dazu, dass der Trainer gefeuert wird.

SPOX: Dallas hat sich bisher zurückgehalten, der einzige namhafte Zugang ist Center Tyson Chandler. Was bringt er den Mavs?

Blackman: Ich glaube, eine Menge. Wir verfügen jetzt auf der Center-Position über mehr Talent, und das ist in dieser gnadenlosen Liga ungemein wichtig. Die Lakers mit Andrew Bynum und Pau Gasol, die Celtics mit Kendrick Perkins und den beiden O'Neals, die Magic mit Dwight Howard und Marcin Gorat: Sie alle sind unglaublich gut besetzt, von daher musste Dallas etwas unternehmen. Chandler und Haywood sind ein nicht zu unterschätzendes  Duo, das am Brett ordentlich aufräumen wird. Bei den Centern mache ich mir keine Sorgen.

SPOX: Wo dann? Vielleicht bei der Frage, wer Dirk Nowitzki vertreten soll? Nachdem Al Harrington und Udonis Haslem abgesagt haben, heißt der alte, neue und bereits 33-jährige Backup: Tim Thomas.

Blackman: Harrington oder Haslem wären in der Tat fantastisch gewesen, aber sie waren Free Agents und haben abgesagt, das passiert eben in dem Business. Thomas ist eine gute Alternativlösung. Er kann mit seinem Wurf das Feld breitmachen, er hat aber auch einige Post-Moves im Repertoire, außerdem hat er hat in der Liga schon alles erlebt und ist dementsprechend routiniert. Die große Frage ist nur, wie fit er nach seinem Ausstieg letzte Saison ist.

SPOX: Was macht Ihnen im Mavs-Kader die größten Sorgen?

Blackman: Die Frage, wer Jason Kidd von der Bank aus entlastet. Roddy Beaubois wird viele Minuten als Shooting Guard bekommen, wenn er von seinem gebrochenen Fuß genesen ist.

SPOX: Was ist mit J.J. Barea?

Blackman: Das ist ein schwieriger Fall. Ich liebe J.J., seine Energie ist unfassbar und jede Mannschaft braucht einen Typen wie ihn, der den Funken überspringen lässt und mit seinem Scoring einer Partie eine Wende gibt. Aber es hat sich eben gezeigt, dass man als zweiten Point Guard jemanden braucht, der größer ist, um in der Verteidigung den gegnerischen Spielmacher zu kontrollieren.

SPOX: Nach wie vor wird darüber spekuliert, ob sich Dallas nicht ernsthaft um Hornets-Superstar Chris Paul als neuen Starting-Point-Guard bemühen sollte, so dass Kidd von der Bank kommen könnte.

Blackman: Darüber möchte ich nicht viel sagen, außer: Die gesamte Situation um Paul bleibt interessant, auch wenn durch den Weggang seines designierten Nachfolgers Darren Collison vieles für einen Verbleib in New Orleans spricht. Aber wer weiß, was bis zur Trading-Deadline im Februar alles passiert...

SPOX: Bereits in diesem Sommer haben die Mavs versucht, LeBron James nach Dallas zu locken. War das nur ein Hirngespinst?

Blackman: Das war das gute Recht des Front Office. Ich weiß nicht, wie hoch die Chance tatsächlich war, aber wenn LeBron einen neuen Klub sucht, muss man ein Angebot abgeben, zumal ihm Dallas per Sign-and-Trade mehr Geld anbieten konnte als Miami. Wenn es Dallas nicht versucht hätte, wäre es fahrlässig gewesen.

SPOX: Unter dem Strich bleibt, dass Nowitzki nach wie vor der einzige Superstar der Mavs ist. Dabei braucht man angeblich mindestens zwei, wenn nicht drei Superstars, um Champion zu werden.

