NBA

Boston Celtics erleben Desaster

Von Haruka Gruber
Der eine war der Topscorer, der andere erzielte 0 Punkte: Kobe Bryant (r.) gegen Rasheed Wallace
© Getty

Die Los Angeles Lakers demütigen die Boston Celtics und erzwingen mit einem 89:67 den ultimativen Showdown. Boston beklagt eine historische Pleite - und Rajon Rondos unglaubliches Freiwurf-Versagen.
 

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Die Verantwortlichen waren nach zahlreichen Zwischenfällen in den vergangenen Jahren gewarnt.

Dementsprechend sorgfältig bereitete sich die Boston Police auf eine mögliche Meisterschaftsfeier der Celtics vor, bat die Massachusetts State Police um Verstärkung und wappnete sich mit einer Sondereinheit bestehend aus berittenen Polizisten und mehreren Hundestaffeln auf den zu erwartenden Massenauflauf vor.

Doch nach 24 Spielminuten hätte die Boston Police die bereitstehenden Gesetzeshüter wieder nach Hause schicken können, zu offensichtlich verlief Spiel 6 der Finals.

Mit einem an Deutlichkeit fast schon zu niedrig ausgefallenen 89:67-Erfolg verhinderten die Los Angeles Lakers den vorzeitigen Titelgewinn der Celtics, glichen die Serie auf 3-3 aus und erzwangen so die alles entscheidende siebte Partie, welche in der Nacht auf Freitag erneut im heimischen Staples Center stattfindet.

Boston bricht früh ein

Für Boston war der Abend keine Enttäuschung oder Offenbarung. Es war schlichtweg ein Desaster, derart chancenlos präsentierten sich die Celtics.

Nach einer ordentlichen Anfangsphase (12:10 für Boston nach 4:25 Minuten), in der Ray Allen alleine 8 Punkte erzielte, verlor Boston bis zur Halbzeit kontinuierlich an Boden an und lag zur Pause mit 20 Punkten hinten (31:51).

Die Lakers verwalteten im zweiten Spielabschnitt souverän den Vorsprung und ließen den Erzrivalen nie näher als auf 17 Zähler herankommen. Topscorer der Partie war Kobe Bryant mit 26 Punkten (9 von 19), dem zudem 11 Rebounds sowie 4 Steals gelangen.

Lakers - Celtics, Spiel 6: Die Highlights im Video bei ESPN

Kobe bekommt Unterstützung

Anders als in den meisten Spielen zuvor fokussierte sich jedoch nicht alles auf den wahrscheinlichen Finals-MVP, da diesmal selbst der so unbeständige Ron Artest einen guten Abend erwischte und sogar von der Dreierlinie traf (3 von 6 für 15 Punkte).

Pau Gasol, nach wankelmütigen Leistungen hart in der Kritik, verpasste nur denkbar knapp ein Triple-Double (17 Punkte, 13 Rebounds, 9 Assists).

"Ich bin sehr glücklich. Wir haben großartig verteidigt, wir haben die Celtics vom Korb ferngehalten und an den Brettern aufgeräumt", sagte Bryant. Sixth Man Lamar Odom ergänzte: "Es ist erstaunlich, zu was man fähig ist, wenn man dem Sensenmann entkommen will."

Sorgen bereitete einzig Center Andrew Bynum, der im dritten Viertel wegen Kniebeschwerden aus dem Spiel genommen wurde. "Wir müssen sehen, ob wir das Problem in den Griff bekommen", sagte Coach Phil Jackson.

Gründe für den Lakers-Erfolg: Bank, Rebounds, Dreier

Um den Kantersieg der Lakers erklären zu können, bedarf es jedoch weiterer Zahlen.  Bis zum vierten Viertel etwa betrug die Punkteausbeute der jeweiligen Bankspieler 24:0. Sprich: Die Ersatzspieler der Lakers erzielten 24 Zähler, der Celtics-Bench gelang in den ersten 36 Minuten hingegen kein einziger Punkt.

Zweites Beispiel: die Rebounds. Zur Halbzeit fing L.A. mehr als doppelt so häufig einen Abpraller (30:13). Oder die Wurfquote: Vor dem bedeutungslosen vierten Viertel trafen die Lakers 46,2 Prozent der Dreier, die Celtics nur 20,0 Prozent.

Besonders demütigend muss es Boston vorgekommen sein, als Lakers-Backup Shannon Brown Mitte des dritten Viertels mit zwei spektakulären Dunks hintereinander das Staples Center zum Kochen brachte.

Perkins fällt wohl aus

Bei den Celtics leisteten nur wenige Widerstand. Ray Allen begann gut und traf endlich wieder von der Dreierlinie (2 von 5), nachdem er drei Spiele in Folge nur Backsteine warf (0 von 16), doch mit zunehmender Spieldauer verschwand auch er in der anonymen Masse.

Kevin Garnett (6 von 14 für 12 Punkte) sowie Paul Pierce (6 von 14 für 13 Punkte) waren ähnlich unbeständig, zudem unterliefen Pierce alleine 5 Turnover.

Der in der Defense ungemein wichtige Center Kendrick Perkins musste mit einer Knieverletzung bereits im ersten Viertel ausgewechselt werden und wurde schmerzlich vermisst. Ob er in Spiel 7 einsatzfähig ist, scheint fraglich, auch wenn er selbst sagt: "Ich werde alles geben, um wieder spielen zu können."

Rondo muss zum Freiwurf-Psychiater

Dass Spielmacher Rajon Rondo (10 Punkte) seine beiden Freiwürfe kläglich vergab, wodurch seine so schon unfassbar miese Freiwurfquote in der Lakers-Serie weiter in den Keller ging (jetzt bei 4 von 17), passte zum unglücklichen Auftritt der Celtics.

"Ich dachte eigentlich, dass wir anders auftreten würden. Aber wir sind wie eine Ansammlung von Einzelspielern aufgetreten, die sich nicht gegenseitig vertrauen. Jeder wollte nur sein Ding durchziehen", kritisierte Coach Doc Rivers.

Pleite von historischem Ausmaß

Mit 67 Punkten stellte Boston einen Klub-Negativrekord in den Finals auf, in der Geschichte der NBA waren nur die Utah Jazz schlechter, als sie 1998 gegen Chicago nur 54 Zähler zustande brachten.

Eine andere Statistik sollte den Celtics jedoch Mut machen, bevor in der Nacht auf Freitag der ultimative Showdown der beiden größten, erfolgreichsten und beliebtesten Basketball-Klubs auf dem Planeten ansteht.

In 4 von 12 Endspiel-Serien gegen die Lakers ging es in ein siebtes Spiel - und die Celtics entscheiden alle 4 Partien für sich.

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