NBA

"Sind weit von Entscheidung entfernt"

Von Für SPOX in Miami: Dirk Sing
Mark Jackson (l.) arbeitet seit seiner Entlassung bei den Warriors wieder als TV-Analyst
© getty
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SPOX: Seit Beginn der NBA-Finals wird auch immer wieder darüber diskutiert, welches Team über die bessere Bank verfügt. Würden Sie der These, dass die Mannschaft mit dem tieferen Kader am Ende die Meisterschaft holt, zustimmen?

Jackson: Es ist auf alle Fälle ein ganz, ganz wichtiger Faktor. Beide verfügen schon seit Jahren neben ihren Topstars über zahlreiche erstklassige Spieler, die jederzeit in der Lage sind, einen großen Einfluss auf die Partie zu nehmen - sei es von Beginn an oder wenn sie von der Bank kommen. Das hat man auch zuletzt wieder in den Playoffs gesehen. Wenn du in der glücklichen Lage bist, beispielsweise einen Manu Ginobili oder Ray Allen während einer Begegnung einzuwechseln, dann spricht das zweifelsohne für die immens hohe Qualität der jeweiligen Mannschaften. Von daher spielt es also schon eine sehr große Rolle.

SPOX: Das vierte Aufeinandertreffen dieser Serie steigt am Donnerstagnacht (3 Uhr, im LIVE-TICKER) erneut in der American Airlines Arena. Ist dieses Match für die Miami Heat mit dem 1:2-Rückstand im Nacken bereits ein "Must-win-Game", zumal es dann ja wieder nach San Antonio geht?

Jackson: Ich bin der Meinung, dass allerspätestens in den Finals eigentlich jedes Spiel ein Must-win-Game ist - und zwar für jeden! Wenn man sich die jetzige Ausgangslage einmal anschaut: Miami möchte sicher nicht mit einem 1:3 im Gepäck nach San Antonio fahren. Aber auch für die Spurs wäre ein 2:2 alles andere als eine beruhigende Konstallation. Klar haben sie momentan wieder den Homecourt-Advantage auf ihrer Seite. Doch bislang hat der Heimvorteil nicht wirklich eine große Rolle gespielt. Auch die Heat haben ja in dieser Serie schon bewiesen, dass sie in San Antonio gewinnen können. Von daher stehen also beide Teams letztlich unter dem gleichen Druck.

SPOX: Wagen Sie eine Prognose, wer sich am Schluss durchsetzt und die Larry O'Brien-Trophy holt?

Jackson: Ganz ehrlich: Ich kann es nicht! Diese Serie ist derart eng und ausgelichen, dass sie nach jedem Spiel auf die andere Seite kippen kann. Auch wenn die Spurs jetzt mit 2:1 führen, heißt das noch lange nicht, dass sie bereits als Meister feststehen. Ich habe ja bereits gesagt, dass wir meiner Meinung nach noch weit von einer Entscheidung entfernt sind.

SPOX: Entscheidung ist ein gutes Stichwort! Verlassen wir zum Abschluss die NBA-Finals und blicken nach New York: Die Knicks haben vor wenigen Tagen Derek Fisher als neuen Headcoach vorgestellt. Mal Hand auf's Herz: Trauen Sie ihm als absoluten Newcomer diese schwere Aufgabe zu?

Jackson: Ja, absolut! Ich denke, er verfügt über alle Eigenschaften, die wichtig sind, um ein guter und erfolgreicher Trainer zu sein. Während seiner langjährigen Karriere als Spieler war Fish bereits ein echter Leader, der sein Team stets geführt hat und wusste, worauf es ankommt. Ich schätze ihn aber nicht nur fachlich, sondern auch menschlich sehr. Er verfügt beispielsweise auch über die Gabe, Menschen von etwas zu überzeugen - und genau das ist als Trainer ungemein wichtig. Ich bin daher fest davon überzeugt, dass er ein erstklassiger Headcoach wird.

SPOX: Nach Ihrer Spielerkarriere waren Sie zunächst viele Jahre als TV-Analyst tätig, bevor Sie dann 2011 bei den Golden State Warriors Ihr Trainer-Debüt gefeiert haben! Rückblickend betrachtet: Was war die wichtigste und wertvollste Erfahrung, die Sie in Ihrer ersten Saison als Headcoach gesammelt haben?

Jackson: Du brauchst Talent - und das ist jetzt nicht etwa auf mich persönlich bezogen! Die NBA ist eine Spielerliga. Wenn Du nicht das nötige Potenzial zur Verfügung hast, dann wird es ungemein schwer bis unmöglich. Zum einem brauchst du ein gewisses Spielertalent in deiner Mannschaft. Zum anderen aber auch - und das ist eigentlich das Wichtigste - sehr gute Leute drumherum, denen du blind vertrauen kannst. Sei es im Trainerstab, der medizinischen Abteilung oder im weiteren Umfeld. Hast Du das alles zur Verfügung, dann ist vieles möglich.

SPOX: Sie selbst galten während Ihrer aktiven Laufbahn als einer der besten Point Guards in der NBA. Ist Ihnen die Erfahrung, die Sie gerade als Playmaker gesammelt haben, für Ihre jetzige Trainer-Karriere zugute gekommen?

Jackson: Definitiv! Als Point Guard bist du ohnehin so etwas wie ein spielender Co-Trainer. Du gibst die Richtung auf dem Court vor, sagst die Plays an, schickst deine Mitspieler , wenn es sein muss, auf die richtigen Positionen und bist letztlich auch für das Tempo verantwortlich. Ich hatte zudem noch das große Glück, dass ich bei meinen jeweiligen Klubs unter sechs oder sieben Hall-of-Fame-Coaches spielen durfte. Da nimmst du dir natürlich viele gute Sachen mit und packst sie in deinen Rucksack. Und wenn der Moment dann gekommen ist und du eine erste Trainerstelle antrittst, dann bist du bereits bestens vorbereitet.

SPOX: Wie groß schätzen Sie denn Ihre Chancen ein, bereits in der kommenden Saison wieder als Headcoach bei einem NBA-Team zu arbeiten?

Jackson: So etwas ist immer sehr schwer zu sagen! Selbstverständlich würde ich so schnell wie möglich gerne wieder eine gute und ambitionierte Mannschaft übernehmen, da mir diese Aufgabe sehr viel Spaß bereitet. Sollte es eine Anfrage geben, würde ich mir diese natürlich auch anhören. Aber vorhersagen lässt sich in diesem Bereich absolut nichts.

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