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NBA - Wie der Trade von O.G. Anunoby Dennis Schröder bei den Toronto Raptors beeinflusst

Von Robert Arndt
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Die Toronto Raptors und die New York Knicks haben mit einem Deal um O.G. Anunoby die Trade-Saison eingeläutet. Es ist ein Oldschool-Trade, der letztlich beiden Teams helfen, aber auch für Dennis Schröder Konsequenzen haben könnte. Wir beleuchten den Deal aus allen Perspektiven.

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Trades im Dezember waren in den vergangenen Jahren selten, gleiches gilt für Trades, in denen fast nur Spieler die Teams wechseln. Genau so etwas haben wir nun mit dem Deal rund um O.G. Anunoby bekommen.Der Engländer, der schon seit Jahren in Trade-Gerüchten steckte, wechselt zusammen mit Precious Achiuwa und Malachi Flynn zu den New York Knicks.

Im Gegenzug müssen sich Immanuel Quickley und R.J. Barrett nach einer neuen Wohnung oder einem neuen Haus in Toronto umsehen. Die Raptors erhalten zudem einen Zweitrundenpick der Detroit Pistons von den Knicks.

NBA - Der Trade von O.G. Anunoby in der Übersicht

Knicks erhaltenRaptors erhalten
O.G. AnunobyR.J. Barrett
Precoious AchiuwaImmanuel Quickley
Malachi FlynnZweitundenpick 2024 (Pistons)
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Anunoby zu den Knicks: Eine Familienangelegenheit

Dass New York etwas machen würde, war absehbar, ein großer Name wurde es (noch) nicht. Stattdessen schnappen sich die Knicks einen der besten 3-and-D-Spieler der Liga, allerdings mit dem Haken, dass dieser mit großer Wahrscheinlichkeit im kommenden Sommer Free Agent wird. Wer nun glaubt, dass New York hier ein großes Risiko eingeht, sollte auch wissen, dass Anunoby seit dieser Saison von einem gewissen Sam Rose vertreten wird - dem Sohn von Knicks-Präsident Leon Rose.

So ist es nicht verwunderlich, dass Jake Fischer (Yahoo Sports) meldet, dass der Forward für weniger Geld bei den Knicks bleiben würde. Noch im Sommer soll Anunoby rund 40 Millionen Dollar jährlich bei einer Vertragsverlängerung gefordert haben.

Jener Fischer schreibt auch, dass New York schon im vergangenen Februar mit den Raptors wegen Anunoby verhandelte, damals kam es zu keiner Einigung, Anunoby wurde zu dieser Zeit noch von Klutch Sports vertreten. Aus Knicks-Sicht ist der Deal für Anunoby nachvollziehbar. New York ist in der Defense bestenfalls Mittelmaß (Platz 19) und war vor allem am Perimeter mit dem Trio Jalen Brunson, Donte DiVincenzo und Barrett sehr klein. Anunoby dürfte nun der Trumpf von Coach Tom Thibodeau sein, sowohl gegen Guards als auch Forwards zählt der Engländer zur Creme de la Creme der Association.

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New York Knicks: Die Bank erleidet eine Schwächung

Barrett fehlte hier bisweilen die Größe und er war aufgrund seines wackeligen Shootings an der Seite von Julius Randle und Mitchell Robinson bzw. Isaiah Hartenstein immer ein schwieriger Fit. Anunoby ist dagegen einer der besten Schützen aus der Ecke und kann auch ein wenig für sich selbst kreieren, auch wenn dies in Toronto kaum zu sehen war. Ob er in New York mehr zeigen darf? Immer wieder gab es Berichte, dass sich Anunoby eine größere offensive Rolle wünscht, im System Thibodeau werden aber Brunson und Randle die Fixsterne bleiben.

Die große Frage bei den Knicks ist aber, wie man das Playmaking von Quickley und Barrett kompensieren kann. Barrett war zwar stets ineffizient, riss mit seinen Drives aber Lücken und war vor allem in der Transition eine echte Waffe. Dies fällt nun weg, gleiches gilt für Quickleys Produktion von der Bank. Über Jahre hinweg zählte die Knicks-Bank zum Goldstandard der Liga, vor allem wegen Quickley, der das mit Abstand beste Net-Rating aller Rotationsspieler hatte (+8,2). Ob Malachi Flynn in den Plänen der Knicks eine Rolle spielt, ist fraglich, in Toronto waren die Minuten des Backup-Guards keine Offenbarung. Womöglich bekommt auch Miles McBride nun mehr Chancen, der 23-Jährige unterschrieb nach dem Trade umgehend eine Vertragsverlängerung.

Ansonsten besteht auch die Möglichkeit, die Minuten von Brunson und Randle mehr zu splitten, um zumindest einen guten (und verlässlichen) Creator über die kompletten 48 Minuten auf dem Feld zu haben. Bislang machte 'Thibs' dies nur in Notfällen (z.B. bei Foulproblemen), nun könnte er dazu gezwungen werden, da mit Hartenstein und DiVincenzo weitere Playmaker in der Starting Five stehen.

