NBA

"Zwischen Garnett und mir herrscht Funkstille"

Von Interview: Marcel Friederich
Ray Allen wurde 1996 von den Minnesota Timberwolves an 5. Stelle gedraftet
© getty

Ray Allen (37) von den Miami Heat ist der erfolgreichste Drei-Punkte-Werfer der NBA-Geschichte. Im Interview mit SPOX spricht er über seinen Distanzwurf, seine tänzerischen Fähigkeiten und sein Verhältnis zu Ex-Teamkollege Kevin Garnett.

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SPOX: Herr Allen, mit 37 Jahren haben Sie noch einmal den Club gewechselt. Von den Boston Celtics gingen Sie im vergangenen Sommer zum amtierenden Meister, den Miami Heat. Sind Sie ein Titeltourist?

Ray Allen: Das würde ich so nicht sagen. Mein Vertrag in Boston ist ausgelaufen. Daher war es ganz normal, dass man sich überlegt, was danach kommt. Weil ich mich körperlich weiterhin gut fühle, wollte ich die eine oder andere Saison in der NBA noch dranhängen. Miami ist dafür ein guter Ort, weil wir ein attraktives und sehr stark besetztes Team haben. Als vergleichsweise alter Spieler habe ich hier direkt meine Rolle gefunden. Es lastet kein Riesendruck mehr auf mir. Das ist eine sehr gute Konstellation für mich.

SPOX: Von 2007 bis 2012 spielten Sie für die Celtics. Ist es ein komisches Gefühl, wenn Sie jetzt in einem anderen Trikot auf Ihren langjährigen Club treffen?

Allen: Im Gegenteil. Es macht mir großen Spaß, auf die Celtics zu treffen. Der Boston Garden ist eine tolle Arena, in die ich immer wieder sehr gerne zurückkehre. Die großartigen Erinnerungen an die Meisterschaft 2008 kann mir niemand mehr nehmen.

SPOX: Ist es daher nicht umso schwieriger, nach einer so erfolgreichen Zeit den Club zu wechseln?

Allen: Natürlich ist das keine ganz einfache Situation. Allerdings habe ich zu Beginn meiner Karriere für sechseinhalb Jahre in Milwaukee gespielt. Von daher habe ich es bereits gelernt, zu meinen früheren Wirkungsstätten nicht mit Wehmut oder Angst, sondern vielmehr mit Freude zurückzukehren.

SPOX: Im ersten Spiel, das Sie mit Miami gegen Boston bestritten haben, ereignete sich eine prekäre Szene: Sie gingen zu Kevin Garnett und wollten ihm die Hand schütteln, doch er missachtete Sie komplett. Haben Sie sich danach ausgesprochen?

Allen: Nein, leider nicht. Zwischen uns herrscht seit meinem Wechsel Funkstille. An mir liegt es nicht, dass es so gekommen ist.

SPOX: Ihr neues Team hatte zwischenzeitlich 27 Spiele in Serie gewonnen. Wie lautet Ihr Schlüssel zum Erfolg?

Allen: Zunächst muss man sagen, dass wir ein wahnsinnig talentiertes Team besitzen. Man braucht sich nur unseren Kader anzuschauen, mit LeBron, D-Wade und Chris Bosh. Personell ist kaum ein anderes NBA-Team besser besetzt als wir.

SPOX: Allerdings spielte Miami vor jener Siegesserie eine eher durchwachsene, mittelprächtige Saison...

Allen: Das stimmt. Zeitweilig haben wir es nicht geschafft, unser Talent aufs Spielfeld zu bringen. Aber ich kann mich noch genau an den Tag erinnern, als wir unsere Siegesserie gestartet haben. Das war ein Schlüsselmoment. Wir haben Anfang Februar sonntags in Toronto gespielt und recht deutlich gewonnen. Abends haben wir dann gemeinsam den Super Bowl geschaut und richtig viel Spaß dabei gehabt. Durch diesen Tag, speziell durch diesen Abend ist unsere Mannschaft noch viel enger zusammengerückt. Als der Super Bowl zu Ende war, hat Shane Battier übrigens eine kleine Rede gehalten. Er sagte, dass wir diese gute Mentalität, die wir an diesem Abend entwickelt hatten, in den restlichen Saisonverlauf transportieren sollen. Wie man sieht, ist uns das sehr gut gelungen.

