NBA

Nahtod-Erfahrung für die Dallas Mavericks

Von Haruka Gruber
Dirk Nowitzki (l.) erzielte 37 Punkte war damit erneut Topscorer der Mavericks
© Getty

Die Dallas Mavericks sind weiter das heißeste Team der NBA und siegen bei den Atlanta Hawks mit 111:103 nach Verlängerung. Alles war dabei: Ein überragender Dirk Nowitzki (37 Punkte), ein dickes Triple-Double von Jason Kidd, eine Menge Dramatik und ein Eklat.
 

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Der Spruch ist so alt wie die Dreierlinie selbst. You live by the three, you die by the three. Was soviel heißt wie: Wer immer sich im Basketball zu sehr auf den Schuss aus der Distanz verlässt, geht das Risiko ein, vom Wurfglück verlassen zu werden und im literarischen Sinne auf dem Parkett zu sterben.

Den Dallas Mavericks erging es genauso - nur mit dem Unterschied, dass sie die Nahtod-Erfahrung gerade noch so überlebten, obwohl sie im Spitzenspiel bei den Atlanta Hawks 7:58 Minuten vor dem Ende fast aussichtslos mit 71:86 zurücklagen.

Bis zu diesem Zeitpunkt gaben die Mavs 14 Würfe von jenseits der Dreierlinie ab und versenkten nur einen. Einer der Hauptgründe für die sich anbahnende Niederlage.

Sechster Mavs-Sieg in Folge

Doch aus dem Nichts, als ob die Basketball-Muse die Mavs wach geküsst hätte, fielen die Würfe. Innerhalb von fünf Minuten drehte Dallas die Partie, lag plötzlich mit 92:91 in Führung, vergab kurz vor dem Ende der regulären Spielzeit sogar zwei Gamewinner - und entschied die Partie dann doch souverän in der Verlängerung mit 111:103 für sich.

Damit bauen die Texaner (38-21) die ligaweit beste Erfolgsserie auf sechs Siege aus und schieben sich hauchdünn vor Utah (37-21) auf Platz drei im Westen.

Es war eine an Dramatik kaum zu überbietende Begegnung, die bereits früh eine eigene Dynamik entwickelte. Dallas begann schwerfällig, musste einem 13:18 hinterherlaufen, legte daraufhin einen 16:0-Lauf hin (29:18), nur um im zweiten Viertel den Vorsprung wieder herzugeben (Pausenstand: 50:50).

Fast schon ein Triple-Double in 13 Minuten

Der dritte Spielabschnitt gehörte erneut den Hawks, die die Wurfschwäche der Mavs ausnutzten und problemlos davonzogen (76:65). Nichts schien für Dallas zu sprechen, zumal sich von Dirk Nowitzki abgesehen bis Mitte des letzten Viertels niemand hervortat.

Was darauf folgte, war jedoch eine der beeindruckendsten Vorstellungen eines Mavericks in dieser Saison. Jason Kidd, zuvor trotz ordentlicher Statistiken eher unauffällig und mit einigen Konzentrationsfehlern, zelebrierte Basketball nahe der Perfektion.

Nachdem Atlanta wie erwähnt mit 15 Punkten führte (71:86), leitete Kidd mit einem überragenden Allround-Game die Aufholjagd ein. In den letzten acht Minuten des letzten Viertels und in der Verlängerung - also insgesamt in 13 Minuten - lieferte er 9 Punkte, 9 Rebounds und 7 Assists.

Auf dem Statistikbogen wurde für Kidd schlussendlich sein 104. Triple-Double seiner Karriere notiert: 19 Punkte (7 von 18), 17 Assists, 16 Rebounds. Zudem gelangen ihm 2 Steals. "Dieses Triple-Double werde ich mir einrahmen. Als ob es mein erstes wäre. Mit 36 Jahren ist ein Triple-Double etwas Besonderes."

Die Highlights im Video bei ESPN

Eklat zwischen Kidd und Woodson

Kidd war es auch gewesen, der Atlanta mit einer cleveren Aktion aus dem Rhythmus brachte. Beim Stand von 95:97 gegen Dallas lief Kidd einen Tempo-Gegenstoß an den Auswechselbänken vorbei entlang der linken Seitenlinie.