New York Knicks: Der Kader in der Übersicht

Point GuardShooting GuardSmall ForwardPower ForwardCenter
Jalen Brunson (26,3)Donte DiVincenzo (10,9)O.G. Anunoby (18,6)Julius Randle (28,2)Isaiah Hartenstein (9,2)
Miles McBride (1,8)Quentin Grimes (2,4)Josh Hart (13)Precious Achiuwa (4,4)Taj Gibson (2,2)
Malachi Flynn (3,9)Evan Fournier (18,6)--Jericho Sims (1,9)
----Mitchell Robinson (15,7)
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New York Knicks: Ein Superstar-Trade ist weiter möglich

Eine weitere Komponente des Trades ist die Addition von Achiuwa, der New York nach dem Saisonaus von Center Mitchell Robinson mehr Länge gibt. Der Nigerianer ist schwankend in seinen Leistungen, dafür aber flexibel auf der Vier oder Fünf einsetzbar. Als Backup sollte er ein wenig helfen, im Zweifel wird Thibodeau aber wieder auf Liebling Taj Gibson zurückgreifen.

So oder so ergibt die erste Fünf der Knicks durch den Trade mehr Sinn. Ob der Trade ein Volltreffer war, entscheidet sich aber mit der zweiten Fünf und ob Quickleys Abgang angemessen aufgefangen werden kann. Gewissermaßen war der Trade auch ein kleiner Vorgriff. Da Brunson schon da ist, war immer klar, dass New York nicht noch einen weiteren kleinen Guard fürstlich entlohnen würde, ein Trade vom werdenden Free Agent Quickley war also zu erwarten, auch wenn er ein wichtiger Bestandteil des Teams war.

Mit den Großen der Conference (Milwaukee, Boston, Philadelphia) wird New York weiter nicht mithalten können, im Rennen um einen direkten Playoff-Platz sollten die Knicks aber weiter gute Karten haben. Mit einer Bilanz von 17-15 liegen sie zwar derzeit nur auf Rang acht, doch selbst Orlando auf Platz vier hat lediglich 2,5 Spiele Vorsprung auf die Franchise aus dem Big Apple.

Und es ist auch nicht gesagt, dass dies der letzte Move der Knicks war. Die Möglichkeit, einen echten Superstar zu holen, ist weiter gegeben. New York hat weiter jede Menge First Rounder in der Schatulle (hier eine Übersicht der Pick-Situation aller NBA-Teams) und immer noch den Vertrag von Evan Fournier in der Hinterhand. Gleichzeitig könnte Anunoby als weiterer Trade-Chip herhalten, erst recht, weil der frühere Raptors-Forward sicherlich einfacher als Barrett zu traden wäre.

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Toronto Raptors: Endlich wird das Team aufgebrochen

Die Raptors haben mit dem Trade von Anunoby ihren ersten Eckpfeiler abgegeben, das konnte man so erwarten, da eine Verlängerung mit dem Forward als unwahrscheinlich galt. Dafür bekamen die Kanadier nun aber keinen einzigen Erstrundenpick im Gegenzug, obwohl Berichten zufolge vor knapp einem Jahr angeblich sogar drei geboten wurden. Hier sei gesagt: Quickley dürfte einen Pick wert sein, dazu wird der Zweitrundenpick aus Detroit auch zwischen 31 und 33 landen, das ist zumindest etwas.

Mit Barrett bekommt Toronto zudem einen Local Hero, auch sowas hatten die Raptors in ihrer Franchise-Geschichte noch nicht. Inwieweit der frühere Nr.3-Pick aber zu den Kanadiern passt, wird die Zeit zeigen. Zumindest ist Barrett ein weiterer Shot Creator, der angemessen verteidigen kann, hinter seiner Effizienz bleiben jedoch Fragezeichen. Es bleibt die Baustelle in seinem Spiel und ist einer der Gründe, warum Barrett weiterhin nicht den endgültigen Durchbruch geschafft hat. Mit nur 23 Jahren gibt es noch Hoffnung, diese wird aber Jahr für Jahr kleiner.

So ist es möglich, dass Quickley der beste Spieler für die Raptors in diesem Deal war. Der Guard war hinter Brunson in New York "gefangen", deutete aber immer wieder an, dass er ein guter Point Guard in der NBA sein kann. Er bringt Toronto mehr Shooting, mehr Effizienz und ist zudem ein williger und bissiger Verteidiger. Dazu kann Quickley auch abseits des Balles agieren - nicht unwichtig, wenn Scottie Barnes weiterhin große Teile der Offense schultern soll.

Um diese beiden sollten die neuen Raptors modelliert werden. Es ist davon auszugehen, dass Toronto Quickley im Sommer, wenn dieser Restricted Free Agent wird, bezahlt. Gleichzeitig sollte diese Transaktion auch nur der erste Schritt für einen Rebuild in Ontario sein. Mit einer Bilanz von 12-20 stehen die Kanadier im Niemandsland der Eastern Conference, auch wenn Platz zehn nur zwei Spiele entfernt ist.

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Toronto Raptors: Erwischt es Siakam als Nächstes?