SPOX: Wie wichtig war Ihnen die Siegesserie?

Allen: Natürlich bedeutet uns das eine Menge. Unserem Selbstvertrauen hat das noch mal einen enormen Schub gegeben. Zumal solche langen Siegesserien sehr selten sind in der NBA. Aber: Was bringt uns diese Siegesserie, wenn wir am Ende ohne Titel dastehen? Die vielen Siege in der Hauptrunde sind schön und gut. Doch am Ende zählt lediglich, ob wir es Ende Juni geschafft haben, wieder die Trophäe in der Hand zu halten.

SPOX: Miami ist amtierender Meister. Wie groß ist der Druck auf Ihrem Team, den Titel unbedingt verteidigen zu müssen?

Allen: Druck verspüre ich überhaupt nicht. Den gab es vielleicht im vergangenen Jahr, als man den Titel in der zweiten Saison der "Big Three" unbedingt gewinnen wollte oder sollte. Aber nicht in diesem Jahr. Wir wissen um unsere Stärke. Daher verspüren wir keinen Druck, sondern stehen allesamt mit Spaß und Freude auf dem Spielfeld.

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SPOX: Vorhin haben wir über Ihren Wechsel nach Miami mit 37 Jahren gesprochen. Wie lautet Ihr Geheimnis, dass Sie trotz Ihres fortgeschrittenen Alters noch so fit sind?

Allen: Entscheidend ist dabei, dass ich bereits in jungen Jahren auf meinen Körper sehr gut achtgegeben habe. Von Beginn an war ich ein sehr professioneller Spieler und habe meinem Körper die nötigen Ruhepausen gegönnt. Gleichzeitig habe ich auf gesunde Ernährung geachtet, Alkohol ist und bleibt tabu. Dank dieser Lebensweise bin ich jetzt noch fit genug, um auch mit 37 Jahren gute Leistungen zu bringen.

SPOX: Wissen Sie, wie viele Jahre Sie noch in der NBA spielen wollen?

Allen: Nein, keine Ahnung. Diese Entscheidung werde ich von Sommer zu Sommer treffen.

SPOX: Vor ein paar Wochen verblüffte Ihr Team mit einem außergewöhnlichen Video - eine sehr amüsante Version des Harlem Shakes...

Allen: Das war eine ziemlich lustige Aktion, die unseren guten Teamgeist unterstrichen hat. In diesem Video hat man ja gesehen, dass das Tanzen meine große Leidenschaft ist. Vielleicht sollte ich mal anfragen, ob ich demnächst bei "Dancing With The Stars" teilnehmen kann. (lacht)

SPOX: Abgesehen von Ihren Tanz-Fähigkeiten sind Sie vor allem dank Ihrem Drei-Punkte-Wurf berühmt und berüchtigt. Kein anderer Spieler hat in der NBA-Geschichte so viele Dreier verwandelt wie Sie. Braucht man dafür unheimlich viel Trainingsfleiß? Oder ist Ihr Drei-Punkte-Wurf von Gott gegeben?

Allen: Ich weiß nicht, ob Gott sich dafür interessiert, wie viele Dreier ich versenke. (lacht) Entscheidend ist, wie sehr man bereit ist zu arbeiten. Man muss jeden Tag stundenlang in der Trainingshalle stehen und üben, üben, üben. Das ist ein steiniger Prozess. Aber nur mithilfe von Engagement und harter Arbeit wird man ein erfolgreicher Sportler.

SPOX: Glauben Sie, dass Sie der beste Drei-Punkte-Schütze in der Geschichte des Basketballs sind?

Allen: Das weiß ich nicht. Wenn ich diese Frage mit ja beantworten würde, wäre das eine sehr subjektive Einschätzung. Es gab im Laufe der Jahrzehnte so viele großartige Distanzschützen. Aber Fakt ist: Ich bin stolz und glücklich, dass mein Name jedes Mal genannt wird, wenn über den besten Drei-Punkte-Schütze der Geschichte diskutiert wird.

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