Blackman: So einfach funktioniert das aber nicht. Die reale NBA ist kein Fantasy-Spiel, bei dem man einfach nur Statistiken zusammenaddiert und dadurch Erfolg hat. Ein erfolgreiches Team zu bauen erfordert viel Fingerspitzengefühl und es geht nicht über einen Sommer. Die Mavs spielen in der aktuellen Konstellation nicht einmal eine komplette Saison zusammen. Lasst ihnen noch ein bisschen mehr Zeit, dann kommt vielleicht etwas Großartiges heraus.

SPOX: Nach Ihrer Theorie können die Miami Heat nicht Meister werden.

Blackman: Ob es für den Titel reicht, wage ich zu bezweifeln. Aber ich gehe davon aus, dass sich die einzelnen Teile gut zusammenfügen werden. Dwyane Wade wird seinen Stil wohl nicht großartig verändern, dafür könnte ich mir vorstellen, dass sich zum Beispiel LeBron mehr auf das Passen und Organisieren konzentriert und nur noch 20 statt 30 Punkte im Schnitt erzielt. Dazu die Veteranen wie Haslem, Zydrunas Ilgauskas, Mike Miller oder Eddie House, die mit ihrem guten Sprungwurf zu den drei Stars passen. Solange die Heat den Ball gut rotieren lassen und Defense spielen, wird es mit Sicherheit keine enttäuschende Saison.

SPOX: Trainiert werden James, Wade und Chris Bosh von Erik Spoelstra, einem 39-Jährigen mit einer überschaubaren Erfahrung von einer vollen Saison als Cheftrainer. Ein großer Nachteil zu den Lakers mit Phil Jackson und den Celtics mit Doc Rivers?

Blackman: Ich halte sehr viel von Spoelstra. Er hat die Heat schon in die Playoffs geführt, kennt die Franchise von Grund auf und hat in den letzten Jahren sehr viel von Pat Riley gelernt. Spoelstra verfügt über viel Know-how und ist sehr intelligent. Er bringt das ganze Paket mit.

SPOX: Ist es nicht denkbar, dass Ihr Ex-Coach Riley, der Sie bei den Knicks betreut und sich in Miami auf das Präsidenten-Amt zurückgezogen hat, als Trainer zurückkehrt?

Blackman: Ich glaube, diese Frage stellt sich nicht, weil Spoelstra erfolgreich sein wird. Wenn es aber nicht funktioniert, weiß man nie.

SPOX: Sie haben ein besonders Verhältnis zu Riley. Das siebte Spiel der Finals 1994 der Knicks gegen die Rockets war ihre letzte NBA-Partie der Karriere - und Riley ließ Sie 48 Minuten auf der Bank, obwohl Ihr Konkurrent John Starks einen miserablen Abend erwischt hatte. Am Ende verlor New York die Partie und die gesamte Finals-Serie.

Blackman: Daran erinnere ich mich noch sehr gut, aber ich bin nicht verbittert. John Starks war ein Streaky Shooter und hätte sofort heiß laufen können, wenn ein Wurf reingegangen wäre. Der Plan ging nicht auf, am Ende hatte er eine Quote von 2 von 18. Das konnte Riley nicht wissen, in Spiel 6 hatte Starks ja noch 27 Punkte erzielt.

SPOX: Nicht einmal eine kleine Portion Wut?

Blackman: Ich war natürlich traurig. Nach dem Abpfiff bin ich erstmal in die Kabine und musste erst einmal 25 Minuten duschen, um wieder einen klaren Kopf zu bekommen und halbwegs zu realisieren, welche Chance uns entgangen ist. Andererseits habe ich mich immer als Soldat gesehen, der loyal zu den anderen Kameraden ist und alles Gute wie auch Schlechte zu akzeptieren weiß.

SPOX: Hat es Sie aber gefreut, dass Riley vor vier Jahren zugab, dass die Entscheidung gegen Ihren Einsatz der größte Fehler seiner Karriere ist?

Blackman: Es tat gut, das zu hören. Dennoch habe ich nie einen Groll gegen Riley gehegt. Ich bin im Nachhinein sehr glücklich über meine Karriere und er hat eine wichtige Rolle darin gespielt. Das ist alles, was zählt.

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