Für Hawks-Coach Mike Woodson, der mit einem Fuß im Spielfeld stand um seiner Mannschaft Anweisungen zu geben, ging das offenbar zu schnell. Kidd erkannte es, legte einen Zahn zu und provozierte eine leichte Kollision mit Woodson - was die Schiris trotz heftiger Beschwerde der Hawks und lauter Buh-Rufe als technisches Foul gegen den Trainer bewerteten.

Dallas bekam so neben eigenem Ballbesitz einen Freiwurf zugesprochen, den Nowitzki auch verwandelte. "Ein Coach gehört nicht auf das Parkett. Danach haben wir mental die Kontrolle übernommen", sagte Kidd.

Dirk Nowitzki: 37 Punkte, 9 Rebounds

Nowitzki stand seinem Spielmacher Kidd in Nichts nach. Nach der herausragenden Leistung gegen die Los Angeles Lakers zeigte sich der 31-Jährige erneut sehr aggressiv, verteidigte mit Hingabe und verließ sich nicht nur auf seinen Sprungwurf. Der Lohn: 37 Punkte (15 von 26), 9 Rebounds sowie 4 Assists.

Der einzige Schönheitsmakel der beiden waren die letzten zwei Sekunden des vierten Viertels, als Nowitzki wie auch Kidd die Chance hatten, vor der Verlängerung die Partie zu entscheiden, die Würfe aber jeweils deutlich das Ziel verfehlten.

Neben dem Duo überzeugend: Sixth Man Jason Terry (8 von 16 für 16 Punkte) sowie Center Brendan Haywood, dessen Wert nur ansatzweise durch die 11 Punkte, 11 Rebounds und 3 Blocks erfasst wird. Und überraschend: J.J. Barea, zuletzt hart kritisiert, zeigte sich höchst engagiert und wenig anfällig für die sonst so häufigen Turnover.

Edelverteidiger Barea?

Mehr noch: Weil Caron Butler erneut ausfiel (offenbar Kniebeschwerden), DeShawn Stevenson einen mäßigen Abend erwischte und Shawn Marion (10 seiner 14 Punkte im ersten Viertel) in der Schlussphase angeschlagen nicht mehr zum Einsatz kam, wurde ausgerechnet der kleinste Spieler in der Mavs-Rotation mit der Bewachung des 18 Zentimeter größerern Hawks-Topscorers Joe Johnson (27 Punkte, außerdem 10 Assists) beauftragt.

Eine kluge Entscheidung. Genervt von Bareas hibbeliger und wuseliger Defense verwarf der zuvor so famose Johnson seine letzten 6 Würfe und beendete das Spiel mit einer Quote von 11/21. Das Fehlen eines zuverlässigen Scorers war demnach das größte Manko der Hawks, die zwar mannschaftlich sehr ausgeglichen waren (5 Spieler mit 13 Punkten oder mehr), in der Verlängerung aber den Mavs nichts mehr entgegenzusetzen hatten.

Symptomatisch: In der Overtime erzielte einzig Josh Smith, dessen Statsline fast der von Kidd ebenbürtig war (18 Punkte, 11 Rebounds, 8 Assists, 7 Steals), alle 4 Zähler von Atlanta.

Poker um Center Ilgauskas

Die Mavs gewannen am Ende auch deswegen vedient. Das Duell gegen die Hawks könnte jedoch auch nach dem Schlusspfiff fortgesetzt werden.

Denn beide Teams gehören zum engen Kandidatenkreis derer, die um die Dienste des nach der Vertragsauflösung mit Washington verfügbaren Zydrunas Ilgauskas buhlen.

Die Cleveland Cavaliers, der Ex-Klub des Centers, gilt zwar als großer Favorit, dennoch verriet Hawks-Besitzer Michael Gearon Jr., dass sein Klub um den Litauer kämpfen werde.

Sieg im Topspiel: Die Wiedergeburt der Dallas Mavericks