Mittelmaß gab es in den Jahren nach der Meisterschaft aber genug in Toronto, nun ist die Chance für einen richtigen Schnitt. Kandidat Nummer zwei für einen Trade ist somit logischerweise Pascal Siakam, dessen Vertrag im Sommer ausläuft und den Präsident Masai Ujiri schon vor der Saison überraschend deutlich auf einer Pressekonferenz anzählte.

Beim Kameruner steht immer mal wieder der Egoismus-Vorwurf im Raum, auch Dennis Schröder deutete das indirekt nach der Blamage in Detroit an.Laut zahlreicher Medienberichte sind die Raptors offen für Trade-Vorschläge, als mögliche Abnehmer wurden immer wieder die Atlanta Hawks, Sacramento Kings und Indiana Pacers genannt.

Im Falle eines Rebuilds haben die Raptors trotzdem noch ein Problem: Aufgrund des Trades für Jakob Pöltl im Februar halten die San Antonio Spurs das Auswahlrecht der Kanadier im kommenden Draft. Nur wenn der Pick unter die ersten Sechs fällt, dürfen die Raptors im Juni selbst ziehen. Im Moment halten die Raptors die siebtschlechteste Bilanz der NBA, was Toronto für den Moment eine Wahrscheinlichkeit von rund 30 Prozent gibt, den Pick zu behalten. Zum Vergleich: Würden die Raptors noch zwei Plätze verlieren, würde sich der Wert auf 64 Prozent erhöhen.

Toronto Raptors: Der Kader in der Übersicht (Gehälter in Mio. Dollar)

Point GuardShooting GuardSmall ForwardPower ForwardCenter
Immanuel Quickley (4,2)Scottie Barnes (8)R.J. Barrett (23,9)Pascal Siakam (37,9)Jakob Pöltl (19,5)
Dennis Schröder (12,4)Gary Trent Jr. (18,6)Jalen McDaniels (4,5)Otto Porter Jr. (6,3)Chris Boucher (11,8)
Garrett Temple (3,2)Gradey Dick (4,5) Thaddeus Young (8)Christian Koloko (1,7)
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Dennis Schröder: Wohl nur eine Übergangslösung

Siakam ist dabei nur der prominenteste Name, wenn es um einen möglichen Firesale geht. Jakob Pöltl, der werdende Free Agent Gary Trent Jr. oder aber auch Schröder sollten bei entsprechenden Angeboten zu haben sein. Beim Braunschweiger deutete schon vor der Saison vieles darauf hin, dass er in Toronto eher als Übergangslösung anzusehen ist.

Schon vor dem Anunoby-Trade hatte Schröder seinen Platz in der Starting Five verloren, das dürfte nach der Ankunft von Quickley auch so bleiben. Das lag weniger an Schröders Leistungen, sondern eher an der suboptimalen Kaderzusammenstellung und dem fehlenden Shooting. Mit Coach Darko Rajakovic hat Schröder aber weiter einen Vertrauten an seiner Seite, der Serbe machte sich im Sommer für eine Verpflichtung von Schröder stark.

Ob Rajakovic aber viel zu melden hat, wenn das Front Office eine Chance bekommt, Schröder weiterzureichen, ist anzuzweifeln. Doug Smith (Toronto Star) zweifelte zuletzt an, ob Schröder nach der Deadline im Februar noch Teil der Raptors sein werde. Der 30-Jährige bekommt in dieser Saison moderate 12,4 Millionen Dollar und hat nicht zuletzt im Vorjahr bei den Los Angeles Lakers bewiesen, dass er guten Playoff-Teams als Rollenspieler helfen kann. Sollte Toronto Schröder also wirklich verfügbar machen, wird es Interesse geben.

Andererseits könnten die Raptors auch an Schröder festhalten und auf das Tandem Quickley/Schröder setzen, wenn man der Meinung ist, dass Toronto schneller als gedacht, ein Playoff-Team ist. Das dürfte aber auch davon abhängen, was man in einem potenziellen Siakam-Trade priorisiert. Mit dem Anunoby-Trade hat man mehr Tiefe gewonnen und nicht viel Qualität verloren, ähnlich könnte es beim Kameruner ablaufen. Denn wenn die Vergangenheit etwas gezeigt hat, dann, dass Toronto mit Ujiri ungern Tanking betreibt und stattdessen ein Retooling einem Rebuild bevorzugt.

Dennis Schröder: Seine Stationen in der NBA

SaisonTeamMinutenPunkteFG%3P%AssistsRebounds
13/14Hawks13,13,738,323,81,91,2
14/15Hawks19,710,042,735,14,12,1
15/16Hawks20,311,042,132,24,42,6
16/17Hawks31,517,945,134,06,33,1
17/18Hawks31,019,443,629,06,23,1
18/19Thunder29,315,541,434,14,13,6
19/20Thunder30,818,946,938,54,03,6
20/21Lakers32,115,343,733,55,83,5
21/22Celtics/Rockets28,713,543,134,44,63,3
22/23Lakers30,112,641,532,94,52,5
23/24Raptors32,214,643,636,37,02,7