Streit über Geldstrafen eskaliert

SID
Isabell Ost belegte nur Platz 18 in Klobenstein
© Getty

Ein seit Monaten schwelender Streit zwischen den deutschen Mehrkämpfern und dem Verband ist bei der Eisschnelllauf-EM in Klobenstein eskaliert. Auch die Frauen sorgten für Misstöne.

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Offener Streit bei den Männern, historische Pleite für die Frauen: Die deutschen Eisschnellläufer erlebten bei der Mehrkampf-EM in Klobenstein ihr blaues Wunder.

Für Robert Lehmann und Tobias Schneider lautete das EM-Motto: Auf dem Eis schwach, im Streit mit dem Verband aber stark. Das Duo legte sich mit Bundestrainer Markus Eicher an und warf dem Coach einen Vertrauensbruch vor, nachdem dieser die Einführung von verbandsinternen Geldstrafen ausgeplaudert und als "Diktator" für Irritationen gesorgt hatte.

"Stillschweigen in den Medien vereinbart"

"Wir haben eigentlich Stillschweigen in den Medien vereinbart, aber wenn sich der Trainer daran nicht hält, ist die Vereinbarung nichts mehr wert", sagte Schneider. Der Berliner enttäuschte bei der Mehrkampf-EM mit Rang 21 erneut, ließ im Streit mit Eicher aber nicht locker: "Das Wort Diktatur sollte man in keinem Fall verwenden, schon gar nicht, wenn man in solch einer Position wie der Bundestrainer ist. Ich bin gespannt, wie es weitergeht."

Auch Robert Lehmann war zunächst außer sich. "Das trägt dazu bei, dass die Stimmung nur schlechter wird." Der Erfurter sicherte mit Rang 14 immerhin noch ein Ticket für die WM im Februar in Calgary. Lehmann hatte vor seinem 1500-m-Lauf bei aller Hektik unnötigerweise sein Zeitmessegerät vergessen und lief am Ende nur auf Rang 21. Europameister wurde der Russe Iwan Skobrew vor dem Niederländer Jan Blokhuijsen.

Eicher war angesichts der anhaltenden Krise seiner Sorgenkinder aus der Abteilung Mehrkampf der Kragen geplatzt. Es habe nicht mehr so weitergehen können wie in den letzten Jahren unter Ex-Trainer Bart Schouten. "Wir haben in gewisser Weise die Diktatur in den Trainingsabläufen eingeführt", erklärte der Bundestrainer mit ungewöhnlich scharfem Vokabular.

"Irgendwann reagiert man dünnhäutig"

Nach einem ersten Krisengespräch folgte eine Annäherung. "Vielleicht war es ein Fehler, dass ich damit an die Öffentlichkeit gegangen bin", sagte Eicher. Allerdings müsse man bei ihm auch die Wut über die Lage verstehen. "Und wenn man immer auf die Missstände angesprochen wird, reagiert man irgendwann dünnhäutig", meinte der Coach.

Seitdem Frauen-Coach Eicher auch die Verantwortung für die Männer übertragen bekam, muss das "schwache Geschlecht" im deutschen Eisschnelllauf alle Trainingseinheiten dokumentieren. Ist das - wie bei Schneider - nicht der Fall, sind saftige Geldstrafen fällig. "Es war eine sehr empfindliche Strafe, die mich vor der Europameisterschaft getroffen hat", bestätigte der 29-Jährige.

Die Frauen der DESG erlebten in Klobenstein derweil einen historischen Tiefpunkt. Trotz achtbarer Leistungen der jungen Garde schaffte es keine Läuferin ins Finale der besten Zwölf - so etwas hatte es im deutschen Frauenlager bei Europameierschaften seit 1970 nicht mehr gegeben. Es siegte Olympiasiegerin Martina Sablikova (Tschechien), die ihren Titel vor den Niederländerinnen Ireen Wüst und Marrit Leenstra verteidigte.

"Wir haben unser Ziel nicht ganz erreicht. Wir wollten eine Läuferin ins Finale bringen und einen WM-Startplatz holen. Trotzdem haben sich Isabell Ost und Jennifer Bay gut geschlagen", sagte Eicher. Ost konnte als beste Deutsche der Einzelwertung immerhin noch einen Platz für die Weltmeisterschaften Mitte Februar in Calgary sichern.

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